Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Widerstand bot, doch dann wurde es schlagartig hell in der Scheune.
»Der gute alte Elektrik-Trick«, kommentierte er seinen Erfolg. »Was so ein bisschen Licht doch ausmacht.«
Paul Woyke machte zunächst wieder Fotos, dann beteiligten er und Helge Dulz sich an der Suche. Sie räumten ein paar Gartengeräte zur Seite und kramten zwischen Stroh- und Heuballen herum. An einer Wand stand ein alter Kaninchenstall mit drei Gehegen, der zwar vollkommen eingestaubt war, aber als Paul Woyke die Klappen aufzog, bewegten sie sich in den Angeln völlig geräuschlos. Er griff in den mittleren Stall und zog einen länglichen runden Gegenstand heraus, der Ähnlichkeit mit einem zu kleinen Baseballschläger hatte. Nachdem er ihn eingehend inspiziert hatte, tütete er ihn ein und zeigte ihn dann Lena und Bennings. »Ich glaube, ich habe hier was. Seht ihr die Spuren da vorne am Holz? Haare und Blut.«
»Karnickelhaare wahrscheinlich«, winkte Dieter Bennings ab.
»Nein, das sieht mir sehr nach Menschenhaaren aus. Ich werde es gleich fotografieren und heute noch ins Labor schicken. Vielleicht erkennt der Kojenwärter den Gegenstand auf den Fotos.«
»Chef«, meldete sich nun Helge Dulz aus seiner Ecke und zog ein Gewehr zwischen zwei Heuballen hervor.
»Wenn das Paulsens Waffe ist, haben wir die Registrierungsnummer in der Zentralstation«, erklärte Lena. »Das können wir also gleich klären.«
»Gut, das Gewehr geht auch noch heute zum Beschuss nach Flensburg«, versprach Paul Woyke. »Reicht euch das, oder braucht ihr noch mehr Beweise?«
»Sucht die Scheune bitte gründlich ab«, ordnete Dieter Bennings an. »Wir nehmen das Gewehr mit nach Wyk. Hast du einen entsprechend großen Beutel dafür?«
Paul Woyke ging zu seinem Auto und steckte die Waffe in einen durchsichtigen Plastiksack. »Pass mit den Spuren auf«, bat er. »Meine Leute haben keine Lust, immer nur halbe Fingerabdrücke zusammenpuzzeln zu müssen.«
Lena und Dieter Bennings nahmen die Waffe und Woykes Speicherkarte aus der Kamera und stiegen in ihren Wagen. Die Spurensicherer kamen nun auch ohne sie klar – besser als mit ihnen wahrscheinlich.
Als sie in die Zentralstation kamen, zog sich Oberkommissar Hinrichs sofort wortlos hinter seinen Schreibtisch zurück und nuschelte auf Bennings’ lautes »Mahlzeit!« nur einen unverständlichen Gruß zurück. Jens Olufs hingegen wirkte frisch wie immer.
»Die Kollegen Vedder und Groth sind noch draußen bei Wieses Hof«, meldete er. »Die sperren da alles ab, damit niemand durch die Spuren latscht. So’ne Panne wie in der Vogelkoje wollen wir schließlich nicht noch mal verursachen.«
Dabei blickte er grinsend zu Oberkommissar Hinrichs hinüber, der sich noch ein paar Zentimeter tiefer über seinen Schreibtisch zu beugen schien. Lena wunderte sich darüber, dass Olufs so angstfrei war, schließlich wusste er doch genau, dass er in ein paar Tagen wieder mit seinem Vorgesetzten alleine sein würde.
»Melf Albertsen ist noch nicht wieder bei Bewusstsein«, fuhr Jens Olufs fort. »Die Ärzte können auch noch nichts sagen. Dieser Baginski ist dagegen härter im Nehmen, als man denken sollte. Der ist voraussichtlich morgen vernehmungsfähig.«
»Danke, Herr Olufs«, antwortete Lena und wandte sich dann an den Dienststellenleiter. »Herr Hinrichs, sobald die beiden Kollegen wieder hier sind, teilen Sie bitte eine Wechselschicht ein. Wir können im Moment nicht ausschließen, dass Melf Albertsen Rickmers’ Mörder ist. Denn falls dies hier Paulsens Gewehr ist, hat er möglicherweise auch auf ihn geschossen. Wir müssen rund um die Uhr vor Albertsens Zimmer Wache halten. Sobald er transportfähig ist, wird er nach Flensburg überführt.«
Oberkommissar Torben Hinrichs war bei dieser Nachricht sofort aufgesprungen und an den Tresen getreten. Sein Gesicht strahlte etwas unendlich Rechthaberisches aus. »Na also«, dröhnte er los und setzte ein fettes Grinsen auf, das weder Lena noch Dieter Bennings selbst bei diesem Unsympathen für möglich gehalten hätten. »Ich habe doch gleich gesagt, dass das diese Umweltspinner waren.«
»Sie haben Herrn Wiese beschuldigt«, korrigierte Lena unbeeindruckt. »Aber ich will Ihnen Ihren Triumph nicht nehmen. Das ist sicher eine Erfahrung, die Sie nicht allzu oft machen. Herr Olufs, geben Sie mir doch bitte einmal die Waffenbesitzkarte von Ole Paulsen.«
Jens Olufs schob ihr das Gewünschte herüber, und die beiden Hauptkommissare gingen in ihr Büro.
»Dann sind wir die
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