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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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22
    Zum gefühlt hundertsten
Mal drehte Tony sich um, schob das ungewohnte Kissen zusammen und befreite ihre
Beine aus den verhedderten Laken. Das Gästezimmer, das Etienne und Jan im
Dachgeschoss hergerichtet hatten - Tony hegte den Verdacht, dass es speziell
für Besuche von Lukas und ihr eingerichtet worden war - hatte sich als
gemütlich und klimatisiert erwiesen. Das Bett war bequem und das Bad geradezu
luxuriös. Was nichts daran änderte, dass Tony keinen Schlaf fand.
Nach der ganzen Aufregung hatte sie, nach dem Wein, nichts mehr getrunken.
Jetzt plagten sie ein trockener Mund und ernsthafter Durst. Natürlich könnte
sie einfach ins Bad gehen und Leitungswasser trinken. Aber wer mochte wissen,
was sich alles in den alten Leitungen dieses Stadthauses tummelte?
    Schließlich
beschloss sie, dass es keinen Sinn hatte, sich länger herumzuwälzen. Wenn sie
so weiter machte, würde sie nur Lukas aufwecken. Er war beim Zubettgehen so
angespannt gewesen, unzufrieden und ruhelos. Erst nachdem sie sich geliebt und
er von ihr getrunken hatte, war er ruhiger geworden und endlich erkannte sie an
seinen gleichmäßigen Atemzügen, dass er einschlief.
    Sie schlug das
Laken zurück und setzte sich auf, tastete nach ihrem Schlafanzug, der noch
unbenutzt auf dem Stuhl neben ihrer Bettseite lag.
Die Matratze bewegte sich fast unmerklich und eine warme Hand strich ihre
Wirbelsäule hinab. Sie legte den Kopf in den Nacken, genoss die Berührung.
„Ich wollte dich nicht aufwecken.“
Lukas rückte näher an sie heran. Seine Lippen berührten ihre Schulter. „Wo
willst du hin?“
„Ich habe solchen Durst, dass ich nicht einschlafen kann.“
Sein Atem strich an ihrer Kehle vorbei. „Verlass auf keinen Fall das Haus.
Bitte!“
Tony nickte. „Tu ich nicht.“ Sie spürte, wie er sich auf das Bett zurücksinken
ließ.
    Tony schaltete
die Nachttischlampe an und schlüpfte zuerst in ihr Shorty, dann in einen
knielangen Morgenmantel. So stieg sie die Treppe zum dritten Stock hinunter.
Vor Etiennes Wohnungstür zögerte sie. Die Vorstellung, versehentlich ins
Schlafzimmer des Bluttrinkers zu stolpern, erschien ihr mehr als peinlich.
Lieber ging sie noch eine Treppe weiter. Bei Jan wusste sie, wie sie in die
Küche kam.
    Die altmodische
Eingangstür war unverschlossen und sie trat in den schwachen Schein eines
Nachtlichts. Tony tappte durch den Flur – und schrie unwillkürlich auf, als
etwas Weiches unter ihrem Fuß sich mit erschreckender Geschwindigkeit bewegte,
während es ein heiseres, bestialisches Fauchen ausstieß.
Tony sprang zur Seite und stolperte zwischen die Jacken, die an der Garderobe
hingen. Sie war einer der Katzen auf den Schwanz gestiegen – beinahe zumindest,
denn das Tier schien unverletzt, wenn auch äußerst wütend. Bernsteinfarbene
Augen funkelten sie von einer Dielenkommode aus boshaft an. Der Körper des
Tieres lauerte in Angriffsstellung. Fielen Katzen Menschen an?
    Die zweiflügelige
Tür zum Wohnraum stand offen. Eine Tischlampe flammte auf und schuf eine Insel
aus gelblichem Licht. Jan erhob sich aus einem der Sessel.
„Du würdest eine lausige Einbrecherin abgeben“, bemerkte er.
„Dann ist ja gut, dass ich nur ein Glas Wasser wollte. Hoffentlich habe ich
Steed nicht wehgetan.“
„Ich glaube, das war Mrs. Peel.“
Er verstummte und Tony ahnte, was ihm auf der Zunge lag. Thomas hatte
wahrscheinlich nie Schwierigkeiten, die beiden Miniaturraubtiere
auseinanderzuhalten.
Sie wollte auf ihn zugehen, ihn berühren und eine von diesen dummen Fragen
stellen.
Wie geht es dir? Kann ich irgendetwas tun?
Was Menschen eben so sagten, wenn sie keinen Rat wussten.
Jans abweisende Miene ließ sie schweigen. Stattdessen folgte sie ihm in die
Küche. Er stellte ein Glas und eine Mineralwasserflasche auf den Tresen.
„Nimm das am besten mit nach oben.“ Seine Stimme klang neutral, freundlich und
hielt sie unmissverständlich auf Distanz. Tony biss sich auf die Lippe.
„Du solltest jetzt nicht allein sein“, brachte sie hervor.
Jan verzog den Mund zu einem Lächeln. Es erreichte seine Augen nicht.
„Du machst dir unnötig Sorgen. Ich bin kein Mensch. Ich brauche keine
Gesellschaft. Du kennst mich nicht besonders gut, Tony.“
Sie schluckte. So sanft seine Stimme auch klang, die Abfuhr zwang sie, seinem
Blick auszuweichen. Er hatte recht. Was wusste sie schon? Für einen Bluttrinker
war es nichts Ungewöhnliches, im Dunkeln zu sitzen. Nicht so, wie für einen
Menschen. Sie griff nach der

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