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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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abzuschließen,
wurde ihr bewußt, daß sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wo sie in dieser
Gegend ein Waschcenter finden würde. Das stählerne Rolltor der Gießerei war
offen. Drinnen machten die beiden vierschrötigen Bildhauer eine mannsgroße
Gipsform zum Gießen bereit. Jody überlegte, die beiden nach dem Weg zu fragen,
hielt es dann aber doch für ratsamer, abzuwarten und sie kennenzulernen, wenn
Tommy bei ihr war. Das Innere der Gießerei war glühendrot von der Hitze der
geschmolzenen Bronze im Schmelztiegel, so daß es für Jodys wärmeempfindliche
Sicht wie die Werkstatt der Hölle anmutete.
    Jody stand einen Moment da und
beobachtete die Hitzewellen, die über der Tür hervorquollen und sich dann in
wirbelnden Paisleymustern am Nachthimmel auflösten wie sterbende Geister. Sie
wünschte von ganzem Herzen, sie könnte sich zu jemandem umdrehen und dieses
Erlebnis teilen, aber natürlich war da niemand. Und wenn da jemand gewesen
wäre, dann hätte er nicht sehen können, was Jody sah.
    Unter den Blinden kann der
Einäugige ziemlich einsam sein, ging es ihr durch den Kopf.
    Sie seufzte tief und machte sich
in Richtung Market Street auf, als sie das laute Stakkato-Klacken von
Zehennägeln hinter sich hörte. Sie ließ die Wäsche fallen und wirbelte herum.
Ein Boston Terrier knurrte und nieste sie an, dann wich er einige Schritte
zurück und bekam einen Kläffanfall, der an Hunde-Apoplexie grenzte. Seine
Glupschaugen drohten ihm aus dem Schädel zu fallen.
    »Bummer, hör auf damit!« rief eine
Stimme von der Ecke.
    Jody schaute hoch und sah einen
weißhaarigen alten Mann auf sich zukommen. Er trug einen Topf auf dem Kopf und
hielt ein spitzes Holzschwert in der Hand. Ein Golden Retriever trottete neben
ihm her - auch er trug einen Topf auf dem Kopf, und um seinen Leib waren zwei
Mülltonnendeckel geschnallt, je einer auf einer Seite. Er sah aus wie ein
kompaktes, pelziges Wikingerschiff.
    »Bummer, komm her!«
    Der kleine Hund wich noch ein paar
Schritte zurück, dann drehte er sich um und lief zu dem Mann. Jody bemerkte,
daß der kleine Hund eine Tortenbodenform über seinen Ohren trug, die von einem
Gummiband gehalten wurde.
    Der alte Mann hob den Terrier mit
seiner freien Hand hoch und trat zu Jody. »Es tut mir leid«, sagte er. »Die
Soldaten sind für die Schlacht gegürtet, doch ich fürchte, manchmal sind sie
ein wenig übereifrig in ihrem Tatendrang. Ist Ihnen was passiert?«
    Jody lächelte. »Mir geht es gut.
Ich bin nur etwas erschrocken.«
    Der alte Mann verbeugte sich.
»Erlauben Sie mir, mich vorzustellen ...«
    »Sie sind der Kaiser, nicht wahr?«
Jody lebte seit fünf Jahren in der Stadt. Sie hatte vom Kaiser gehört, aber bis
jetzt hatte sie ihn immer nur aus der Ferne gesehen.
    »Zu Ihren Diensten«, sagte der
Kaiser. Der Terrier knurrte argwöhnisch, und der Kaiser stopfte den kleinen
Hund kopfüber in die übergroße Tasche seines Mantels, dann knöpfte er sie zu.
Gedämpftes Knurren drang aus der Tasche.
    »Ich muß mich für meinen kleinen
Kameraden entschuldigen. Es mangelt ihm nicht an Mut, aber manchmal an
Manieren. Das hier ist Lazarus.«
    Jody nickte dem Retriever zu, der
ein kehliges Knurren ausstieß und einen Schritt zurückwich, wobei seine Mülltonnendeckel
auf dem Bürgersteig schepperten.
    »Hallo. Ich bin Jody. Freut mich,
Sie kennenzulernen...«
    »Ich hoffe, Sie werden mir meine
Vermessenheit verzeihen«, sagte der Kaiser, »aber ich denke nicht, daß es für
eine junge Frau sicher ist, nachts allein auf der Straße zu sein. Besonders in
dieser Gegend.«
    »Warum gerade in dieser Gegend?«
    Der Kaiser trat dichter an sie
heran und flüsterte. »Es dürfte Ihnen zweifellos aufgefallen sein, daß die
Mannen und ich für die Schlacht gerüstet sind. Wir jagen einen gemeinen,
mordenden Unhold, der in der Stadt sein Unwesen treibt. Ich möchte Ihnen keine
unnötige Angst machen, aber das letzte Mal haben wir ihn in ebendieser Straße
gesehen. Um genau zu sein, hat er vor nicht einmal zwei Nächten einen Freund
von mir direkt dort auf der gegenüberliegenden Straßenseite getötet..«
    »Sie haben ihn gesehen?« fragte
Jody. »Haben Sie die Polizei gerufen?«
    »Die Polizei ist in diesem Fall keine
Hilfe«, erklärte der Kaiser. »Wir haben es hier nicht mit einem der üblichen
Wald-und-Wiesen-Schurken zu tun, an die wir in dieser Stadt gewöhnt sind. Er
ist ein Vampir.« Der Kaiser hob sein Holzschwert und prüfte die Spitze mit
seinem Finger.
    Jody war entsetzt. Sie rang

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