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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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beiden Fenstervorhänge, schwer und dunkelweinrot wie die im Konferenzsaal, waren zwar nicht zugezogen, machten aber den Eindruck, als wären sie vor kurzem angefaßt worden.
    Friedemann Böhmer reagierte als erster von ihnen und hastete auf den am Boden Liegenden zu. Er kniete vor ihm nieder und beugte sich über ihn, um den Puls zu fühlen und zu kontrollieren, ob er noch atmete. Dann richtete Böhmer sich auf und machte eine verneinende Geste mit dem Kopf.
    Hans Merten befand sich außen auf dem Gang, denn ihm war schlecht geworden. Er strich sich über seine rötlichen Haare. «Wir müssen einen Arzt rufen.»
    «Nicht mehr für den Kollegen Forster, fürchte ich.» Prälat Glöcklein versuchte der Irritation Herr zu werden: Wie sollte er das bloß dem Bischof beibringen? «Viel eher muß die Polizei angefordert werden.»
    «Bitte nichts berühren!» ordnete Philipp Laubmann an, «vor allem nicht den Messingständer neben der Leiche. Wir sollten davon ausgehen, daß Alfonso Forster damit erschlagen wurde.»
    «Das kann doch nicht sein!» Gisela Merten war wie gelähmt.
    «Es sieht aber ganz danach aus.» Philipp erschrak fast über sich selbst, daß er so sachlich bleiben konnte.
    Petrus von Bebenhausen hatte indes seine Fassungslosigkeit überwunden, trat ruhig vor und nahm den Platz Friedemann Böhmers neben der Leiche ein. Er kniete ebenfalls nieder, sprach nach einem Moment der Konzentration ein Gebet für den Toten und segnete ihn. Damit gab er Alfonso Forster ein wenig Würde zurück. Am Ende hatte dieser nun doch eines Priesters und nicht eines Arztes bedurft.

M O N T A G · 1 6 . J A N U A R
    Der Fahrweg von der Stadt zur Babenburg war im oberen Abschnitt eng und steil. Die Straße führte in einigen Kehren hinauf, die seitlich kaum gesichert waren. An den Stellen, die durch Bäume geschützt wurden, lag der Schnee noch nicht so hoch. Wo der Wind aber frei über die Straße hinwegfegen konnte, hatten sich gefährliche Schneeverwehungen gebildet. In solchen Passagen war keine Straßenbegrenzung mehr zu erkennen. Der gesamte Troß der Kriminalpolizei hatte nur mit Hilfe eines eilig herbeigerufenen städtischen Räum- und Streufahrzeugs zur Burg gelangen können, das zur polizeilichen Verfügung bleiben mußte, weil die Straße durch den Sturm immer wieder eingeschneit wurde.
    Zunächst hatte sich freilich, nach dem Anruf Albert Glöckleins bei der Einsatzzentrale, ein Streifenwagen über die noch ungeräumte Straße zur Babenburg durchkämpfen müssen. Und den ersten beiden Kriminalbeamten vor Ort, Kriminalhauptkommissar Dietmar Glaser, 47, und Kriminalkommissar Ernst Lürmann, 32, war es nicht besser ergangen. Sie hatten Bereitschaftsdienst gehabt und waren über die Einsatzzentrale benachrichtigt worden.
    Als seien sie alte Bekannte, so hatten sie sich wiedergetroffen, die Kriminalbeamten und Dr. Philipp Laubmann; alte Bekannte jedoch, denen man im Alltag aus dem Weg zu gehen pflegt, weil man immerzu auf unwillkommene Begleitumstände gefaßt sein mußte. Der Todesfall im Umfeld der Theologischen Fakultät, bei dem sie sich vor nicht allzulanger Zeit begegnet waren, war nicht gerade der Beginn einer wunderbaren Freundschaft gewesen.
    Um ehrlich zu sein, Glaser hatte im Geiste die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und hätte, wäre er tiefreligiös gewesen, ein Stoßgebet gen Himmel gesandt, als er von Philipp Laubmann in unmittelbarer Umgebung des Tatorts empfangen worden war. Der Doktor der Theologie war nämlich voller Tatendrang. Und als Glaser danach den ihm nur allzu vertrauten Prälaten Glöcklein, der vor Wichtigkeit glühte, auf sich hatte zukommen sehen, hatte er sich gewünscht, er würde die Aufklärung des Mordfalls nicht übernehmen müssen. Immer diese kriminalistischen Amateure, die alles besser wußten und einem nur vor den Füßen herumliefen. Überhaupt war das wissenschaftliche Milieu seine Sache nicht.
    Sein Kollege Ernst Lürmann hingegen fühlte sich in der universitären Atmosphäre nicht unwohl. Denn er besaß ein Faible fürs Genaue. Und das vermochte er in der exakten Polizeiarbeit, wie er sie betrieb, zu verwirklichen. Im Wahrnehmen der unscheinbaren Kleinigkeiten ähnelte er Laubmann, obgleich er bürokratischer damit umging. Dabei mochten seine ungezähmten dunkelbraunen Locken und seine gelegentliche Fahrigkeit Verdächtige durchaus hinters Licht führen; denn Verdächtige pflegten ihn zu unterschätzten.
    Inzwischen war es bereits eine halbe Stunde nach Mitternacht.

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