Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
brechen. Sie wurde offener.
«Der Rosenkranz ist ein Geschenk von Professor Konrad. Dummerweise hab ich ihn kürzlich verloren und einfach nicht wiedergefunden. Ich hab alles im Haus immer wieder abgesucht, das können Sie mir glauben. In den entlegensten Ecken hab ich gesucht! Weil mir der Rosenkranz so wertvoll war, als Geschenk von Erich.» «Und woher stammt dann dieses Exemplar?»
«Ich hab einen Sammler gebeten, den ich gut kenne, daß er mir wenigstens einen ähnlichen vorerst leiht. Und das hat er gottlob gemacht.»
«War das vielleicht unser Herr Hüttenberger?» Melitta war überrascht. «Wie kommen Sie darauf?» «Herr Hüttenberger ist unter uns Theologen als Sammler von Rosenkränzen bekannt.»
Mit dieser Antwort gab sie sich zufrieden. Laubmann schlürfte seinen Tee – dieses Mal einen erfrischenden Pfefferminztee, den er auch sehr mochte.
«Ich glaube, Erich sieht es gern, wenn ich diesen Rosenkranz benutze», ergänzte Melitta Steinig sentimental. «Und wenn ich sein Geschenk nicht bald wiederfinde, muß ich's ihm wohl ‹ beichten›.»
«Vielleicht wurde er gestohlen?» meinte Laubmann, angesichts des materiellen Werts.
«Nein, in solchen Kreisen verkehr ich nicht», beharrte sie. «Frau Steinig, eigentlich bin ich noch mal wegen des gewaltsamen Todes von Frau Ruhland zu Ihnen gekommen. Sie wissen, daß ich da mit der Polizei zusammenarbeite. In dem Zusammenhang muß ich Ihnen mitteilen, daß Herr Hüttenberger zu den Verdächtigen zählt.»
«Das kann ich mir nicht vorstellen. Er ist ein so guter Mensch! Eine Seele von einem Menschen…»
Laubmann insistierte in aller Ruhe: «Wie nahe stehen Sie ihm denn? Herr Hüttenberger hat Sie als ‹gute Freundin› bezeichnet.»
Auf diese Bemerkung reagierte Melitta Steinig geradezu empört. «Das stimmt nicht!» Nach einer kurzen Pause erklärte sie: «Wir ergänzen uns nur sehr in unserer religiösen Einstellung.»
Philipp gab noch zwei Stückchen Süßstoff in seinen Tee. «Er gibt Sie als Zeugin für sein Alibi an, für die Nacht, in der Frau Ruhland gestorben ist.»
Nun regte sich Melitta Steinig doch vernehmlich auf. «Wie um alles in der Welt kommt er auf so was? Ich war mit ihm überhaupt nicht zusammen!» Sie zog sich das Kleid zurecht.
Laubmann fuhr ungerührt fort. «Herr Hüttenberger ist möglicherweise in erheblichen Schwierigkeiten. Da müssen Sie bitte – gerade in christlicher Verbundenheit – die reine Wahrheit sagen.»
Sie kämpfte mit sich. «Ich kann's Ihnen ja gestehn – ich war damals in seiner Nähe …»
«Wo ist das gewesen?»
«In St. Veit.»
«Zu einer Sühnenacht?»
Bei aller Aufgeregtheit blieb sie vertraulich. «Herr Dr. Laubmann, davon darf Professor Konrad absolut nichts erfahren! Er würde das nicht einsehen wollen, daß ich manchmal daran teilnehme. Sein Ansehen in der Fakultät. Er ist dafür auch viel zu… ‹ modernistisch›, wie das Herr Hüttenberger ausdrückt. Ich weiß nicht … die Sündenlast auf unserer Welt nimmt doch beständig zu, wo immer ich hinseh. Dafür muß gesühnt werden!»
«Ich sag ihm nichts – aber vielleicht weiß er's sogar schon.» «Um Gottes willen! Meinen Sie wirklich?»
Philipp Laubmann wußte es natürlich, wollte jedoch mehr aus ihr herauslocken. «Ich halt's nicht für unmöglich.» Das war die Angelegenheit der beiden. «Ich glaube allerdings, daß die Polizei Ihre Aussage über die Nacht brauchen wird. Können Sie sich diese Nacht noch mal vergegenwärtigen? Wann zum Beispiel haben Sie das Haus verlassen?» Sie konzentrierte sich. «Als Erich gegangen war. So gegen acht war das.» «Und wann sind Sie zurückgekommen?»
Darüber dachte sie eine Weile nach. «Das muß irgendwann nach elf gewesen sein. – Genau kann ich's aber nicht sagen», fügte sie ausdruckslos hinzu.
«Sie waren aber vor Professor Konrad hier?»
«Jaja, auf jeden Fall, der Professor ist erst nach Mitternacht gekommen. Das hab ich noch gehört, ich hab schon fast geschlafen.»
«Sie wissen nicht, ob sich in der Zeit, in der Sie weg waren, Professor Konrad oder jemand anders im oder am Haus aufgehalten hat?»
«Davon weiß ich nichts. Das halt ich für ausgeschlossen. Wer sollte denn außer Erich ins Haus kommen? Nein, bestimmt nicht, da war niemand im Haus in der Zeit. Das könnte vielleicht nur jemand denken, der das Licht von außen sieht. Das lassen wir immer brennen, damit das Haus nicht so verlassen und unbewacht wirkt.»
«Bei unserem letzten Gespräch haben Sie sich das aber nicht
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