Leander und die Stille der Koje (German Edition)
ständig. Wir haben eine gültige Jagdlizenz, und da, wo wir gejagt haben, da dürfen wir das auch. Wiese hat überhaupt kein Recht, uns ständig aufzulauern und zu belästigen. Und wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Er hat auch kein Recht, uns mit seinem Scheißverein zu ruinieren.«
»Deshalb dürfen Sie aber nicht auf ihn schießen«, stellte Dieter Bennings klar.
»Das haben wir ja auch nicht«, begehrte Frerich auf. »Wiese ist mit seinem Auto auf uns zugefahren. Wir haben gedacht, dass er uns über den Haufen fahren will, da hat Ole, also Paulsen hat da auf ihn geschossen, das heißt, nicht auf ihn, auf seine Scheinwerfer. So war’s doch, Malte, oder?«
»Genauso war’s!«
»Danach wollte Wiese abhauen. Der hat ganz schön Schiss gehabt, das kann ich Ihnen sagen«, fuhr Frerich zufrieden grinsend fort. »Aber der ist ja sogar zu blöd zum Autofahren. Hat sich festgefahren, der Wiese, im Graben. Mann, haben wir gelacht. Ja, und wir sind dann auch gleich abgehauen, nach Hause. Das heißt, Ole ist nach Hause, Malte und ich haben hier noch ein Glas Bier getrunken. Zur Feier des Tages, wenn Sie so wollen, weil der Wiese endlich mal gekriegt hat, was er verdient. Und so ein Triumphbier ist ja wohl noch erlaubt, oder?«
»Können aber auch zwei gewesen sein«, korrigierte Malte Ottensen. »Der war nämlich groß, der Triumph.«
Lena stand auf und ging zu dem Wirt hinüber. Kurz darauf kam sie an den Tisch zurück. »Wann waren Sie denn ungefähr hier in der Kneipe?«, erkundigte sie sich beiläufig.
Einen Moment lang wirkten Frerich und Ottensen unsicher, dann fing sich Frerich wieder und rief zu dem Wirt hinüber: »Hannes, wann waren wir gestern Abend hier? Gegen elf, oder?«
»Kurz nach elf, genau. Das habe ich der Dame gerade auch schon gesagt.«
Frerich grinste Lena an, als wollte er sagen: So nicht, Gnädigste. Uns kriegst du so nicht. Da musst du früher aufstehen.
Lena grinste selbstsicher zurück, zog einen Schreibblock hervor und notierte sich für alle deutlich sichtbar die angegebene Zeit. »So, Herr Frerich, jetzt haben wir einen definitiven Zeitpunkt. Sollten unsere Untersuchungen ergeben, dass Sie gelogen haben, sieht es wegen der Anzeige schlecht für Sie aus. Sie haben Herrn Arfsten schon einmal ein falsches Alibi gegeben, erinnern Sie sich? Das war für die Nacht, in der Nahmen Rickmers erschlagen worden ist. Noch so eine Lüge lässt Ihnen kein Richter durchgehen. Dann sind Sie dran.«
Diese Drohung ließ sie einen Moment im Raum hängen, bis Dieter Bennings wieder die Initiative ergriff: »Wollen Sie vor diesem Hintergrund vielleicht noch einmal über Ihre Aussage nachdenken? Hat Herr Paulsen nicht vielleicht doch Herrn Wiese mit seinen Fäusten bearbeitet? Oder waren Sie das, Herr Ottensen?«
»Ich? Wieso ich?«, fuhr Malte Ottensen wie aus einem schlechten Traum hoch. »Ich habe den Wiese nicht angerührt. Das müssen Sie mir glauben!«
»Ich muss Ihnen gar nichts glauben. Ihnen glaube ich nur noch, wenn Sie Ihre Aussage beweisen können«, stellte Dieter Bennings fest. »Also, waren Sie’s?«
»Nein, der Ole …«, stotterte Malte Ottensen los.
Aber Hein Frerich fuhr ihm ins Wort: »Der Ole und wir, wir sind weggefahren, ohne uns weiter um Wiese zu kümmern. Keiner von uns hat ihm ein Haar gekrümmt. Und wir, Herr Kommissar, wir müssen gar nichts beweisen. Wenn Sie uns etwas anhängen wollen, müssen Sie das beweisen. So rum wird ein Schuh daraus! Komm, Malte, wir gehen.«
Die beiden Männer erhoben sich und schoben dabei ihre Stühle rüde und laut zurück.
»Und noch was«, sagte Frerich in gefährlich leisem Ton, »wenn Sie nicht endlich dafür sorgen, dass diese Umweltspinner damit aufhören, uns an den Karren zu fahren, dann machen wir das selbst.«
»Vorsicht, Herr Frerich«, zischte Lena in dem gleichen Tonfall zurück. »Sie sollten von jetzt an dafür beten, dass Herrn Wiese und Herrn Albertsen nichts zustößt, sonst wissen wir nach dieser Drohung, an wen wir uns zu wenden haben.«
Hein Frerich spuckte verächtlich auf den Boden. Dann drehten die beiden Männer sich um und verließen mit dem Zuruf in Richtung Wirt »Schreib’s an!« die Gaststätte.
»Wir hätten dann gerne die Speisekarte«, bestellte Lena unbeeindruckt.
»Tut mir leid, die Küche hat heute zu«, erklärte der Wirt. »Und wir machen dann jetzt auch Mittagspause.« Er wischte mit dem Tuch über den unbenutzten und infolgedessen sauberen Tresen und blickte sie herausfordernd an, bevor er
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