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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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geläufig war, so war die Arbeit nicht so elegant ausgefallen als man hätte wünschen mögen. – Der Korporal war wohl zwanzig Mal mit sorglichem Blick und ausgestreckten Armen davon zurückgetreten, um ihr womöglich ein besseres Aussehen einzuhauchen: – aber wenn sie der Spleen selbst betrachtet hätte, würde sie diesem Herrn ein Lächeln entlockt haben, – denn sie lockte sich überall, nur da nicht wo der Korporal es gerne gehabt hätte und wo eine Locke oder zwei nach seiner Ansicht Ehre eingelegt hätten, da hätte er ebenso leicht Tote erwecken können.
    So war sie – oder vielmehr so hätte sie auf jeder anderen Stirne ausgesehen; allein das sanfte gütige Wesen, das sich aus der meines Onkels Toby ausprägte, gab Allem was damit in Verbindung stand ein so entsprechendes Gepräge und die Natur hatte überdies das Wort Gentleman so schön und deutlich in jede Linie seines Gesichts geschrieben, dass ihm sogar der abgetragene Hut mit den goldenen Tressen und die ungeheure Hutschleife von dünner Seide gut stand; und wenn sie an und für sich auch keinen Knopf wert waren, wurden sie in dem Augenblick, da mein Onkel Toby sie aufsetzte, sehr bedeutungsvolle Dinge und schienen ausdrücklich von der Hand der Wissenschaft herausgegriffen worden zu sein, um ihn vorteilhaft auszustaffieren.
    Nichts auf der Welt aber hätte mächtiger hierauf einwirken können als meines Onkels blaue Uniform mit Gold, – wäre nicht zur Herstellung der Anmut auch einige Ausgiebigkeit notwendig gewesen. Aber in den 15–16 Jahren, seit ihrer Anfertigung, war sie in Folge der vollständigen Unbeweglichkeit meines Onkels Toby (denn er ging selten weiter als bis zu dem Rasen) – ihm so erbärmlich enge geworden, dass der Korporal ihn nur mit der äußersten Mühe hineinbrachte; das Anheften der Aufschläge an den Ärmeln hatte nichts geholfen. Die Uniform war übrigens nach der zur Zeit des Königs William herrschenden Mode an den Schößen und Taschen mit Tressen besetzt; und leuchtete an jenem Morgen so hell in der Sonne und gab einen so metallischen und tapferen Schein von sich, dass wenn mein Onkel Toby im Harnisch hätte angreifen wollen, er seine Einbildungskraft nicht schöner hätte täuschen können.
    Was die feinen Scharlachhosen anbelangt, so waren sie von dem Schneider zwischen den Füßen aufgetrennt und in diesem traurigen Zustande belassen worden.
    Ja, Madame, zügeln wir unsere Phantasie. – Es genüge, dass sie am Abende vorher für unbrauchbar erkannt wurden; und da meines Onkels Toby Garderobe kein zweites Paar zu versenden hatte, rückte er in den roten Plüschhosen aus.
    Der Korporal hatte sich mit der Uniform des armen Le Fever herausgeputzt, und sein Haar unter seine Monteromütze aufgebunden, die er bei diesem Anlass frisch geputzt hatte. So marschierte er auf drei Schritte Abstand hinter seinem Herrn – in einem Anfall von militärischem Stolz hatte er die Hemdsärmel am Handgelenk aufgepufft, darüber hing der Stock des Korporals an einem schwarzen Lederriemen, der unter dem Knoten zu einer Quaste zerschnitten war.
    Mein Onkel Toby trug seinen Stock wie eine Pike.
    Es sieht wenigstens nicht übel aus, sagte mein Vater zu sich selbst.
     
    282. Kapitel
    Mein Onkel Toby drehte den Kopf mehr als einmal nach hinten, um zu sehen, wie er vom Korporal unterstützt werde; jedes Mal machte der Korporal dann einen leichten Schwung mit seinem Stock, – jedoch keineswegs in prahlerischer Weise; und bat dann Seine Gnaden in dem lieblichsten Ton achtungsvollster Ermutigung, doch ja keine Angst zu haben.
    Mein Onkel Toby hatte aber wirklich Angst, und zwar sehr bedeutend; er wusste (wie ihm mein Vater vorwarf) bei einem Frauenzimmer niemals das rechte Ende vom unrechten zu unterscheiden, und fühlte sich deshalb in der Nähe eines solchen niemals behaglich – außer im Fall einer Trauer oder eines Unglücks; dann war sein Mitleid unendlich, und der galanteste Ritter der Romantik konnte, wenigstens auf einem Bein, nicht weiter gehen, wo es sich darum handelte, die Tränen eines weiblichen Auges zu trocknen; und doch hatte er nie fest in das Auge eines Weibes gesehen, außer das eine Mal, wo Frau Wadman ihn dran bekam; und oft sagte er zu meinem Vater in der Einfalt seines Herzens, das sei fast so schlecht (wo nicht ganz so schlecht), wie wenn man Zoten erzähle.
    Und angenommen es sei so? pflegte mein Vater zu erwidern.
     
    283. Kapitel
    Korporal, sagte mein Onkel Toby und hielt an, als sie etwa noch zwanzig

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