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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Halten. Hämmernde Kopfschmerzen lähmten mich. Kaum vermochte ich ein Auge zu öffnen. Direkt vor mir sprang in tosenden Kaskaden ein Strom kristallklaren Wassers herab und verschwand dann strudelnd unter dem Eis. Liam … Wo bist du?
    Ich hatte den eigenartigen Eindruck, mich von meinem Körper zu lösen. Die Schmerzen waren verschwunden, und eine tiefe Ruhe kam über mich. Ich spürte wieder Kälte noch Angst mehr. Die dicken Schaumblasen auf dem Wasser färbten sich jetzt rot. War das mein Blut? Ein schwaches Stöhnen stieg aus meiner Kehle auf. Deine Stunde ist gekommen, Caitlin … Ich würde meinen Sohn wiederfinden. Bei dem Gedanken lächelte ich selig. Doch dann wandelte sich dieses zufriedene Gefühl in Bestürzung. Duncan … Liam … Ich wollte sie wiedersehen … Herrgott, nein! Bei diesem letzten Gedanken wurde es finster um mich.

23
Das Gelöbnis
    Ein Rabe krächzte schauerlich, und Duncan verzog das Gesicht. Seit jeher empfand der junge Mann eine Abneigung gegen diesen düsteren Vogel, der als Unglücksbote galt. Der Vogel verstummte. Erleichtert kehrte Duncan zu seiner vorherigen Beschäftigung zurück und verfolgte mit den Fingern den Weg einer feinen blauen Ader, die unter der durchscheinenden Haut an Marions Hals verlief. Die junge Frau lag neben ihm und regte sich im Schlaf.
    Was für ein Glück für einen Mann, neben einer Frau zu erwachen, nachdem er viele Wochen lang seine Nächte mit ungefähr einhundert weiteren Soldaten geteilt hatte!
    Marion war hier, in seinem Haus, in seinem Bett. Eine Campbell aus Glenlyon im Tal von Glencoe. Ich muss wohl träumen, dachte er lächelnd. Noch wusste niemand, dass sich die beiden im Tal aufhielten, doch es würde nicht lange dauern, bis alle davon erfuhren. Ihm war klar, dass sie beide Mut und Geduld brauchen würden. Marion würde zunächst nicht willkommen sein. Doch die Mitglieder des Clans würden sich damit abfinden müssen, denn sie würde bleiben, ganz gleich, was sie darüber dachten oder redeten.
    Jetzt konnte er es sich erlauben, sie ohne Zurückhaltung zu betrachten. In das weiche Bett geschmiegt und in ihren Träumen verloren, bot sie ihm ein reizendes Gesicht dar: kirschrote Lippen, eine Pfirsichhaut und eine mit Sommersprossen übersäte Nase. Sie ähnelte einer reifen Frucht, die süß und saftig darauf wartet, dass jemand mit Genuss hineinbeisst. Er hätte sich in alle Ewigkeit daran ergötzen können.
    Es war, als hätten die Highlands in Marion weibliche Gestalt
angenommen. Sie war eine Wildkatze, die es zu zähmen galt. Ihr sprunghaftes Temperament war wie der Himmel über Schottland; manchmal dunkel und unergründlich, dann wieder stürmisch und wild. Er liebte es, ihrem Lachen zu lauschen, das so erfrischend war wie eine Quelle, die aus dem Boden entsprang und über die Hügel schäumte. Und ihre Augen… In ihren Augen fand er den strahlenden Himmel eines wolkenlosen Sommertages wieder. Ihr Körper… Er erkundete ihn, wie er die Landschaft der Highlands durchwanderte: Berge und wunderschöne, steile Täler. Ein Land, das er liebte und nun bestellen wollte, auf dass daraus ein neues Glück geboren werde.
    Oh, süße Mòrag… meine heiße, brennende Sonne. Der Mittelpunkt meines Universums . Diese Frau war wie ein Gedicht. Er drückte einen Kuss auf ihre feuerrote Mähne, die sich über das Kopfkissen ergoss wie schimmernde Lichtstrahlen, und sog ihren Duft ein. Streng und weich, süß und herb zugleich, sanft, aber eindringlich, mit einem Wort berauschend. Er schloss die Augen, um ihn mit allen feinen Nuancen wahrzunehmen, die in ihm ganz neue, seltsame Empfindungen auslösten.
    Unter den Laken waren ihre eng umschlungenen Körper in eine angenehme Wärme getaucht; zwei befriedigte Körper, die sich aneinanderschmiegten, nachdem sie sich dem Rausch der Leidenschaft hingegeben hatten. Mit wachsender Freude entdeckte Duncan, dass diese Frau nicht von der Prüderie gehemmt war, die ihn an den anderen, die zuvor sein Lager geteilt hatten, so gestört hatte. Die junge Frau schien von einem unstillbaren Drang zu geben und zu empfangen beseelt, so dass er sich schon fragte, ob er ihr immer gewachsen sein würde. Sie erfüllte ihn vollständig.
    Sie drehte sich um und murmelte etwas. Welche Bilder wohl hinter ihren geschlossenen Lidern vorbeizogen? Sie befeuchtete ihre Lippen und verzog sie dann zu einem schönen Lächeln. Wovon träumte sie? In seinen eigenen Nächten verfolgten ihn die entsetzlichen Erlebnisse auf jener höllischen

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