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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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Hand. Eigentlich war das eine gute Ausgangslage für das Spiel, das mir in den Sinn kam.
    „ Lass uns mit den Daumen wresteln.“
    Er zog fragend eine Braue hoch und ich griff seine Hand fest in meine und hielt sie etwas hoch. Dann verkeilte ich meine Finger mit seinen, sodass nur noch unsere Daumen frei wackeln konnten.
    „Leg deinen Daumen an meinen“, forderte ich ihn auf.
    Tom grinste und machte, was ich ihm sagte. Ich bewegte meinen zur Probe mal nach links und rechts und nickte zufrieden.
    „Alles klar“, sagte ich. „Jeder versucht jetzt, den Daumen des anderen auf dessen Handfläche niederzudrücken. Ist ein bisschen wie ringen, nur lustiger.“
    „ Aber zerstöre mir nicht meine Zahnchirurgenhand“, witzelte er.
    „ Ach Schreck, kann man sich gegen Kaputtmachen von Arztteilen versichern lassen?“, gab ich mich beunruhigt.
    „ Arztteile?“ Tom unterdrückte ein Lachen.
    „ Klar. Beine, Finger, Augen, Ohren, alle Körperteile an dir sind Arztteile“, befand ich.
    Tom lehnte sich mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen zu mir vor und flüsterte: „Ich würde nicht alle meine Körperteile in den Dienst der Medizin stellen.“
    Die Art, mit der er es sagte, machte mir völlig klar, an welchen Körperteil im Besonderen er dabei dachte. Ich wich verblüfft zur Seite aus, um ihn ansehen zu können und kam dabei gegen seine aufgelehnte linke Hand. Sobald er meine Schulter zu fassen bekam, begann er meine Haut zu streicheln und unter seinen Fingerkuppen erblühte meine Gänsehaut. Meine Wangen wurden warm und sein intensiver Blick machte mich ganz benommen.
    Ich sah das Lächeln, das sich in seinem Mundwinkel bildete und ich wusste, dass er zufrieden war, eine solche Reaktion in mir ausgelöst zu haben. Gottverdammt, er hatte nicht vergessen, was gestern Nacht mit uns passiert war. Und ich mochte Blackouts vortäuschen so viele ich wollte, aber die Reaktionen, die er mir entlockt hatte, waren damit nicht ungeschehen zu machen. Ich entging lediglich einer Rechtfertigung dafür, aber keinesfalls konnte ich das Wissen um sie aus Tom löschen.
    Er setzte sich wieder normal hin und meinte ganz unbeschwert:
    „Komm, lass unsere Daumen rangeln.“
    Er war bestens gelaunt und tat, als wäre ich eben nicht rot wie ein Hydrant und völlig konzeptlos geworden. Einmal mehr präsentierte Tom mir seine innere Beherrschung. Er konnte doch wirklich so tun, als wäre eben kein Knistern gewesen. Okay, ich hatte heute Morgen auch so getan. Jetzt kam ich mir noch mieser vor, aber dass Tom nun begann, es mir mit gleicher Münze heimzuzahlen, traf mich etwas unvorbereitet.
    „Auf drei geht’s los, ja?“, meinte er.
    „ Klar. Drei.“
    Ich sagte es ohne auch nur eine Lücke zu lassen und drückte sofort gegen seinen Daumen.
    „Hey!“, lachte er überrascht auf.
    Ein schwacher Protest, für den er keine ausgiebige Zeit hatte, denn die Spiele hatten begonnen. Ich täuschte rechts an und drückte dann nach links, aber verflixt und verzwirnt, Tom hatte ziemlich kräftige Hände. Er zog amüsiert eine Augenbraue hoch und tat erst mal nichts, als konsequent gegen zu drücken. Ich glaube, er versuchte nicht einmal, mich sofort zu besiegen. Das machte mich glatt noch rasender. Diese Siegessicherheit und Überlegenheit, dieser spöttische Zug um seinen Mund, dieses „Komm schon, Kleines. Ist das alles?“ in den Augen.
    Ich quiekte und drückte und probierte und versuchte und strengte mich ehrlich an. Für einen Anfänger im Daumenrangeln war Tom ärgerlich begabt. Witzig war dabei, dass man zwar eigentlich nur mit den Daumen rang, aber dennoch mit Oberkörper, Kopf und sogar den Beinen herum hampelte. Also ich für meinen Teil tat das ausgiebig. Aber Tom hatte eine stoische Ruhe in seiner Ausstrahlung, ich lockte ihn nur selten aus der Reserve.
    Er erdreistete sich doch ernsthaft zu fragen: „Haben wir schon angefangen?“
    Seine Stimme war dabei regelrecht gelangweilt und ich notierte einmal mehr, dass er ein guter Schauspieler war.
    „ Aaaah!“, protestierte ich. „Das ist ja so gemein!“
    „ Hm? Bitte? Was denn?“
    Ich löste meinen Blick vom Daumen und sah ihn verbissen und gewinnsüchtig an. Dieser selbstgefällige Kerl musste doch zu besiegen sein! Ich könnte ihm in den Daumen beißen, aber dann würde Tom dasselbe machen – also Beißen – und darin hätte er definitiv mehr Talent als im Daumenrangeln. Ich könnte versuchen, ihn zu kitzeln, aber ich selbst wurde zum Hüpffloh, wenn man es bei mir tat.

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