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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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nicht als zurückgegeben betrachten. So etwas ist schon öfter passiert, Mr. Harris — das Brautpaar hat eine Auseinandersetzung, und die Braut schickt ihren Hochzeitsstaat zurück. Aber dann stellen sie oft fest, daß sie sich doch lieben, und die Hochzeit findet statt, als hätte es nie eine Verstimmung zwischen ihnen gegeben. Das ist wahr.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht mehr an Wunder.«
    »Ich verspreche kein Wunder. Es könnte nur so kommen.«
    »Vielen Dank«, erwiderte er.
    Ich öffnete ihm die Tür. »Wenn ich binnen zwei Wochen nichts von Ihnen höre, werde ich Ihnen wegen der Rückerstattung Bescheid geben.«
    »Das hat keine Eile«, sagte er niedergeschlagen. Was ihn betraf, so lag die Welt in Trümmern; niemand konnte ihm helfen.

    Ich nahm die Karteikarte Harris aus meiner Akte und sah, daß Suzanne die Beraterin gewesen war; und ich ging sie suchen, um ihr zu sagen, was geschehen war. Im Aufenthaltsraum der Beraterinnen war sie nicht, im Foyer auch nicht. Ich fragte Alice, ob sie sie gesehen habe, und Alice antwortete fröhlich: »Oh, ja, Miß Banville ist in der großen Anprobe und paßt auf. Eine ihrer Bräute wird fotografiert.« Ich seufzte unwillkürlich auf. Das war ein direktes Ergebnis der Affäre Nina Haysmill — Tommy Leeman — ich hatte die Anordnung selbst vergangenen Samstag nachmittag gegeben. Von nun an mußte immer eine Beraterin zugegen sein, wenn Fotoaufnahmen gemacht wurden, und mußte eine Stunde oder mehr ihrer kostbaren Zeit daranwenden, um sicher zu sein, daß der Fotograf nicht die Braut notzüchtigte oder umgekehrt. Ich hatte nicht die Absicht, Suzanne bei der Ausübung dieser lebensnotwendigen Tätigkeit zu stören. Die Harris-Geschichte würde warten müssen.
    Ich dankte Alice; sie lächelte mich liebreizend an; und ich wollte gerade zurückgehen in mein Büro, als ich sah, daß Mrs. Hatfield mit irgendwie verzweifelt wirkenden Handbewegungen meine Aufmerksamkeit zu erregen suchte. Ich hatte sie bemerkt, als ich ins Foyer gekommen war; sie saß in einer Ecke und sprach mit einem dunkelhaarigen Mädchen, das mir bekannt vorkam, und einem jungen Mann mit Bürstenhaarschnitt, den ich noch nie gesehen hatte.
    Ich ging auf Mrs. Hatfield zu, doch sie wartete nicht, bis ich bei ihr ankam. Auf halbem Wege bereits sagte sie recht aufgeregt: »Ich brauche Ihre Hilfe. Diese beiden netten jungen Leute haben ein sehr merkwürdiges Problem, und ich habe keine Ahnung, was ich ihnen sagen soll. Hätten Sie einen Augenblick Zeit?«
    »Natürlich.«
    Sie führte mich in die Ecke. Der junge Mann stand höflich auf; das junge Mädchen lächelte mir etwas jämmerlich zu. Sie waren ungefähr gleichaltrig, neunzehn oder zwanzig. Mrs. Hatfield nannte die Namen flüsternd, als wollte sie vermeiden, daß jemand sie hörte: »Miß Evans — Mr. und Mrs. Lannon«, und zu dem Mädchen gewandt fügte sie vertraulich hinzu: »Miß Evans ist die Leiterin der Abteilung. Ich bin sicher, sie wird Ihnen den bestmöglichen Rat geben.«
    Das sollte wohl Mrs. Lannon beruhigen, verfehlte jedoch weitgehend seine Wirkung. Die junge Frau versuchte ein Lächeln, doch sie war zu verängstigt. Sie hatte blaue Augen mit dichten, dunklen Wimpern; schwarzes, glänzendes Haar; ein ebenmäßiges Gesicht mit hohen Backenknochen und einem kleinen, energischen Kinn. Ein so irisches Gesicht konnte ich nicht vergessen, und ich saß da, blickte sie an und überlegte, was hier wohl vorging. Ihr Mann sah erhitzt und verlegen aus.
    »Mrs. Lannon«, sagte ich, »kennen wir uns nicht?«
    Schüchtern antwortete sie »Ja«.
    »Waren Sie nicht am letzten Samstagnachmittag hier?«
    »Ja.«
    »Mit Ihrer Mutter?«
    »Ja.«
    »Sie haben ein Brautkleid bestellt, nicht wahr? Ein Priscilla-Modell aus weißem Atlas? Und Ihre Mutter brachte ererbte irische Spitze mit für den Kopfputz, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Die Hochzeit ist für Ende Juni festgesetzt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Sind Sie gekommen, um den Auftrag abzubestellen?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber Sie sind verheiratet«, fuhr ich fort. »Haben Sie am Wochenende geheiratet?«
    Sie sank in sich zusammen, schlug die Hände vors Gesicht und weinte bitterlich. Was für ein Vormittag! Nichts als Tränen, Tränen, Tränen.
    Der junge Mann sagte unbeholfen: »Wir haben heimlich geheiratet, Miß Evans, gerade vor einem Jahr.«
    »Vor einem Jahr?«
    Zu seiner Frau gewandt, fragte er: »Soll ich Miß Evans die ganze Geschichte erzählen?«
    Sie behielt die

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