Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
Hieroglyphen entziffern. Verärgert verdeckte ich das Geschriebene nach wenigen Sekunden wieder mit lockerem Sand.
Dieses Mal war Jan es, der mit den Schultern zuckte und ein „Du wirst schon noch sehen …“, murmelte.
Ich verdrehte meine Augen und stemmte mich hoch, um mich aus dem Sand zu erheben. Meine Füße waren mittlerweile kalt geworden. Jan beobachtete mich noch einen Moment, bevor er sich wieder zu den anderen gesellte. Kevin und den Dunkelhaarigen konnte ich nirgends mehr finden. Gedankenverloren blickte ich auf das weite Meer und spürte, dass ich mal wieder zu viel getrunken hatte und mich daher kaum aufrecht halten konnte.
All die anderen schienen ebenfalls nicht mehr nüchtern zu sein. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als zurück in meine Wohnung zu gelangen und mich auf meiner geliebten Couch niederzulassen.
Ich hielt weiterhin Ausschau nach Kevin, doch war er wie vom Erdboden verschluckt. Benommen torkelte ich auf das Meer zu und ließ mich nur wenige Meter davor zurück in den Sand fallen. Ich winkelte meine Beine an und blickte verlassen in das weite Schwarz, das sich vor mir befand, und versank in der unendlichen Ferne. Immer wieder versuchte ich, ein paar klare Gedanken zu fassen, was mir selbst mit großer Mühe nicht mehr gelang. Es fiel mir schwer, meine Augen geöffnet zu halten, bis ich ganz plötzlich aus meinem Selbstbeherrschungsversuch gerissen wurde.
„Hey!“, wurde ich begrüßt.
Ich wandte mich zur Seite und fand Stefan vor. Es war der große Dunkelhaarige, der mich beim Ankommen mit einem Handschlag begrüßt hatte. Seinen gut gebauten Körper hatte er um die späte Uhrzeit hinter einer schwarzen Jacke versteckt. Seine dunklen Augen blickten in die meinen. Ich seufzte, griff nach einem Stein und warf ihn mit aller Kraft ins Wasser.
„Hattest du schon mal Sex?“
Ich traute meine Ohren nicht, ließ den nächsten Stein erschrocken fallen und starrte Stefan mit großen Augen an. Der Alkohol sorgte dafür, dass ich keine allzu klaren Umrisse mehr erkennen konnte.
„Mit ’nem Kerl, mein ich?“, fügte er hinzu und beobachtete jede meiner Gesten erwartungsvoll.
Ich schluckte und dachte kurzzeitig darüber nach, überhaupt nicht zu antworten. Mein Gegenüber schien kaum etwas getrunken zu haben. Schließlich verneinte ich die Frage mit einem zurückhaltenden Kopfschütteln.
„Kannst du’s dir denn vorstellen?“
Ich zuckte mit den Schultern. Erst die vielen Bemerkungen und Fragen Jans und nun nochmals ein ganz ähnliches Spiel. Ich kam mir reichlich dämlich vor. Ich wusste nicht einmal, ob ich überhaupt auf Männer stand und wurde mit Fragen konfrontiert, welche diese Tatsache voraussetzten.
Ohne weitere Vorwarnung zog der neben mir Sitzende meine Hand an sich, um sie in seinen Schritt zu pressen.
„Und, wie fühlt sich das an?“
Sein Grinsen widerte mich an. Ich riss meine Hand frei und wollte aufstehen, doch hielt der Muskulöse mich fest und öffnete mit seiner freien Hand den Hosenstall seiner Jeans: „Stell dich doch nicht so an!“, forderte er mich auf.
Wütend sog ich die salzige Meerluft ein und befreite mich aus Stefans festem Griff. In genau diesem Moment tauchte Kevin hinter uns auf. Er schaute Stefan und mich abwechselnd an, erblickte den geöffneten Hosenstall und legte seine Stirn dabei in skeptische Falten.
„Immer zum richtigen Zeitpunkt, der Herr!“, grinste Stefan, zog seinen Reißverschluss wieder zu und richtete sich auf.
„Wir sehen uns sicher mal wieder“, verabschiedete er sich und kehrte zurück zum Rest der Truppe.
Kevin blickte Stefan noch eine ganze Weile nach, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder mir widmete.
„Was war das denn?“, fragte Kevin streng und sah mir fest in die Augen.
Ich zuckte mit den Schultern und wusste, dass ich mich wehren könnte, doch nutzte ich das Geschehene aus und tat so, als sei alles gewollt gewesen. Am liebsten hätte ich seine Frage an ihn zurück gerichtet, doch griff ich lieber erneut zu einer Handvoll Steinen und warf sie im Sekundentakt in die mit mickrigen Schaumwellen bedeckte Ostsee.
„Wir sollten nach Hause fahren“, sagte Kevin nach einigen Minuten des Schweigens.
Noch vor weniger als einer halben Stunde hatte ich mich nach meiner Wohnung gesehnt. In jenem Moment wünschte ich mir jedoch nichts mehr, als in meiner Position zu verharren, in der Hoffnung, dass der gesamte Abend ein schlechter Traum gewesen sein könnte.
Ich ignorierte meine wirren Gedanken und erhob mich auf
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