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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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natürlichste Abhilfe wäre ohne Zweifel gewesen, wenn er seine Brücke nur an dem einen Ende mit Angeln befestigt hätte, so dass das Ganze zumal in die Höhe gehoben und senkrecht aufgestellt werden konnte, – dies wurde aber aus dem oben angegebenen Grunde verworfen.
    Eine ganze Woche lang war er entschlossen eine Brücke von jener eigentümlichen Konstruction zu erbauen, dass sie horizontal zurückgezogen wenden konnte, um den Übergang zu hindern, und die dann wieder hereingezogen wurde, um den Übergang zu ermöglichen – von dieser Art Brücken hätte der geneigte Leser in Speier vor dessen Schleifung drei sehen können – wovon sich die eine jetzt, soviel ich weiß, in Breisach befindet. – Mein Vater riet aber meinem Onkel Toby alles Ernstes, sich nicht mehr mit Zugbrücken zu befassen – und da mein Onkel überdies voraus sah, dass dies die Erinnerung an Korporal Trim's Missgeschick verewigen würde – so entschied er sich für die Erfindung des Marquis d'Hôpital, welche der jüngere Bernoulli so schön und gelehrt beschrieben hat, wie der geneigte Leser in Akt. Erud. Lips. an. 1695 lesen kann. Bei dieser Art Brücken wird durch ein Bleigewicht ein beständiges Gleichgewicht hergestellt, und jenes hält so gut Wache wie eine Doppelschildwache, indem diese Brücke in einer Kurve construiert ist, die sie einer Cykloide (Radlinie) nähert, oder wirklich eine Cykloide bildet.
    Mein Onkel Toby kannte die Natur der Parabel, so gut als irgend ein Mann in England; – eine Cykloide hatte er jedoch nicht so gut los: – er sprach zwar alle Tage darüber – aber die Brücke machte darum keine Fortschritte. – Wir müssen Jemand darüber befragen, sagte mein Onkel Toby zu Trim.
     
    70. Kapitel
    Als Trim hereinkam und meinem Vater sagte, Dr. Slop sei in der Küche und damit beschäftigt eine Brücke zu machen, – so nahm mein Onkel Toby – in dessen Gehirn die Geschichte mit den Stulpstiefeln eben eine Reihe militärischer Gedanken erweckt hatte – sofort für ausgemacht an, dass Dr. Slop ihm ein Modell der Brücke des Marquis d'Hôpital herstelle. – Das ist sehr freundlich von ihm, sagte mein Onkel Toby; – sei so gut, Trim, und mache Dr. Slop mein Kompliment dafür und sag' ihm, ich lasse ihm herzlich danken.
    Wäre der Kopf meines Onkels Toby ein Savoyardenkasten gewesen, und hätte mein Vater die ganze Zeit über auf der einen Seite hereingesehen – so hätte er keine genauere Kenntnis von den Operationen gewinnen können, die in meines Onkels Toby Phantasie vor sich gingen, als durch diese Äußerung. Trotz der Katapulte und des Widderbocks und seiner bitteren Verwünschung derselben wollte er daher eben wieder triumphierend beginnen, –
    Als ihm Trims Antwort in einem Nu den Lorbeer von der Schläfe riss und ihn in Stücke zerpflückte.
     
    71. Kapitel
    Eure unglückselige Zugbrücke, begann mein Vater. – Ich bitte um Entschuldigung, Euer Gnaden, sagte Trim, es ist eine Brücke für die Nase des jungen Herrn. Wie er ihn mit seinen schlechten Instrumenten zur Welt brachte, hat er ihm, wie Susanne sagt, die Nase so platt wie einen Pfannkuchen in das Gesicht gedrückt; deshalb macht er ihm jetzt eine Brücke oder einen falschen Nasenrücken aus einem Stückchen Baumwolle und einem Fischbein aus Susannah's Corset, um die Nase wieder aufzurichten. – Führe mich gleich auf mein Zimmer, Bruder Toby, rief mein Vater.
     
    72. Kapitel
    Von dem ersten Augenblick an, da ich mich niedersetzte, um mein Leben zur Unterhaltung der Welt und meine Meinungen zu ihrer Belehrung niederzuschreiben, hat sich allmählich eine Wolke über meinem Vater zusammengezogen. – Eine Flut von kleinen Übeln und Widerwärtigkeiten hat sich gegen ihn in Bewegung gesetzt. Nicht ein einziges Ding ist, wie er selbst bemerkte, seinen gewiesenen Weg gegangen; und nun hat sich das Gewölk verdichtet, das Wetter ist am Losbrechen, um sich vollständig über seinem Haupte zu entladen.
    Ich beginne diesen Teil meiner Geschichte in der nachdenklichsten, schwermütigsten Gemütsverfassung, die je über eine sympathetische Seele kam. – Meine Nerven lassen nach, während ich sie erzähle. – Bei jeder Linie, die ich schreibe, fühle ich ein Schwächerwerden meines Pulses und zugleich jener sorglosen Heiterkeit, in Folge deren jeder Tag meines Lebens mich dazu drängt, tausend Dinge zu sagen und zu schreiben, die ich eigentlich nicht erwähnen sollte: – und eben jetzt, da ich die Feder in mein Tintenfass tauchte, konnte ich

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