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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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sich unter die Herren, welche am Kamin standen, und beobachtete die Veaudremont aus dem Hintergrunde mit Blicken der glühendsten Eifersucht. Sein Nebenbuhler schien ihm gefährlich, und er glaubte demnach, nicht mit Sicherheit auf die Beständigkeit seiner Angebeteten rechnen zu dürfen, als die Gräfin mit kalter Höflichkeit sich zu ihrem Begleiter dankend wandte, mit einer reizenden Bewegung der Hand ihn verabschiedete und sich auf einem Sofa zu der Gräfin Gondreville niederließ.
    Aber der Graf von Soulanges tat, als ob er nichts hörte noch sehe, blieb unbeweglich vor ihr stehen und betrachtete aufmerksam die glänzende vierfache Reihe der Damen. Martial war noch von keinem Blicke der schönen Gräfin begünstigt, die sich um keinen einzigen ihrer Anbeter zu kümmern schien. Die Ruhe seines Gegners brachte ihn völlig außer sich; ungeduldig trat er aus seinem Hintergrunde hervor, um seine Dame zu begrüßen. Der Graf sah ihn mit einem spöttischen Blicke an und wandte verächtlich das Haupt, daß jener wie versteinert stehen blieb.
    Die Neugier der Anwesenden war auf den höchsten Gipfel gestiegen. Jedermann erwartete oder fürchtete einen Auftritt, der dem Feste keineswegs geziemte.
    Plötzlich aber schrak der Graf sichtlich zusammen, errötete, senkte die Augen, um seine Bewegung zu verbergen, sodann entzog er sich den Blicken und eilte in eines der nahen Spielzimmer. Niemand erriet den Grund seiner Erschütterung; zufällig aber hatte er die schöne Unbekannte bei dem Kandelaber sitzen sehen, und dieser Anblick übte den beschriebenen Einfluß auf ihn aus.
    Martial dachte nicht anders, als der Graf habe ihm gutwillig den Platz eingeräumt, der ihm, als dem begünstigteren Nebenbuhler, zukam, und nahm stolz den Sitz zur anderen Seite der Gräfin ein. Diese flüsterte ihm unter ihrem Fächer zu: »Martial! Tragen Sie mir zu Gefallen heut den Diamantring nicht, den Sie von mir haben; Sie sollen wissen, weshalb, wenn Sie mich nachdem zur Prinzessin von Wagram begleiten.«
    Er hörte kaum, was sie ihm sagte, denn sein Auge ruhte ebenfalls auf der schönen Unbekannten. –
    »Warum haben Sie auch die Hand des verhaßten Grafen angenommen?« fragte er.
    »Ich traf ihn auf der Treppe,« antwortete sie – »aber gehen Sie, denn man ist aufmerksam auf uns.«
    »Ich bin stolz darauf!« versetzte Martial, dennoch erhob er sich und ging.
    Was Martial beim Anblick der Unbekannten beunruhigt hatte, daß er die Worte seiner Geliebten überhört, war folgendes:
    Der verwegene Kürassier-Obrist war bereits der dritte, den die Gegenwart dieser Schönen zu ungewöhnlichen Unternehmungen aufforderte, und schien jetzt einen glücklichen Angriff auf sie ausführen zu wollen. Des Tanzes halber standen eine Menge Stühle ledig, und mit vieler Geschicklichkeit wandte sich der kühne Krieger durch die Pallisadenreihe, mit bunten Schals, gestickten Tüchern usw. bedeckt, eine Verschanzung, welche nur sehr schwach von einigen Müttern und ältlichen Damen, welche dem Tanze schon lange entsagt hatten, verteidigt wurde.
    Er begrüßte bald diese, bald jene Gräfin-Mutter, und von Komplimenten zu Komplimenten und Grüßen zu Grüßen gelangte er endlich in die Nähe der Unbekannten, und nachdem er herzhaft dem Feuer widerstanden, welches der Kandelaber mit geschmolzenem Wachse auf ihn niederspie, gelang es ihm, zu Martials größtem Mißvergnügen, den leeren Sitz bei der Schönen einzunehmen.
    Er war viel zu gewandt, um sie ohne weiteres anzureden, sondern wandte sich zu der Nachbarin rechts, welche übrigens häßlich genug war, mit den Worten:
    »Ein schöner Ball! welche Eleganz! welche Heiterkeit überall, und wahrlich, lauter schöne Damen. – Sie allein tanzen nicht! – Ist das böser Wille?« – Vergebens wandte der Offizier seinen Reichtum von Phrasen auf, welche alle auf den Übergang: »Aber Sie, Madame,« zielten, um die schöne Unbekannte so anzureden; diese widmete dem Obristen nicht das leiseste Zeichen der Aufmerksamkeit. Die häßliche Nachbarin zur Linken nahm das Gespräch auf und erklärte mit vieler Weitläufigkeit, daß man in ihrem Alter die häuslichen Freuden den rauschenden Gesellschaften vorzöge. Der Obrist bestritt es und behauptete, daß nur ein höheres Alter diesen Grundsatz rechtfertige; die Nachbarin zur Linken erwiderte, diese Grundsätze wären zu einer glücklichen Ehe erforderlich, worauf die Unbekannte mit Teilnahme zu hören schien.
    Da wagte der Obrist endlich die Frage: »Madame sind wohl

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