Last days on Earth: Thriller (German Edition)
soll.«
Raoul blinzelte mehrmals. »Du bist irre«, sagte er mit einem kurzen Lachen. »Quass hat beinahe der Schlag getroffen. Er hat alle rausgeschmissen, kaum dass ihr beide zur Tür hinaus wart. Und dann hat er sich mit mir betrunken.« Er befühlte seinen Nacken. »Ich bin das nicht gewöhnt. So etwas erledigt sonst Brad für mich.«
Karlas Versuch, sich einen betrunkenen Drachen vorzustellen, scheiterte kläglich. Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann ganz gut auf mich aufpassen, Raoul. Du müsstest mich doch inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, dass ich ein kalkuliertes Risiko eingegangen bin.«
Er schnaubte. »Du bist was ? Karla, du hast keine Ahnung. Drachen sind vollkommen unkalkulierbar. Du darfst nicht von Quass auf andere Mitglieder seiner Spezies schließen. Er gilt als verschroben und nicht ganz normal, und er wäre wahrscheinlich schon längst Drachenfutter, wenn er nicht den Vorsitz des Dragons Clubs innehätte.«
»Wie hat er den Posten überhaupt bekommen?«
Raoul lachte. »Er hat den Club vor ein paar Jahrhunderten gegründet und sich seitdem nicht aus dem Sattel werfen lassen.« Er beugte sich vor und griff nach Karlas Hand. »Mach so was nie wieder«, bat er eindringlich. »Wir haben uns in die Hosen gemacht vor Angst. Quass lässt dir übrigens seinen Dank aussprechen. Er sagt, er stünde tief in deiner Schuld.«
Karla winkte ab und stand auf, um sich noch ein Brot zu schmieren.
»Was hast du bei deiner Selbstmordmission herausgefunden?«
Karla berichtete, was Norxis von Felsenstein ihr an Informationen zu geben geruht hatte. Es war nicht viel. Sie sah Raoul an: »Wir stecken fest, oder was meinst du?«
Raoul lehnte sich zurück und musterte sie mit düsterem Blick. »Ich habe von Quass etwas Interessantes erfahren«, sagte er. »Er war schon ziemlich hinüber, sonst hätte er es mir sicher nicht erzählt … Dieses Gerät in seinem Arbeitszimmer …«
»Der angebliche Memplex-Generator«, ergänzte Karla. »Was ist damit?«
»Sie besitzen alle so ein Ding.«
Karla verschluckte sich an ihrem Kaffee. »Jeder – das heißt, jeder Drache?«, fragte sie schließlich erstickt.
Raoul nickte. »Das behauptet Quass. Er war betrunken, aber er machte den Eindruck, genau zu wissen, wovon er spricht.«
Karla rieb sich fest über die Schläfen. »Warum? Wozu benutzen sie dieses fragwürdige Gerät? Warte mal …« Sie nahm die Quittung, die an einem Stück Käse klebte, und begann sich Notizen auf der Rückseite zu machen. »Wie viele Drachen waren gestern da?«
»Genau 98«, erwiderte Raoul. »99 mit Quass.« Er erwiderte ihren erstaunten Blick mit milder Belustigung. »Brad. Er hat einen Zählzwang.«
»Das passt«, murmelte Karla. »Also 99 Memplex-Generatoren, die über den gesamten Kontinent verteilt sind.« Sie kritzelte ein paar Zahlen und Formeln auf das Zettelchen. »Weltweit?«
Raoul schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Wieso gehst du davon aus, dass die Drachen der anderen Länder auch …«
»Weil es nur logisch ist«, unterbrach ihn Karla. »Sie begreifen sich als Spezies völlig anders als wir. Bei allem zur Schau getragenen Individualismus – wenn alle europäischen Drachen so ein Teil besitzen, dann halte ich jede Wette, dass das auch für die restliche Dragonity gilt.«
»Und das heißt?«
Karla knüllte die vollgekritzelte Quittung zusammen und warf das Papierbällchen in die Spüle. »Keine Ahnung. Solange ich weder weiß, was dieser komische Generator wirklich produziert, noch, was ein Drache mit dem, was dabei herauskommt, anfängt …« Sie unterbrach sich mit einem Stöhnen.
»Was?«
»Ich habe gerade eine Eingebung.« Karla beugte sich vor und fixierte Raouls Gesicht. »Essentia.«
»Was ist damit?«
»Lebenskraft. Vampire benötigen sie, um ihre Form des Lebens aufrechtzuerhalten. Jedes lebende Wesen auf der Welt produziert Essentia in mehr oder weniger großer Menge. Manche Lebewesen produzieren sogar mehr, als sie selbst benötigen.« Sie blickte auf, sah Raoul an. »Ich bin so ein Wesen, ich bin eine Generartrix. Mein Überschuss dient dazu, Mitglieder meiner Gens zu speisen.«
Raoul nickte.
»Ich bin nicht sicher, ob ich damit richtigliege«, fuhr Karla fort, »aber die letzte Nacht hat meinen Blick auf Essentia ein wenig verändert. Die Drachen tauschen ihre Lebenskraft miteinander, während sie sich in einer Sphäre befinden, von der ich vermute, dass es der Æther ist.«
Raoul verzog das Gesicht. »Dieser Austausch ist was? Ihre Form
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