Lea - Untermieterin bei einem Vampir
wohin?“ Ich klang mehr als desinteressiert.
Er drehte sich zu mir um und sah mich lange an. Es machte mich nervös. Schließlich atmete er tief durch und sprach doch mit mir. Ich wusste nicht, was er in meinem Gesicht las, aber er brachte sogar ein schiefes Lächeln zustande. Hätte ich es nicht besser gewusst, würde ich sagen, dass er verlegen wirkte.
„Ich wollte dich fragen, ob du mit mir ins Lonestar ausgehen würdest“, gab er zu.
Ich fand, er ließ eine ziemliche Bombe platzen und mir wurde fast schwindlig als ich meine hinterhältigen Gedanken durchkramte, ob ich erneut mit irgendeiner Zahlung in Verzug geraten war. Also fragte ich ihn. Denn ich war nicht seine Partyschnecke, sondern nur für seine Eltern eingekauft.
„Schulde ich dir schon wieder Geld, oder kommen deine Eltern mit?“
Er versteinerte. Als die Worte aus mir heraus waren, begann ich mich langsam elend zu fühlen. Tom sagte nichts mehr. Er griff nach seiner Jacke und stürmte aus der Wohnung. Die Tür fiel nicht laut zu. Aber es gab trotzdem einen mächtigen Knall in meinem Kopf.
Es machte mir überhaupt nichts aus, gemein zu Tom zu sein. Ich stand über solchen Dingen. So und anders hatte ich ihn schon früher brüskiert. Die alte Lea war zurück. Es bedeutete mir auf keinen Fall etwas, ob ich einen Vampir, Vampir, Vampir verletzte, dem es auch egal war, ob er mir gelegen kam oder nicht. Tom war doch der verdammte Egoist, der sich nicht darum scherte, ob mir Gefühle für ihn in den Kram passten. Wieso musste er so nett sein? Wieso musste er so bemüht um mich sein? Er war ein Vampir und Vampire waren pingelig in Geldfragen, seine Mom war darüber hinaus Anwältin. Er hätte doch wissen sollen, was ein Vertrag war!
Warum wollte er dann mit mir feiern? Seine Eltern waren offensichtlich nicht dabei. Warum traf er sich nicht mit seinen Freunden; echten unbezahlten Freunden?
Gut ja, Tom hatte gestern für uns zauberhaft gekocht. Er hatte sich spontan und selbstlos dazu bereit erklärt und sogar bezahlt! Ich hatte ihm gesagt, dass ich ihm einmal mehr etwas schulden würde. Doch ich hatte nicht das Gefühl, dass sein Wunsch, mit mir ins Lonestar zu gehen, der Rückforderung solcher Gefallen entsprungen war. Mir schien, dass er seinen Geburtstag wirklich mit mir hatte feiern wollen, weil er mich wohl gern hatte. Und ich hatte ihm klargemacht, dass es an mir absolut nichts zum Gernhaben gab.
Verflucht! Sein Geburtstag! Ich hatte nicht einmal gewusst, dass er ihn heute hatte. Das erklärte, weshalb er am Vormittag nicht dagewesen war. Vermutlich hatte er bei seiner Familie reingeschaut.
Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn, als mir klar wurde, dass wir mit dem Horrorfilmabend im Grunde in seinen Geburtstag hinein gefeiert hatten, ohne dass er auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlor. Ich nehme an, er hatte nichts gesagt, weil der Abend für Kyle und Sarah war und nicht für ihn. Schon wieder so ein unegoistischer Zug von ihm. Sollte er doch verdammt sein!
Als die beiden gegangen waren, hatte ich so getan, als würde ich schlummern, weshalb er weiter keine Gelegenheit hatte, mich zu informieren. Danach hatte ich lange geschlafen und er war fort, bevor ich mich von den Toten erhob. Er hätte mich zwingen können, seine Freundin zu spielen und zu seinen Eltern mitzukommen, doch er hatte mich ausschlafen lassen. All diese Aufmerksamkeiten drückten mich nieder.
Ich streifte unruhig durch die Räume. In meiner Herzgegend pochte es zerrissen. Es fühlte sich merkwürdig beklommen und schmerzhaft an. Mir war wohl – anders als ich versucht hatte, mir weiszumachen – doch nicht so egal, wie es ihm ging.
Ich fühlte mich verdammt schäbig, wie Stinkmüll in einer Gasse. Jetzt litt ich innerlich mit ihm. Ich erreichte das Wohnzimmer und blieb wie angewurzelt stehen. Die Grabesstille in der Wohnung, das Fehlen jeder Heiterkeit und jeden Lachens, passten nicht zum Bild, das sich mir bot. Auf dem Tisch stand eine köstliche Torte mit fröhlicher Zuckergussglasur. Daneben waren verschiedene Geschenke und ein großer Strauß Blumen aufgereiht. Ich sah eine Karte an die Vase gelehnt stehen und konnte nicht anders, als sie aufzunehmen und zu lesen.
„Mein liebster Tom, von Herzen wünschen wir dir alles Gute zu deinem 27. Geburtstag. Wir wünschen dir, dass all deine Hoffnungen und Träume sich erfüllen und auch mit Lea alles gelingt. In Liebe, deine Eltern“.
Ich musste schwer schlucken und mühsam die aufsteigenden Tränen
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