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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Blatt Papier und Thomas Gesicht
und Statur hin und her.
„Das kann nicht sein! Der Anteil der kannibalischen Erythrozyten würde in
diesem Fall unter fünf Prozent betragen. Der Erste war bisher der Jüngste, und
selbst er hatte über fünfzig Prozent.“ Er musterte Thomas, als wäre er ein
Fleck auf seinem Teppich. „Wenn dieses Ergebnis wirklich stimmt, hat der hier
so wenig verwertbares Material im Blut, dass sich das Filtrierverfahren kaum
lohnt. Was für ein Reinfall! – Wie alt bist du?“
„Zweiundzwanzig.“
Walser schlug Thomas ins Gesicht, dass es klatschte.
„Lüg mich nicht an! Denk nicht, ich hätte nicht Mittel und Wege, einen wie dich
zum Reden zu bringen!“ Er griff hinter das Gestell der Lampe, die
augenblicklich aufflammte.
Thomas Augen waren nun an Helligkeit gewöhnt, er fühlte sich kaum geblendet.
Aber er verstand diese Aktion jetzt und sie machte ihn wütend. Offenbar gaben
diese dunklen Glühbirnen UV-Strahlung ab. Einen Bluttrinker konnte man damit
blenden, auf Dauer womöglich sogar ernsthafte Verbrennungen zufügen.
Thomas kniff nur leicht die Augen zusammen und drehte den Kopf, soweit es ihm
möglich war.
Eine schwere Tür öffnete sich und Männerschritte kamen näher.
„Ah, Charles! – Geht das nicht schneller?“
Der Mann blieb außerhalb von Thomas Sichtfeld.
„Tut mir leid, Herr Professor.“ Die männliche Stimme klang jünger als Walser,
nervös und unterwürfig. „Manche Untersuchungen brauchen einfach ihre Zeit.
Alleine die Kulturen ...“
Walser winkte ab. „Wie es aussieht, haben wir hier ohnehin nicht das große Los
gezogen. Dennoch: Wir müssen diesem Exemplar so viele Erkenntnisse abgewinnen
wie möglich. Er hat grade behauptet zweiundzwanzig Jahre alt zu sein und er
scheint nicht besonders intensiv auf UV-Srahlung zu reagieren. Möglicherweise
ist er in Wirklichkeit sehr jung und die Lichtreaktion entwickelt sich erst mit
den anderen Symptomen.“
    Ein rundliches
Gesicht mit dünnem, blondem Haar, das fettig am Schädel klebte, rückte nah an
Thomas heran. Blassblaue Augen studierten ihn, als wäre er eine spannende
Versuchsanordnung.
„Er ist weniger muskulös als die Anderen. Selbst für einen Menschen wäre er
unterdurchschnittlich groß und schmächtig. Das würde für ein sehr junges
Exemplar sprechen. Aber …“ Eine dickliche Hand betatschte seine Wangen.
Unwillkürlich versuchte Thomas zurückzuweichen. „Er hat einen deutlichen
Bartwuchs und seiner äußeren Erscheinung nach klingen zwanzig Jahre durchaus
realistisch. Das passt nicht zusammen. Außerdem liegen seine Testosteronwerte
im Normbereich. Unsere bisherigen Probanden wiesen alle einen um das
zweieinhalb- bis dreifache erhöhten Wert auf. Auch sein Adrenalinspiegel ist
normal. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wie sich die
Einschusswunde geschlossen hat ...“
    Einschusswunde? Thomas hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Ihn schauderte innerlich, da
er nun sicher war, dass diese Sterblichen die toten Jungs als Versuchskaninchen
benutzt hatten.
Er hatte geglaubt, er wäre durch einen Schlag auf den Kopf besinnungslos
geworden. Doch bei genauerem Nachdenken konnte das nicht stimmen. Nicht, wenn
sie ihn für einen Bluttrinker hielten.
Selbst ein sehr junger Vampir wäre so nicht auszuschalten gewesen. Allerdings
hatte er von einem Schuss nichts mitbekommen, fühlte, außer langsam verblassendem
Kopfweh, keine Schmerzen. Seine erzwungen reglose Körperhaltung verursachte ihm
verkrampfte Muskeln und der Druck auf der Brust, der ihm nur flache Atemzüge
erlaubte, war äußerst unbehaglich. Das war alles.
    Walser fiel
Charles ins Wort. „Nein, vergessen sie es. Das ist kein Mensch.“
Thomas kniff skeptisch die Augen zusammen. Warum hatten die gefangenen
Bluttrinker diese Sterblichen nicht einfach unter ihre geistige Kontrolle
gebracht? Er selbst war kein besonders guter Telepath, obgleich er es hätte
sein können, wie Jan und Etienne behaupteten, wenn er regelmäßig üben würde.
Doch er empfand sogar die gelegentlichen, zufälligen Eindrücke, die er von
seiner Umgebung auffing, als eher lästig. Üblicherweise erfasste er die
Grundstimmung seines Gegenübers, Emotionen wie Freude, Langeweile oder Angst,
ganz intuitiv. In diesem Raum war nichts!
Neugierig geworden konzentrierte er sich stärker. Wenn er sich wirklich
anstrengte, gelang es ihm oft, den wesentlichen Gedankeninhalt anderer Menschen
zu erfassen. Doch diese drei Sterblichen hätten ebenso gut Luft sein

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