Lebensstrahlen
dieser Monsieur Bigot.
Sollte er sich Spranger gegenüber offenbaren? Interessieren würde es ihn gewiß. Aber ebenso sicher würde es auch den Bruch mit Eisenlohr, den Verlust seiner Stellung hier bedeuten
…
»Herr Doktor Eisenlohr bestimmt die Art unserer Arbeiten«, entgegnete Bruck ausweichend.
»Haben Sie keinen Einfluß auf ihn?« fragte Spranger.
Bruck schüttelte den Kopf. »Er ist der Chef. In das Arbeitsprogramm läßt er sich nicht hineinreden.«
Spranger zuckte die Achseln. »Schade. Ich würde lieber mit Eisenlohr als mit Monsieur Bigot zusammengehen.«
»Sie würden zweifellos besser dabei fahren«, erwiderte Dr.
Bruck und brach jäh ab, als habe er schon zuviel gesagt. Auch Spranger schwieg, bis sie den Flugplatz erreichten.
Ein kurzer Abschied. Spranger stieg in das Flugzeug. Dr.
Bruck machte sich auf den Heimweg. Er konnte das bedrückende Gefühl nicht loswerden, daß er soeben die größte Chance seines Lebens verpaßt habe.
In Ihlefeld hielt er vor dem Postamt. Eine Frage kostet ja nichts, ging’s ihm durch den Sinn. Am Schalter erkundigte er sich, ob etwas Postlagerndes für ihn da wäre.
Der Beamte griff in ein Fach. »Jawohl, Herr Doktor, hier ist etwas für Sie«, und er drückte ihm ein Schreiben in die Hand.
Mit einem kurzen »Danke!« empfahl sich Bruck und stieg wieder in seinen Wagen. Erst dort besah er sich den Brief genauer.
Ein Absender war nicht darauf vermerkt, die Marken waren in Aachen abgestempelt.
Ungeduldig riß er den Umschlag auf. Las und stutzte schon bei den ersten Zeilen.
Das Schreiben kam von Bigot, aber vorsichtig war der Herr, das mußte man ihm lassen. Offenbar liebte er es nicht, seine Briefe im internationalen Postverkehr eine Grenze passieren zu lassen, und hatte Mittelsmänner an der Hand, die sie in einen deutschen Briefkasten beförderten. Auch der Text des Schreibens war so gehalten, daß ein Uneingeweihter kaum etwas Verdächtiges herauslesen konnte.
Dr. Bruck hielt den Platz hier vor dem Postamt nicht für den geeigneten Ort, um das Schreiben zu studieren. Erst als Ihlefeld einige Kilometer hinter ihm lag, hielt er wieder an und machte sich in aller Ruhe an die Lektüre.
»Das Korn ist reif«, schrieb Bigot. »Um es zu schneiden, braucht man eine Sense, eine Sichel genügt nicht.«
Im weiteren Verlauf des Textes schlug Bigot ihm ein Gentleman’s Agreement vor. Halbpart bei allen Gewinnen, aber dafür von Seiten Brucks Röhrenzeichnungen und genaue elektrische Angaben. Genau betrachtet war das Ganze eigentlich schon ein vollständiger Vertrag mit vielen Paragraphen, und da er bereits die Unterschrift Bigots trug, brauchte ihn Bruck nur noch zu bestätigen, um ihn rechtsgültig, zu machen.
Aber war dieser Vertrag etwas wert? Bruck konnte seiner Zweifel nicht Herr werden. Unwillkürlich kam ihm das Wort vom betrogenen Betrüger in den Sinn. Sein Gesicht war sorgenvoll, als er das Schreiben in seine Brieftasche steckte und den Wagen wieder in Gang setzte.
*
Früher als das Flugzeug erreichte die Funkdepesche, in der Spranger seine Ankunft ankündigte, die französische Hauptstadt. Schon auf dem Pariser Flugplatz empfing ihn sein Partner James Kelly.
»Großartig, Spranger, daß Sie gleich gekommen sind! Ich bin mit Monsieur Bigot inzwischen ein gutes Stück weitergekommen. Für heute abend haben wir einen neuen Versuch verabredet. Ich hoffe, er wird auch Sie überzeugen.«
»Wir werden sehen, Kelly«, sagte Spranger vieldeutig.
Ein ungemein vornehmer Diener nahm den Herren Kelly und Spranger um die achte Abendstunde in der Rue Saint Antoine Mäntel und Hüte ab.
»Ich heiße Sie willkommen, meine Herren!« begrüßte Monsieur Bigot seine Gäste. »Darf ich Sie mit Mister Hartford bekanntmachen, Mister Spranger?« fuhr er fort. »Mister Hartford ist ein Landsmann von Ihnen. Er hat sich als wissenschaftlicher Experte in selbstloser Weise für die Überwachung der Versuche zur Verfügung gestellt.«
Im Laboratorium Eisenlohrs standen sämtliche Apparaturen auf einem glatten Steinboden, hier dagegen auf schwellenden Teppichen. Dort gab es nur einfache Stühle und Schemel, während hier bequeme Polstermöbel zum Sitzen einluden. Hier hingen wertvolle Ölgemälde an den Wänden. Und noch etwas anderes fiel ihm auf. Der Raum um die Strahlröhre und die Elektronenbank war durch eine von Messingsäulen getragene starke Kordel aus roter Seide abgesperrt. Etwas Derartiges hatte er in Eisenlohrs Laboratorium nicht gesehen.
Er legte die Hand auf
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