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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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und drehte ihr Gesicht so, dass er
    ihr Profil sah, das Kinn hängend und sexy. Ihre Oberlippe
    sah fast ein bisschen wie ein Greifschwanz aus. Wenigstens
    war ihre Art zu reden lockerer geworden.
    «Bei langweiligen Konservativen fällt mir ein: der arme
    Ford. Vietnam ist so gut wie vorbei», sagte Owen. Er wuss-
    te nicht recht, wie er diese neue, subtil radikalisierte Trish
    stimulieren konnte.
    Sie überging sein Angebot. «Owen», sagte sie und stach
    ihm mit dem Zeigefinger heftig in die Brust. «Du musst
    un
    in
    bed gt

    den Film S
    p
    ham oo sehen, mit Warren Beatty.
    Dwight und ich waren begeistert. Er ist unglaublich! »
    Das ähnelte mehr der alten, steifen, stockenden und
    stolpernden Trish. Und doch gingen von ihr der natürliche
    Duft, die unbekümmerte Lebhaftigkeit, das Gefühl einer
    geschickt wiederhergestellten Verbindung aus – wie von
    einer Frau, mit der man geschlafen hat. Hatte er im Traum
    mit ihr geschlafen? Waren seine Phantasien von einem
    nackten Dreier irgendwie, durch das Aderngeflecht der
    Stadt, zu ihr gelangt? Sie sprudelte in ihrem Püppchenauf-
    zug schier über vor Begeisterung über sich selbst und war
    nahe dran, mit blitzenden Augen, ihn zu necken, wie die
    Mädchen auf dem Weg zur Grundschule. Er musste einen
    Rückzieher machen und überlegen, wie er diesen neuen

    340
    Faktor in die sein Leben kompliziert machenden sexuel-
    len Gleichungen einbeziehen wollte. Hatte Vanessa, als sie
    das Scheitern seiner schwachen Annäherungsversuche be-
    merkte, dieses ausgelassene Füllen verführt, und warteten
    jetzt beide in glühender Nacktheit, doch züchtig aufrecht,
    wie die Schwestern Poitier in Clouets Doppelporträt, dass
    er sie aufspürte? In Kleinstädten gab es verschwiegene
    Ecken, Vorratskeller, Dachböden, wo Matratzen mit ge-
    streiftem Überzug still darauf warten, dass die Orgie be-
    gann.
    Der Lärm der wohltätigen Menge wurde lauter, je mehr
    billigen Sekt sie genoss, unter dem drei Meter hohen phal-
    lischen Bild, das seit Monaten an der Fassade des Kran-
    kenhauses zu sehen war und ein Thermometer darstellte,
    auf dem das Rot der zugesagten Spenden zu guter Letzt
    ganz oben angekommen war. Owen erblickte das traurige
    Gesicht von Imogene Bisbee mit ihrer Emily-Dickinson-
    Frisur; sehnsüchtig suchte sie die Menge nach jemandem
    ab, der ihrem Leben mit Romantik neuen Schwung gab.
    Sie würde warten müssen, sagte er sich, in seinem Leben
    war kein Platz mehr, denn offensichtlich hatte er Trish im-
    mer noch an der Angel. Er ließ seinen Blick über all die
    fahlgelben, vom Bad in der kühlen Frühlingssonne erreg-
    ten Spendergesichter gleiten und hoffte, dass er Karen
    Jazinski nicht entdecken würde. Ed, ein gewichtiger Spon-
    sor von Geld der Firma, hätte sie als E-O-Mitarbeiterin
    mitbringen können, und wenn empfindliche spionierende
    Augen Owen und Karen zusammen sähen, würden sie die
    m
    ische
    agnet
    Strömung, die verräterische Elektrizität zwi-
    schen ihren Körpern bemerken.
    Doch er sah sie nicht. Stattdessen kam Ian Morissey auf
    ihn zu; sein Ziegenbart war weißer geworden, das Haar auf

    341
    seinem Kopf länger, was zu seiner kürzlich getroffenen
    Entscheidung passte, nämlich «Kunstmaler» an der Staffe-
    lei zu werden und die Arbeit als Illustrator für Zeitschriften
    auf seine Freizeit zu beschränken – nur noch die wirklich
    aufregenden Aufträge, prahlte er, von alten Kumpeln in der
    Branche. Er verkündete: «Alissa musste zu Hause bleiben,
    bei Nina, sie fiebert, über achtunddreißig, und hat sich die
    halbe Nacht übergeben.»
    «Wie alt ist si je
    e t t?», fragt
    z
    e Owen h flich
    ö
    .
    «Fünf. Himmel, da fühlt man sich selber uralt.»
    Owen sagte in ironischem Ton: «Du hättest sie u
    r hig
    herbringen sollen, in die Ambulanz.»
    Ian verstand keine Ironie, es sei denn, es war seine eige-
    ne. «Nee, im Grunde genommen hat sie eine Pferdenatur.
    Gebaut wie ein kleines Backsteinscheißhaus. Meinem Va-
    ter wie aus dem Gesicht geschnitten, wie man jetzt sieht.
    Er war Steinmetz, dafür muss ich mich nicht schämen.»
    Schaler Sektgeruch lag in seinem Atem, explodierte in
    Bläschen.
    Owen spürte einen Stich, als er sich Alissa und das kleine
    Mädchen und diesen rülpsenden Wichtigtuer zusammen
    vorstellte, eine heilige Dreieinigkeit, wie seine Eltern und
    er auf den o
    S nntagsspaziergängen in Willow. «Na, hoffent-
    lich geht’s ihr bald besser», sagte er zu Ian.
    «Bestimmt. Wie ich sagte, zäh wie ein Pferd. Meine

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