Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Vater!«
»Was?« Lauras Augen wurden groß. »Das gibt’s doch nicht!«
»Interessant, was?« Lukas schob die Brille zurück. »Das bedeutet, dass Bertrun Silvas tragische Liebesgeschichte und auch den bösen Fluch, mit dem der abgewiesene Reimar ihre Nichte bestraft hat, aus nächster Nähe miterleben musste.«
»Ja, klar – und weiter?«
»Nach Reimars Tod ist Bertrun auf seine Burg gezogen, aber das wussten wir ja schon. Sie war äußerst wohltätig und hat sich der Armen, der Witwen und Waisen angenommen, die unter dem Grausamen Ritter so sehr leiden mussten. Ihr Großmut war legendär und wurde weithin gerühmt. In der wenigen freien Zeit, die ihr noch blieb, widmete sie sich ihren Liebhabereien. Wie es sich für eine Dame von adligem Geblüt geziemte, musizierte Bertrun viel, schrieb Gedichte und widmete sich der Malerei. Allerdings hatte sie auch einige eher ungewöhnliche Interessen: Sie liebte zum Beispiel die Mathematik – «
»Oh, nö!«, stöhnte Kaja. »Wie kann man nur!«
» – und verstand sich zudem aufs Tischlern, was mehr als merkwürdig ist für eine Frau der damaligen Zeit.«
»Das ist es doch heute auch noch«, warf Laura ein.
Kaja rümpfte die Nase. »Na ja, wer will sich schon dauernd Holzsplitter einfangen!«
»Und weiter?«, drängte Laura.
»Nichts weiter«, sagte der Bruder und grinste breit.
Laura merkte, wie es in ihr zu gären begann. Das konnte doch nicht wahr sein! Hatte er sie etwa nur deshalb zur sofortigen Rückkehr veranlasst, um sie mit ein paar dürftigen Informationen abzuspeisen und sie danach so dümmlich anzugrinsen wie ein Ochsenfrosch auf Brautschau? Sie kniff die Augen zusammen. »Und das ist alles, Lukas? Das ist doch wohl nicht dein Ernst!«
»Wieso?«, fragte Lukas mit Unschuldsmiene, um dann so zu tun, als fiele ihm doch noch etwas ein: »Ach so, beinahe hätte ich es vergessen. Es gibt da doch noch was.«
»Was denn?« In Laura brodelte es bereits. Dass Kaja nur still vor sich hingriente, ärgerte sie noch mehr. Offensichtlich hatte der Bruder sie bereits eingeweiht. »Jetzt sag endlich!«
»Das Ölbild von Silva und dem Wolf, das seit Jahrhunderten die Eingangshalle von Burg Ravenstein ziert, hat niemand anderes als Bertrun von Drachenthal gemalt. ›Der Nachwelt zum Ewigen Gedenken an das traurige Schicksal der armen Maid Silva‹, wie in einer Chronik zu lesen ist.«
Laura kratzte sich hinterm Ohr. »Das haben wir bislang zwar nicht gewusst, aber ich weiß nicht, wie uns das weiterhelfen soll?«
»Wirklich nicht?« Der Junge schielte sie über den Brillenrand hinweg an. »Bertrun hat dieses Gemälde nicht nur gehütet wie ihren Augapfel, sondern in ihrem Testament auch ausdrücklich verfügt, dass es für immer und ewig in der Halle von Burg Ravenstein hängen soll – und das muss doch einen Grund haben, oder?«
»Stimmt.« Laura verengte die Augen und legte die Hand ans Kinn. »Sag bloß, du hast ihn herausgefunden.«
Lukas grinste erst wie ein bekiffter Breitmaulfrosch, hatte dann aber ein Einsehen und spannte die Mädchen nicht länger auf die Folter. Er erzählte ihnen von einem Fernsehbeitrag über Leonardo da Vinci, den er am Freitag am späten Abend gesehen hatte: einen Filmbericht über die geheimen Botschaften, die viele seiner Gemälde enthielten. Der große Meister habe einer Loge von Freimaurern angehört, die von der katholischen Kirche bekämpft und verfolgt wurde. Aus diesem Grund, so wurde behauptet, habe Leonardo verschlüsselte Botschaften in seine Bilder eingefügt, die von normalen Betrachtern kaum wahrgenommen würden, von seinen Logenbrüdern jedoch ganz genau verstanden worden seien. Mehr noch: Laut Filmbericht hatten Röntgenaufnahmen seiner Gemälde erst kürzlich zu Tage gefördert, dass er einige Bilder sogar mit ganz konkreten Anweisungen versehen und diese dann übermalt habe, damit unbedarfte Betrachter sie nicht auf Anhieb entdecken konnten. Dass ausgerechnet diese Stellen von Farbschichten unterschiedlichen Alters bedeckt waren, ließ jedoch darauf schließen, dass Eingeweihte sie mehrmals freigekratzt hatten, nur um sie dann wieder neu zu überpinseln und Leonardos Botschaften zu verbergen.
Da fiel es Laura wie Schuppen von den Augen.»Nein«, stammelte sie. »Ich fasse es nicht! Dass wir da nicht eher daraufgekommen sind!«
Lukas verzog missmutig das Gesicht.
Wieder und wieder schüttelte Laura den Kopf. »Unfassbar -und dabei so nahe liegend!«
Kaja kniff irritiert die Augen zusammen und schaute die
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