Lautlose Jagd
ist so gut wie unmöglich, näher als dreihundert Kilometer an die Grenzen Nordkoreas heranzufliegen, ohne in allen Flughöhen von irgendeiner Radarstation der Kommunisten geortet zu werden«, stellte Park gelassen fest. »Die Kommunisten verfolgen unsere Maschinen praktisch vom Start an. Als unsere Flugzeuge zehn Minuten von ihrem Luftraum entfernt waren — das entspricht der Zeit, die der langsamste nordkoreanische Jagdflieger für einen Alarmstart braucht -, haben die Radarstationen der Frühwarnkette sämtliche nordkoreanischen Luftabwehrstellungen alarmiert. Diese Warnung hat natürlich auch die Befehls- und Koordinierungszentrale der Volksarmee in Sunan bei Pjöngjang erhalten.«
»Aber wenn die Nordkoreaner längst wissen, dass Sie kommen -warum um Himmels willen setzen Sie Ihren Angriff dann fort?«
»Aus einem sehr einfachen Grund, Madam Vizepräsidentin«, sagte Präsident Kwon. »Weil die nordkoreanische Befehls- und Koordinierungszentrale alle Luftabwehrstellungen angewiesen hat, die einfliegenden Maschinen zu verfolgen, aber sonst nichts weiter zu unternehmen. Weil sie unmittelbar danach dem Oberkommando in Pjöngjang ›keine besonderen Vorkommnisse‹ gemeldet hat.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil ein Offizier der Vereinigten Republik Korea diese Befehle erteilt hat, Madam. Oder genauer gesagt ein nordkoreanischer Patriot mit Unterstützung von Kameraden aus Südkorea.
Die nordkoreanische Befehls- und Kommandozentrale in Sunan - die übrigens nicht mit diesem Kontrollzentrum vergleichbar ist -, befindet sich in den Händen nordkoreanischer Patrioten, die keinen größeren Wunsch als eine Wiedervereinigung der beiden Koreas unter einer freien, demokratisch gewählten Regierung haben.
Sie haben beschlossen, die Kriegsmaschinerie der Kommunisten lahm zu legen und sich von uns bei der Zerstörung ihrer gefährlichsten Elemente unterstützen zu lassen.«
In diesem Augenblick schrillte im Beobachtungsraum eine Alarmsirene los, und überall begannen rote Warnleuchten zu blinken. Aus den Deckenlautsprechern drang eine unverkennbar amerikanische Stimme: »Namu Two -Five, Namu Two-Five und Pokpo Three-Eight, Pokpo Three-Eight, hier Airedale, Hot Dog, Hot Dog, Hot Dog. Gehen Sie sofort auf Kurs eins-fünf-null. Bestätigen Sie den Empfang dieser Anweisung.«
General Park und Präsident Kwon schmunzelten. »Das amüsiert mich immer wieder«, sagte Kwon lachend. Whiting starrte ihn entgeistert an. In der Kommandozentrale war völliges Chaos ausgebrochen, und diese beiden Männer lachten darüber! »Die Codewörter, die ihr Amerikaner für solche ernsten Situationen erfindet, sind ausgesprochen komisch. Welch erfrischender Sinn für Humor!«
»Was geht hier vor?«
»Sie wissen vielleicht nicht, was diese Hot-Dog-Warnung bedeutet?« Kwon war überrascht. »Wie wenig Sie über die Mechanismen wissen, die Sie in unserem Land installiert haben und auf die wir tagtäglich vertrauen, weil sie unser Leben und unsere Freiheit schützen sollen. Eine Hot-Dog-Warnung geht hinaus, wenn ein Flugzeug die Pufferzone verletzt. Sie soll unsere Piloten vor einem unbeabsichtigten Überflug warnen. ›Airedale‹ ist der leitende US-Controller, den Sie vorhin im Kontrollzentrum kennen gelernt haben.
Diese Warnung wird ziemlich häufig gesendet, meistens als Folge von Radaranomalien, wegen Störungen oder Täuschungen durch die Kommunisten oder weil menschliches Versagen vorliegt - ein übereifriger Pilot, ein unerfahrener Pilot, der Orientierungspunkte sucht, oder ein Pilot, der sich durch etwas hat ablenken lassen. Viele harmlose Gründe. Der Norden spricht von kriegerischen Akten, sogar von Kriegserklärungen, und fordert eine Entschuldigung und Entschädigungszahlungen. Solche Forderungen ignorieren wir natürlich.«
Sie hörten, wie die Hot-Dog-Warnung mehrfach und für mehrere weitere Rufzeichen wiederholt wurde. Dann entstand im Kontrollzentrum ein Tumult, als südkoreanische Soldaten hereinstürmten und die amerikanischen Offiziere und Techniker umringten.
»Was geht dort unten vor, Herr Präsident?«, fragte Ellen Whiting scharf. »Ich verlange Aufklärung!«
»Die amerikanischen Offiziere, die alle Flugbewegungen über Südkorea überwachen und führen sollen, sind verständlicherweise aufgebracht, weil die nach Nordkorea fliegenden südkoreanischen Piloten ihren Umkehrbefehl ignoriert haben und unsere Offiziere untätig geblieben sind«, antwortete General Park an Kwons Stelle. »Jetzt werden sie daran
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