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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht
Autoren: Stefan Holtkoetter
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unbekannten Dritten ins Spiel bringen?«
    »Ja, natürlich. Aber denen war selbst klar, wie wenig überzeugend das ist. Hat nicht lange gedauert, dann waren wir durch.« Er deutete mit dem Daumen zum Flur. »Sonst keiner da?«
    »Christian Möllers ist in der Kantine, der kommt gleich wieder. Alle anderen sind draußen. Oder machen frei.«
    »Gab’s sonst irgendwas Neues?«
    »Nein, nichts. Wir nehmen uns die Altfälle vor. Ansonsten lassen wir es ruhig angehen.«
    Hambrock nickte. Ein seltsames Gefühl, an einem gewöhnlichen Wochentag im Präsidium einfach so die Segel zu streichen.
    »Du kannst ruhig nach Hause gehen«, meinte Gratczek. »Hier brennt schon nichts an.«
    »Also gut. Ich bin ja auch nicht aus der Welt. Du kannst mich anrufen.«
    Er wandte sich bereits zum Gehen, als ihm noch etwas einfiel. »Ach, Guido. Sag mal, bei den Ermittlungen im Fall Marius Baar, hast du da zufällig die Freundin befragt? Nathalie Brüggenthies?«
    »Ja, hab ich. Wieso fragst du?«
    »Die lebte in einer WG, oder?«
    »Ja, hier in Münster. Mit einem anderen Studenten zusammen. Mikey … Soundso.«
    »Und wie sah dieser Mikey aus?«
    »Etwa eins achtzig, schlank, dunkelblondes Haar, modische Frisur, Brille. Wieso fragst du?«
    »Nur so. Ich hab den heute im Gericht gesehen. Hatte der irgendwas mit der Sache zu tun?«
    »Nein. Er kannte die Täter nicht und das Opfer nur flüchtig. Auch sonst war da nichts. Ich müsste noch mal in die Akte sehen, um was Genaues zu sagen.«
    »Nein, nicht nötig.«
    »Eine Sache war allerdings auffällig«, sagte Gratczek. »Der Typ war grün und blau, als ich ihn befragt habe. War wohl in eine Schlägerei geraten. Er hatte ordentlich was abbekommen. Über dem Auge war eine dicke Platzwunde.«
    »Eine Schlägerei? Was hatte es damit auf sich?«
    »Am Wochenende davor war Stadtfest gewesen. Er hatte sich mit ein paar Besoffenen angelegt. Es gab eine Anzeige, ich hab das überprüft. Nichts, was mit der Geschichte in Gertenbeck zusammenhing. Du weißt ja, wie’s auf dem Stadtfest zugehen kann.«
    Das Telefon klingelte, und Gratczek sah aufs Display.
    »Das ist privat«, sagte er. »Ist es okay, wenn ich …?«
    Hambrock nickte. »Ja, mach ruhig. Ich verschwinde. Wir sehen uns.«
    Er klopfte zum Abschied gegen den Türrahmen und trat auf den verwaisten Flur. Wenn ihm zu langweilig werden würde, dachte er, könnte er vielleicht die Verhandlung im Landgericht verfolgen. Bei den nächsten Verhandlungstagen könnte er als Zuschauer dabei sein.
    Im Pförtnerbüro hatte Irene Böhm bereits den Teller mit Windbeuteln bereitgestellt. Und frischen Kaffee gekocht. Hambrock saß eine Weile da und plauderte mit ihr. Doch sein Blick wanderte immer wieder durchs Fenster zur Dreifaltigkeitsschule, wo Fabio verbissen Körbe warf.
    »Jetzt geh schon rüber und frag ihn, was los ist«, sagte Irene Böhm irgendwann. »Ich merk dir doch an: Vorher hast du eh keine Ruhe.«
    Hambrock lächelte schief. Er leerte seine Kaffeetasse.
    »Vielleicht hast du recht. Trotzdem vielen Dank für die Windbeutel, Irene.«
    Er verabschiedete sich und trat vor die Tür. Draußen blies ihm der kalte Wind um die Nase. Er schloss seinen Mantel und überquerte den Parkplatz. Der Junge war so sehr in sein Spiel vertieft, dass er ihn gar nicht kommen sah.
    »Hallo, Fabio«, sagte Hambrock.
    Sein Gesicht hellte sich schlagartig auf, als er Hambrock sah. Doch dann setzte er eine betont gleichgültige Miene auf, wandte sich zum Korb und warf den nächsten Ball. Treffer.
    »Schön, dich zu sehen, Fabio. Man hat mir gesagt, du willst mich sprechen?«
    Er nahm den Ball unter den Arm und trat näher.
    »Ja, das stimmt. Ich möchte Ihnen was erzählen. Da läuft doch gerade dieser Prozess gegen die U-Bahn-Schläger.«
    »Na ja, hier im Münsterland gibt es keine U-Bahn. Aber im Fernsehen werden natürlich ständig Parallelen zu den Fällen in Berlin und München gezogen.«
    »Wie auch immer. Ich wollte nur sagen, ein Kumpel von mir sagt, er kennt einen, der diesen Lennard gekannt hat. Das war doch einer der Angeklagten, der Blonde. Na ja, ich dachte, das wäre interessant.«
    Hambrock konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Fabio hatte offensichtlich nach irgendeinem Anlass gesucht, der es ihm erlaubte, Hambrock zu besuchen. Es ging nicht um diese Geschichte, das war offensichtlich. Hambrock war gerührt, und gleichzeitig spürte er Mitleid mit dem Jungen.
    »Ich könnte mich mal erkundigen, was der über den weiß«, meinte Fabio.
    »Sag doch
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