Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
Bett hineinsteckte und ihrer Gebieterin gute Nacht wünschte.
    Dies war ein für alle Mal so, mit der einzigen Abwechslung, dass wenn Brigitte in schaurigen, stürmischen Nächten das Bett unten herabsteckte, sie dabei keinem andern Thermometer als den ihrer eigenen Empfindung zu Rate zog, und so jenes stehend, – kniend, – oder hockend verrichtete, je nach dem Grad von Glaube, Liebe und Hoffnung, den sie in der betreffenden Nacht für ihre Gebieterin empfand. In jeder anderen Beziehung wurde die Etikette heilig gehalten und hätte sich mit der regelmäßigsten des unveränderlichsten Schlafzimmers in der Christenheit messen können.
    Sobald am ersten Abend der Korporal meinen Onkel Toby hinaufgeführt hatte, was etwa gegen zehn Uhr geschah, – warf sich Frau Wadman in ihren Armstuhl, schlug ihr rechtes Bein über ihr linkes, so dass der rechte Ellbogen einen Stützpunkt erhielt, stützte ihre Wange in die rechte Hand und beugte sich etwas nach vorn, in welcher Stellung sie bis Mitternacht verweilte und die Frage von beiden Seiten überlegte.
    Am zweiten Abend setzte sie sich an ihren Schreibtisch, befahl Brigitte ein Paar neue Kerzen zu bringen und auf den Tisch zu stellen, und suchte dann ihren Ehevertrag hervor, den sie mit großem Eifer durchlas. Am dritten Abend aber (es war dies der letzte, dass mein Onkel Toby hier verweilte), als Brigitte das Nachthemd herabgezogen hatte und eben im Begriff war die Stecknadel hineinzustecken, – stieß sie mit einem Tritt mit beiden Fersen zugleich, den natürlichsten, den sie in dieser Lage tun konnte, – denn nehmen wir an, dass *   *   *   * die Sonne in ihrem Meridian war, so ging der Tritt nordöstlich, – stieß sie ihr die Nadel aus den Fingern, – und die Etikette, die daran hing, hinweg, – die nun zu Boden fiel und in tausend Atome zersplitterte.
    Aus all dem ging klar hervor, dass die Witwe Wadman in meinen Onkel Toby verliebt war.
     
    254. Kapitel
    Mein Onkel Toby hatte damals den Kopf voll von anderen Dingen, und erst nach der Schleifung von Dünkirchen, als alle anderen Artigkeiten in Europa geordnet waren, fand er Muße darauf zurückzukommen.
    Dies gab allerdings einen Waffenstillstand (so heiße ich es in Beziehung auf meinen Onkel Toby, – in Beziehung auf Frau Wadman war es eine Vacatur) von nahezu elf Jahren. Da aber in allen Fällen dieser Art erst der zweite Schlag, geschehe er nun in welchem Zwischenraum er wolle, die Sache zu einem wirklichen Kampfe macht, – so möchte ich's eher die Liebeshändel meines Onkels Toby mit der Witwe Wadman, als die Liebeshändel der Witwe Wadman mit meinem Onkel Toby nennen.
    Diese Unterscheidung hat ihre Berechtigung.
    Es ist nicht wie die Geschichte mit dem alten Stülphut und dem aufgestülpten alten Hut, worüber manche hochwürdige Herren sich so oft gestritten haben, – der Unterschied liegt hier in der Natur der Dinge.
    Und zwar, meine Herren, ist dieser Unterschied sehr groß.
     
    255. Kapitel
    Da nun die Witwe Wadman meinen Onkel Toby liebte, – mein Onkel Toby aber die Witwe Wadman nicht liebte, so blieb der Witwe Wadman nichts übrig, als herzugehen und meinen Onkel Toby zu lieben, – oder es bleiben zu lassen.
    Die Witwe Wadman wollte weder das Eine noch das Andere.
    Gütiger Himmel! – Ich vergesse ganz, dass ich selbst etwas von ihrer Gemütsart habe; denn wenn der Fall eintritt, was um die Zeit der Tag- und Nachtgleiche hie und da geschieht, dass eine irdische Göttin so sehr dies und das und das Andere ist, dass ich wegen ihrer mein Frühstück nicht verzehren kann, – und sie sich nicht so viel darum schert, ob ich frühstücke oder nicht, –
    Dann zum Henker mit ihr! und so schicke ich sie in die Tatarei, und von der Tatarei nach dem Feuerland, und so weiter bis zum Teufel. Kurz, es gibt keinen höfischen Winkel, in den ich ihre Göttlichkeit nicht stecke.
    Da aber das Herz weich ist, und die Leidenschaften darin zehn Mal in einer Minute fluten und wieder ebben, so bringe ich sie gleich wieder zurück, und da ich in allen Dingen extrem bin, so versetze ich sie dann in die Mitte der Milchstraße.
    Du hellster der Sterne! wirst deinen Einfluss auf Einen üben –
    Der Teufel hole sie und ihren Einfluss, – denn bei diesem Wort verliere ich alle Geduld: – möge es dem Einen wohl bekommen! – Bei Allem was zottig und zerzaust ist! rufe ich, indem ich meine Pelzmütze herunterreisse und sie um meinen Finger drehe – ich gebe nicht sechs Pence um ein Dutzend solcher!
    Aber es

Weitere Kostenlose Bücher