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lebt gefaehrlich

lebt gefaehrlich

Titel: lebt gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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sie empört.
Schulterzuckend unterbrach er sie. »Natürlich können Sie Ihren Konsul verständigen, aber Sie dürfen weder Istanbul, noch das Hotel Itep verlassen, bis wir uns restlos von Ihrer Unschuld überzeugt haben.« Etwas freundlicher fuhr er fort: »Wahrscheinlich können wir Ihnen schon morgen nachmittag Ihren Paß zurückgeben. Falls sich Ihre Angaben als richtig erwiesen haben. Sie dürfen jetzt in Ihr Hotel zurückkehren, bitte.« Er gab ihr nicht die Hand. Der andere Mann nickte knapp, und Mrs. Pollifax war entlassen.
Mrs. Pollifax wurde im Polizeiwagen zu ihrem Hotel gebracht. Sie fühlte sich verlassen und ausgestoßen. Das Treffen mit der FerenciSabo war gelungen - das zumindest stand fest. Aber dann war die Frau verschreckt geflohen, und ihr selbst hatte man den Schimpf angetan, ihr für vierundzwanzig Stunden den Paß abzunehmen. Was sollte sie jetzt tun? Morgen abend um dieselbe Zeit in der Hotelhalle erscheinen? Sie konnte sich lebhaft das Gesicht des Offiziers Bey ausmalen, wenn er sie ein zweites Mal um dieselbe Zeit mit demselben Exemplar ›Vom Winde verweht ‹ dort sah. Vorläufig gab sie sich zwar noch nicht geschlagen, aber sie fühlte sic h doch ziemlich entmutigt und ratlos.
Vor sich sah sie das Hotel im Licht der grellen Neonreklame.
Irgendwo in dieser Gegend war der andere namenlose Agent von einem Auto an die Wand gedrückt worden. Mrs. Pollifax beugte sich vor. Das Taxi vor ihr fuhr langsamer. schwenkte ein und blieb vor dem Hotel Itep stehen. Henry Miles stieg aus. Der liebe Henry, dachte sie bewegt. Was er sich wohl dabei gedacht hatte, als sie zur Polizeizentrale gebracht worden war?
Sein Taxi fuhr ab. Plötzlich schnitt ein anderes Ta xi den Polizeiwagen, in dem sie saß, und hielt vor dem Hoteleingang. Ein Mann sprang in höchster Eile heraus, zerrte einige Banknoten aus der Tasche, schob sie dem Fahrer durchs Fenster zu und rannte zum Hotel. Aber dann unterbrach er seine Eile. Er blieb stehen, steckte die Hände in die Taschen und schlenderte höchst gleichgültig über den Gehsteig ins Hotel. Er hatte Henry Miles im Hotel verschwinden sehen.
Er geht Henry nach! dachte Mrs. Pollifax verwundert.
Sonntag abend war einige Meter neben dem Hotele ingang der andere Agent ermordet worden, hatte Carstairs ihr gesagt.
Ich kann es nicht zulassen, daß Henry das gleiche widerfährt, Es muß eine Möglichkeit geben, ihn zu warnen, dachte sie entschlossen.
Carstairs hatte gesagt: ›Vermutlich gibt es irgendwo einen Verräter. Oder die vielen Agenten, die sich zur Zeit in Istanbul aufhalten, beschatten einander.‹ Wenn aber Henry keine Ahnung hatte, daß er beschattet wurde?
Sie dankte dem Fahrer und ging ins Hotel. In der verlassenen Halle war Henry jedenfalls nicht. Sie wandte sich an den Mann am Empfang und sagte: »Bei Ihnen ist ein Herr aus England abgestiegen. Zufällig sah ich, daß er das hier fallen ließ.« Sie hob ihren kleinen Reiseführer hoch und lächelte dem Mann zu. »Wenn ich seine Zimmernummer wüßte, könnte ich ihm das Büchlein gleich zurückgeben.«
Der vierzehnjährige Sohn des Hotelbesitzers wurde zum Übersetzen herangezogen. Schließlich kristallisierte sich heraus, was Mrs. Pollifax wollte. Dann machte der Junge sich erbötig, das Buch selbst auf Zimmer 214 zu bringen.
»Nein, nein, vielen Dank«, sagte Mrs. Pollifax. Sie sah nochmals in ihrem Wörterbuch nach und ergänzte: »Tesekkur ederim - nein.«
Sie stieg die Treppe hinauf, ging an ihrem eigenen Zimmer vorbei und schritt den Korridor entlang. Die Tür von 214 war nur angelehnt, und das Licht brannte. Sie pochte leise an. Als sich nichts rührte, klopfte sie nochmals. Dann stieß sie die Tür weit auf und guckte ins Zimmer. »Henry?« rief sie gedämpft. Sein grüner Koffer lag auf dem Bett, aber der Inhalt war auf der Decke verstreut, als wäre der Koffer umgestülpt worden. Dann sah sie, daß sämtliche Schubladen der Kommode offenstanden und sein Trenchcoat zertrennt auf dem Boden lag. Während Henry geduldig vor der Polizeidirektion auf sie gewartet hatte, mußte jemand sein Zimmer durchsucht haben. Aber wer? Und wo war Henry?
Die Vorhänge der Balkontür bewegten sich sachte und zogen Mrs. Pollifax' Blicke an. Sie sah an den Vorhängen vorbei zum offenen Fenster und in die Finsternis draußen. Plötzlich überlief sie ein Schauer.
Ich sollte mich hier gar nicht blicken lassen, dachte sie. Ich darf Henry doch nicht kennen. Auf keinen Fall darf man mich dabei ertappen, daß ich seinen Namen rufe.
Daß

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