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Leben und Schicksal

Leben und Schicksal

Titel: Leben und Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Grossman
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Stellen von den Wänden, das Wasser musste in Eimern in den zweiten Stock hinaufgeschleppt werden, geheizt wurde mit einem kleinen Blechofen. Eines der Zimmer hatte man abgesperrt, die Küche, die nicht benutzt wurde, diente als Vorratskammer für Brennholz und Kartoffeln.
    Stepan Fjodorowitsch, Vera mit ihrem Kind und Alexandra Wladimirowna, die aus Kasan gekommen war, wohnten in dem großen Raum, der früher das Speisezimmer gewesen war. In dem kleinen Zimmerchen neben der Küche, das einmal Vera gehört hatte, wohnte jetzt der alte Andrejew.
    Stepan Fjodorowitsch hatte im »Stalgres« genügend Handwerker und Baumaterialien zur Verfügung, um die notwendigen Reparaturen an den Decken und Wänden durchführen und Ziegelöfen mauern lassen zu können.
    Aber der sonst so geschäftige und energische Stepan Fjodorowitsch wollte diese Arbeiten aus irgendeinem Grund nicht angehen.
    Offenbar schien es für Vera und Alexandra Wladimirowna leichter zu sein, inmitten dieser Verwüstungen zu leben. Das Vorkriegsleben war ja zerstört – wozu sollte man die Wohnung wiederherstellen und sich an das erinnern, was unwiederbringlich vergangen war?
    Einige Tage nach Alexandra Wladimirownas Ankunft kam Natalja, die Schwiegertochter von Andrejew, aus Leninsk. Sie hatte sich in Leninsk mit der Schwester der verstorbenen Warwara Alexandrowna zerstritten, ihren Sohn für eine Weile bei ihr gelassen und war allein ins »Stalgres« zu ihrem Schwiegervater gekommen.
    Andrejew wurde beim Anblick seiner Schwiegertochter böse. »Du hast dich schon mit Warwara nicht vertragen, und jetzt verträgst du dich mit ihrer Schwester nicht. Wie konntest du nur Wolodja alleinlassen?«
    Anscheinend war das Leben für Natalja in Leninsk sehr schwer gewesen. Sie betrat Andrejews Zimmer, begutachtete die Decke, die Wände und sagte: »Wie schön!« – obwohl an dem von der Decke herabhängenden Unterputzgeflecht, an dem Haufen Putzbrocken in der Ecke und dem hässlichen Rohr nun wirklich nichts Schönes war.
    Das Licht gelangte durch eine kleine Glasscherbe ins Zimmer, die in die Sperrholzplatte im Fenster eingesetzt war.
    Durch dieses selbstgebastelte Fensterchen bot sich ein trauriges Bild – ringsum nur Trümmer, Mauerreste, die von Stockwerk zu Stockwerk verschieden gestrichen waren: blau und rosa, zerfetzte Dachabdeckungen aus Blech.
    Nach ihrer Ankunft in Stalingrad war Alexandra Wladimirowna krank geworden. Deshalb hatte sie die Fahrt in die Stadt verschieben müssen, wo sie ihr zerstörtes, abgebranntes Haus besichtigen wollte.
    Trotz der Krankheit half sie Vera in den ersten Tagen – sie heizte den Ofen, wusch, trocknete die Windeln über dem Ofenrohr, trug Verputzbrocken auf den Treppenabsatz hinaus, versuchte sogar, Wasser heraufzuschleppen.
    Aber es ging ihr immer schlechter; selbst im gutgeheizten Zimmer fröstelte sie, in der kalten Küche trat ihr plötzlich der Schweiß auf die Stirn.
    Sie wollte auf den Beinen bleiben und sich der Krankheit nicht beugen, klagte nicht über ihr schlechtes Befinden. Aber eines Morgens, als sie Brennholz aus der Küche holen wollte, verlor Alexandra Wladimirowna das Bewusstsein, stürzte und verletzte sich am Kopf. Stepan Fjodorowitsch und Vera brachten sie ins Bett.
    Alexandra Wladimirowna holte Luft, rief Vera zu sich und sagte: »Weißt du, bei Ljudmila in Kasan war es für mich viel schwieriger gewesen als hier bei euch. Ich bin nicht nur euretwegen hierhergekommen, sondern auch um meiner selbst willen. Ich befürchte nur, dass du dich mit mir abplagen musst, bis ich wieder auf die Beine komme.«
    »Großmutter, ich bin so froh, dass du bei uns bist«, sagte Vera.
    Aber Vera hatte tatsächlich eine sehr schwere Zeit. Alles war nur unter großen Mühen zu bekommen: Wasser, Holz, Milch. Draußen schien die Sonne warm, aber in den Zimmern war es feucht und kalt, man musste viel heizen.
    Der kleine Mitja hatte offenbar Magenschmerzen, weinte nachts, die Muttermilch reichte nicht aus. Den ganzen Tag verbrachte Vera zwischen Zimmer und Küche, holte Milch und Brot, wusch Wäsche, spülte Geschirr, schleppte Wasser nach oben. Ihre Hände waren rot, das vom Wind gegerbte Gesicht bekam Flecken. Vor Müdigkeit und Überarbeitung lastete eine bleierne Schwermut auf ihrem Herzen. Sie kämmte sich nicht, badete selten, schaute nicht in den Spiegel, das schwere Leben drückte sie zu Boden. Sie wollte eigentlich nichts als schlafen. Spätabends sehnten sich die schmerzenden Hände, Beine und Schultern nach Ruhe. Sie

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