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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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Lürmann war nicht erstaunt, daß sich etliche Motive offenbart hatten, aus denen sich ein Mord sehr wohl ableiten ließ. Er war jedoch, wie immer in solch frühen Phasen der Ermittlungen, unzufrieden, weil die Momente der Unklarheit die Momente der Klarheit bei weitem übertrafen. Er würde die mitgeschriebenen Aussagen genau miteinander vergleichen müssen.
    Dietmar Glaser war enttäuscht, weil keine der Personen so verdächtig war, daß es für eine vorläufige Festnahme ausgereicht hätte. Das wäre was gewesen, wenn er seinem Vorgesetzten bereits einen Tag nach dem Mord einen Tatverdächtigen hätte präsentieren können.
    «Daß der Täter nach dem Mord in den Saal gekommen ist», resümierte Glaser, «hat entweder niemand bemerkt, oder jemand hat’s vergessen – oder jemand schweigt dazu. Bei den Animositäten unter den Beteiligten würde es mich nicht wundern, wenn jemand sein eigenes Süppchen kocht. Thema: Erpressung. Ich bin überzeugt, wir werden uns mit allen erneut unterhalten müssen. Keiner sollte sich in Sicherheit wiegen. Jedenfalls verfüge ich hiermit, daß der Tatort und das Zimmer des Getöteten weiterhin versiegelt bleiben.»
    Der Prälat Albert Glöcklein konnte es sich beim Hinausgehen nicht verkneifen, den Kommissar für den nächsten Morgen um 7 Uhr 30 zur Heiligen Messe einzuladen.
    «Da werde ich dienstlich verhindert sein», redete sich dieser heraus und nahm es dabei mit der Wahrheit nicht so genau. «Aber Kommissar Lürmann wird mich vertreten.»

    ***
    «Ich möchte am Montag mal Sonntag haben …», sang die Knef im Hintergrund, während Laubmann am Laptop saß. In manchen Stimmungslagen waren ihm Lieder von Hildegard Knef oder Marlene Dietrich lieber als Gregorianische Choräle. Gut, der Laptop war nun ans Internet angeschlossen, obwohl Laubmann Technisches nicht lag. Aber so konnte er in seiner Klause, seinem kärglichen, beinahe mönchischen Zimmer auf der Babenburg, wenigstens mit Elisabeth in Kontakt bleiben. Fast eine ganze Woche sollte er es hier noch aushalten. – Ja, wenn statt Montag noch einmal Sonntag wäre, dann ließe sich der Mord an Alfonso Forster vielleicht verhindern.
    Doch Philipp wollte zu dieser nächtlichen Stunde an etwas Freundlicheres denken. «Liebe Elisabeth», sagte er vor sich hin, grübelnd, ob er diese Formulierung wählen sollte. Der Bildschirm des Laptops schimmerte bläulichgrau, denn Laubmann hatte bisher keine Zeile zustande gebracht. Eine E-Mail sollte entstehen. Besonders originell und intelligent kam ihm die Anrede «Liebe Elisabeth …» plötzlich nicht mehr vor. Und die Empfängerin des Briefs würde es bestimmt merken, wenn er sich unsicher war.
    Er hatte vor kurzem ein Foto von ihr bekommen. Ihr feines Gesicht, die schwarzen Locken gefielen ihm. Was wußte er mittels der gelegentlichen E-Mail-Kontakte aber sonst schon über sie? Elisabeth Werner, 37, unverheiratet, begeisterte Ethnologin, forscht in Neuseeland über die Maori, hat eine enge Freundin in Bamberg durch einen Todesfall verloren. Aufgrund der Recherchen zu jener unglücklichen Geschichte um Franziska Ruhland hatte Laubmann auch Elisabeth – freilich nur per E-Mail – kennengelernt. Sie hatte damals sehr viel Verständnis für ihn gezeigt, für sein offenes Nachfragen, sogar für seine Neugier. Da hatten sie was gemeinsam.
    Laubmann erhob sich und lief im Zimmer umher, während er Formulierungen abwog. Laut sagte er: «Liebe, einzige Elisabeth in Neuseeland, stellen Sie sich vor, in meiner Umgebung ist ein Mord passiert!» – Nein, dieser Anfang wäre noch schlimmer. Außerdem hatte er sich erinnert, daß man eine Gesprächspartnerin nicht gleich mit seinen eigenen Angelegenheiten überfällt, sondern erst auf sie eingeht, sie zumindest nach ihrem Wohlbefinden fragt. Merkwürdigerweise empfanden Frauen selbst die oberflächlichsten und formelhaftesten Fragen in dieser Richtung als einfühlsam. Das schien Laubmann wenigstens so.
    Schade, daß er seinen Brief nicht richtig zu Papier bringen konnte. Er mochte Papier, Schreibzeug und Tinte. So war Schreiben viel lebenswirklicher. Derzeit benötigte er jedoch die elektronische Kommunikation mit Neuseeland, weil die Briefpost aus der Babenburg innert eines einzigen Tages nie bei Elisabeth ankommen würde.
    «Innert». Laubmann zog seine roten Karteikarten hervor und trug das Wort ein in seine Sammlung veralteter beziehungsweise seltener Ausdrücke. Schon bin ich wieder zurück beim echten Papier, dachte er; obwohl ihn seine

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