LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
auch nach Frankreich und in Ihre Heimat zu reisen, nach Großbritannien.« Als Sira den fragenden Blick der Direktorin bemerkte, fügte sie lächelnd hinzu: »Ich habe mich natürlich vorher über das Internat Ravenstein informiert. Deshalb weiß ich nicht nur, dass es sich um eine altehrwürdige Institution mit langer Tradition handelt, sondern auch, dass Sie selbst in Schottland geboren wurden und hier noch weitere Lehrkräfte beschäftigt sind, die nicht aus Deutschland stammen.« Sie beugte sich vor. »Was mich letztendlich auch zu meiner Bewerbung ermutigt hat. Und wenn ich ehrlich sein soll, kann ich das Geld auch sehr gut brauchen.«
»Einen Moment«, warf Miss Mary rasch ein. »Unsere Gehälter sind nicht gerade üppig. Reichtümer können Sie in Ravenstein also nicht verdienen.«
»Daraus haben Sie in der Anzeige ja auch kein Hehl gemacht«, erwiderte Sira Blossom lächelnd. »Zum Glück verfüge ich über einige Ersparnisse. Aber nachdem ich mich schon seit ein paar Wochen in Berlin aufhalte, habe ich schnell gemerkt, dass die nicht lange reichen werden. Schon gar nicht die vollen zwei Jahre, die ich in Europa zubringen möchte. Und deshalb habe ich mich bei Ihnen beworben.«
»Was Sie nicht sagen.« Pinky Taxus – sie hatte eine kleine Lücke
zwischen den Schneidezähnen und verzischte deshalb alle S-Laute wie eine lispelnde Kobra – bedachte die Bewerberin mit einem finsteren Blick. »Dann betrachten Sie Ihre Tätigkeit hier also als eine Art Pausenfüller?«
Sira Blossom ließ sich durch die unverhohlene Provokation nicht aus der Ruhe bringen. »Ganz und gar nicht«, antwortete sie freundlich. »Es war schließlich nicht meine Idee, die Anstellung zu befristen. «
Bevor Pinky zu einer Replik ansetzen konnte, griff Miss Mary ein. »Das ist völlig korrekt, auch wenn wir im Stillen natürlich darauf gehofft hatten, dass sich daraus eine längerfristige Zusammenarbeit entwickeln könnte.«
»Wer weiß?« Sira Blossom zeigte ihre makellos weißen Zähne. » ›Never say never ‹, sagt man wahrscheinlich nicht nur in meiner Heimat. Warten wir es also einfach mal ab.« Sie beugte sich nach vorne und sah ihre Gesprächspartner der Reihe nach an. »Vorausgesetzt natürlich, ich bekomme die Stelle auch.«
Während Pinky unwirsch schnaufte, warf Marius der Direktorin einen ermunternden Blick zu. Meinen Segen hast du, signalisierte er unverkennbar.
Miss Mary blätterte noch einmal rasch durch die Bewerbungsunterlagen auf dem Schreibtisch vor ihr. Dann hob sie den Kopf und sah Sira Blossom eindringlich an. »Um es kurz zu machen: Ihre Zeugnisse und Referenzen sind ganz ausgezeichnet und beweisen recht eindrucksvoll, dass Sie alle fachlichen Qualifikationen für die Stelle einer Chemielehrerin mitbringen. Dennoch erlauben Sie mir bitte noch eine letzte Frage.«
»Natürlich.« Sira beugte sich vor. »Nur zu.«
»Sie erwähnen in Ihrer Bewerbung, dass Sie auch einige Kurse in Tanz und Choreografie belegt haben?«
»Ganz recht. Ich tanze leidenschaftlich gern, ganz besonders in der Gruppe, und liebe es, mir entsprechende Choreografien auszudenken. «
Ein kaum wahrnehmbares Lächeln huschte über Miss Marys Gesicht. »Wären Sie denn bereit, Ihre Kenntnisse auch unseren Schülern zu vermitteln? Allerdings außerhalb des Unterrichts und ohne zusätzliche Bezahlung?«
»Aber natürlich«, antwortete die junge Frau, ohne nachzudenken. »Es wäre mir sogar eine große Freude.«
»Was soll die Frage?« Rebekka Taxus musterte die Direktorin irritiert. »Wir haben doch gar keine Tanz-AG, bei der Frau Blossoms Kenntnisse benötigt würden. Es ist deshalb völlig unerheblich, ob sie tanzen kann oder nicht. In Chemie soll sie sich auskennen!«
»Wie Sira so schön gesagt hat …« Miss Mary lächelte. » ›Never say never. ‹ Wo keine Tanzgruppe ist, kann ja noch eine werden, nicht wahr?« Während Pinky über die rätselhaften Worte der Direktorin nachdachte, widmete diese sich wieder der Bewerberin. »Ich für meinen Teil habe alles über Sie erfahren, was ich wissen wollte«, erklärte sie. Dann wandte sie sich an Marius und Rebekka Taxus. »Und wenn es von Ihrer Seite keine weiteren Fragen mehr gibt, verehrte Kollegen, würde ich Frau Blossom bitten, so lange im Sekretariat zu warten, bis wir eine Entscheidung getroffen haben.«
Die Diskussion dauerte keine fünf Minuten. Die anschließende Abstimmung fiel genauso aus wie erwartet: Miss Mary und Marius stimmten für die Anstellung von Sira Blossom,
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