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Leben mit Hochsensibilitaet

Leben mit Hochsensibilitaet

Titel: Leben mit Hochsensibilitaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marletta-Hart Susan
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gar schon Diplome für eine erfolgreiche Geburt vergeben. Das zeigt, wie sehr in Konzepten von Leistung gedacht wird, statt in Konzepten von Erfahrungen – in Konzepten des
Handelns
statt in Konzepten des
Seins
. So sind wir im Yang-Bereich (Energie von Denken, Wollen und Handeln) übers Ziel hinausgeschossen. Und damit ist ein wichtiges Gleichgewicht verlorengegangen. 13
    Leben wird geboren aus der
Verschmelzung des Weiblichen mit dem Männlichen
. Wir können das Prinzip weiterführen: Um gut zu leben, um gesund und glücklich zu sein, brauchen wir beide Qualitäten – Aktivität und Stille, Geist und Körper, Himmel und Erde. Aus dieser Verbindung entstehen alle positiven Kräfte wie Liebe, Selbstbejahung, Mitgefühl und Inspiration. Meiner Erfahrung nach spüren hochsensible Menschen das. Unbewusst oder auch schon bewusst merken sie, dass das Gleichgewicht in ihrem eigenen Innern und in der äußeren Welt gestört ist. Das ist natürlich keine Überraschung. Schließlich leiden sie selbst am meisten darunter.

    Während des Interviews mit Ramon und seiner Freundin Anke bemerke ich, dass die Energie nach oben geht. Ramon beginnt, sich am Nacken zu reiben, dreht den Kopf hin und her und gibt irgendwann zu verstehen, dass er etwas Ruhe braucht. Anke bekommt zunehmend rötere Wangen, während sie über ihrer beider Hochsensibilität berichtet. Sie versucht, die Füße bewusst auf dem Boden zu halten, doch irgendwie gelingt es beiden nicht, gut geerdet zu blieben. Wir sprechen darüber und suchen nach Ursachen. Spannung aufgrund des Interviews, die vielen schwierigen Fragen … zusätzlich zu einer weiteren bekannten Ursache. Da beide sich der Bedeutung des Geerdet-Seins bewusst sind, geben sie rechtzeitig ihr Unwohlsein zu erkennen und versuchen, etwas daran zu ändern. Das ist prima. Selbst wenn es nicht immer klappt, ist es doch besser zu wissen, dass man ungeerdet ist, als dass man wie ein Kopf ohne Körper losstürmt und seine Energievorräte einbüßt. Bewusstwerdung ist der erste Schritt.
    Ich selbst war auch lange Zeit wenig geerdet. Meinem Körper war ich nicht sonderlich nah, schwebte sozusagen über dem Boden. Träumen, Phantasieren, Grübeln, das konnte ich ausgezeichnet. Ich hatte die schönsten kreativen Ideen und tolle Pläne. Doch aus dem einen oder anderen Grund setzte ich sie nie um. Ich glaubte, man werde mir nicht gerecht. Ich fühlte mich benachteiligt. Warum gelang mir nicht, was anderen gelang? Häufig ging es mir nicht gut, ich wurde von Gefühlen überwältigt, war depressiv und verzweifelt. Scheinbar unbedeutende Situationen warfen mich aus der Bahn, holten mich gewissermaßen von meinem Sockel. In dieser Zeit fiel mir auch etwas anderes auf: In den Tanzstunden, an denen ich teilnahm, kam ich gut mit, doch wenn wir eine Gleichgewichtsübung machten, fiel ich stets auf die Nase. Es war, als säßen meine Füße nicht fest an meinen Beinen. Mein Körper schwankte unkontrollierbar auf meinen Fußgelenken hin und her.
    Ein Jahr lang saß ich buchstäblich am Boden. Ich lernte die Techniken der Shiatsu-Massage. Dabei befindet man sich meistens auf einem
Futon
, einer Matte auf dem Fußboden. Für einen Shiatsu-Behandlerist es vielleicht am wichtigsten, gut in sein
Hara
, sein Energiezentrum, zu kommen. Dazu bringt man den Fokus der Aufmerksamkeit unter den Nabel, als würde man den Körperschwerpunkt dorthin legen. Eine hockende Sitzhaltung, beziehungsweise die
Seiza
-Haltung, hilft dabei. Die Seiza-Haltung ist die traditionelle japanische Art, auf den Fersen zu sitzen. Sie hängt besonders mit dem Element Erde zusammen. Aus dieser Haltung heraus kümmert sich ein traditioneller ostasiatischer Arzt um seinen Patienten. Die Seiza-Haltung, den Fokus aufs Hara gerichtet, hilft, sich besser auf seine Intuition einzustellen. Sie bringt Ruhe in den eigenen, meist unruhigen Stoffwechsel. Ein Shiatsu-Therapeut muss Energie fühlen können. Dafür ist wichtig, dass er zur Ruhe kommt und seine eigene Energie aus dem Kopf in einen tiefer gelegenen Punkt bringt, an dem – sozusagen – die Intuition wohnt. Das ist von grundlegender Bedeutung. Das Gefühl, geerdet zu sein, ist lokalisierbar. Man kann den entsprechenden Bereich im Körper fühlen. Das musste ich aber erst einmal „verdauen“. Wir machten Bodenübungen, um dorthin zu gelangen. Über den Boden krabbeln, wie kleine Kinder, unsere eigenen Füße massieren und in der Seiza-Haltung sitzen. Alles dicht am Boden. Als ich dann die Erdung fand,

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