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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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sich die letzten Meter nach vorne. Wollte der Typ unbedingt eins auf die Fresse haben, dann sollte er es auch bekommen.
    In seinem Inneren gärte es regelrecht: Paolas undankbare Reaktion, Viktors aufmüpfige Art, die Schwierigkeiten mit dem Tor und dem Tresorraum, die sie noch immer nicht gelöst hatten.
    Er rammte Viktor mit voller Kraft die Faust in den Brustkorb.
    Der Typ taumelte nach hinten. Knallte gegens Sofa.
    Jorge: über ihm.
    Verpasste der Hure eine Ohrfeige nach der anderen.
    Viktor versuchte mit fuchtelnden Bewegungen, Jorge abzuwehren. Wedelte mit den Armen wie ’ne Braut. Versuchte sich aufzurichten.
    Jorges Schläge: trafen den Idioten gezielt mit zweitklassigen Swings.
    Dann war plötzlich Schluss. Javier und Mahmud hielten ihn zurück. Umschlossen seine Taille und seine Arme.
    Viktors Wangen waren so rot wie das Sommerhaus von Jimmys Mutter – der Typ schimpfte wie ein Rohrspatz. Dann kehrte er ihnen den Rücken.
    Rannte aus dem Haus.
     
    Zehn Minuten später. Jorge hatte sich wieder beruhigt. Saß mit Mahmud und Tom in der Küche. In einer Ecke: ein alter Ofen – bestimmt hundert Jahre alt. Aus schwarzem Gusseisen, mit Initialen auf der Vorderseite und ’ner Menge Verzierungen am Handgriff. Jorge konnte nicht begreifen, wieso man so ein Teil aufhob.
    Die anderen saßen noch draußen im Wohnzimmer.
    Tom sprach leise: »Jorge, ich glaub, Viktor hat richtig Schiss gekriegt.«
    »Warum zum Teufel hast du ihn überhaupt in die Gruppe geholt?«
    »Ich nehme alle Schuld auf mich. Aber ganz ehrlich, er hat totalen Schiss.«
    »Davor, dass wir seine Wagen abfackeln?«
    »Nein, weißt du denn nicht, wer Viktor ist?«
    »Doch, ’ne absolute Fotze.«
    Tom trommelte mit seinen Fingern auf die Tischplatte.
    Jorge fragte: »Was ist denn?«
    Tom hörte auf zu trommeln. Wartete ein paar Sekunden. »Viktor ist mit der Tochter von Radovan Kranjic zusammen.«
    Jorge starrte ihn an.
    Tom erklärte: »Der Typ hat ziemlich heftige finanzielle Probleme. Der Junge hat Angst, dass unsere Operation total den Bach runtergeht. Aber noch mehr Angst hat er um sein Leben, denn er ist in einer Familie gelandet, die wirklich gefährlich ist.«

17
    Selbst in der Anstalt hielt der Frühling mit großen Schritten Einzug. In den Zellen wurde es heller, Vogelgezwitscher drang von den Mauern herein, ein warmes Lüftchen wehte im Pausenhof. Man merkt es den Insassen jedes Mal an, sagte Esmeralda. Sie haben morgens bessere Laune, sind aktiver und machen mehr Witze über Bräute. Eine Art Aufwärmprozess fürs Match.
    Dennoch ging die Stimmung gen null. Esmeralda zufolge waren zu wenig Fans auf der Tribüne und ’ne miese Stimmung in der Mannschaft.
    Ein schwelender Konflikt in der Anstalt, der jederzeit in einen ausgemachten Krieg ausbrechen konnte. Erneut. Die Schlägerei in JW ’s Zelle: Das Rohr war von Omar plus Kumpel verprügelt worden. Narren-Tim hatte vom Präsidenten ebenfalls ordentlich Dresche einstecken müssen. Und JW hatte so viele Hiebe mit dem Stuhlbein kassiert, dass ihm ein Zahn erneuert werden musste, seine Augenbraue mit zwei Stichen sowie sein Oberschenkel mit acht genäht und er vier Tage lang von der Krankenschwester verpflastert werden musste.
    Hägerström war zufrieden mit seinem Plan. Torsfjäll war noch zufriedener. Er hatte in der Weise an den Fäden gezogen, dass das Rohr und Narren-Tim die Anstalt wechseln mussten. Das gehörte dazu. Wenn ernsthafte Konfliktsituationen auftraten, splittete man die Raufbolde auf. Irgendwer musste gehen, ein weiterer kam möglicherweise für ein paar Wochen in Isolationshaft. Oder man bestrafte sie auf eine andere Art und Weise. Stellte ihren Ausgang – das Luftloch – ein, oder die schlimmste Strafe überhaupt: Man ließ sie nicht früher gehen. Sie wurden nicht nach zwei Dritteln der Zeit vorzeitig aus der Haft entlassen. Für JW würde das bis zu zwei weitere Jahre hinter Gittern bedeuten.
    Aber das Entscheidende war, dass Omar Abdi Husseini bleiben würde; er musste weder die Anstalt noch die Abteilung wechseln. Und JW würde ebenfalls bleiben. Zwei Streithähne auf demselben Hühnerhof.
    Mit anderen Worten, JW würde mit seinem neuen Erzfeind allein zurückbleiben. Er würde ziemlich Schiss bekommen. Er würde Angst haben. Außerdem vermisste er mit Sicherheit seine Unterlagen und sein Handy.
    Ab jetzt gab es etwas, das er von Hägerström bekommen wollte.
     
    Die Tage vergingen. Hägerström arbeitete wie ein Verrückter, nahm jeden Dienst an, den er

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