Lee, Julianne
überhaupt annehmbare Häuser gibt?«
»Der Agent, von dem es in meinem Auftrag gemietet wurde, es mir beschrieben.« Das Flattern seiner Lider verriet Leah, er beinahe bei einer Lüge ertappt worden wäre.
»Vermutlich ist es klein, verwahrlost und schmutzig.«
Edwin verlor allmählich die Geduld. »Wie auch immer, wir werden dort leben, und damit hat es sich.« »Und wie lange müssen wir in Nairn bleiben?« »Ich will verdammt sein, wenn ich das weiß, Weib!«, donnerte Edwin. »Warum fragst du nicht diesen Gecken, der Holyrood besetzt hat, diesen Stuart? Seinetwegen müssen wir von hier fort; seinetwegen und wegen seiner Horde papistischer Viehdiebe. Frag ihn doch, wann wir in unser Haus zurückkehren können.«
Martha gab keine Antwort, sondern lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, schlug die Hände vor das Gesicht und brach in Tränen aus.
Leah benutzte diesen Moment, um vom Tisch aufzustehen und in ihre Kammer zu huschen. Auch sie war den Tränen nahe, verbiss sie sich aber Jetzt galt es, schnell zu handeln und keine Zeit zu verlieren.
Rasch verfasste sie einen kurzen Brief an Ciaran, faltete ihn zusammen und ließ Siegelwachs darauf tropfen. Während das Wachs trocknete, überlegte sie verzweifelt, wohin sie den Brief senden sollte. Sie hatte keine Ahnung, wo Ciaran sich aufhielt. Holyrood. Der Prinz residierte im Palast Holyrood. Wenn sie den Brief dorthin schickte, würde er schon irgendwie zu Ciaran gelangen. Also malte sie sorgsam >Ciaran Robert Matheson von Ciorram< auf das Papier.
Da sie fürchtete, Edwin könne auf die Idee kommen, sie bis zu ihrer Abreise im Haus festzuhalten, nahm sie rasch ihren Umhang, griff nach dem Brief und schlüpfte zur Tür hinaus.
Holyrood lag ungefähr eine Meile vom Haus der Hadleys entfernt, und sie brauchte nicht lange, bis sie dort ankam. Doch vor dem Tor traf sie auf vier Wachposten im Kilt, die sie stumpfsinnig anstarrten, als sie näher kam. Sie wandte sich an denjenigen, der sie zumindest mit einem Funken Interesse musterte, einen hoch gewachsenen, rothaarigen Burschen.
»Ich möchte, dass dieser Brief Ciaran Matheson von Ciorram überbracht wird.« Sie hielt den Brief in die Höhe.
Doch die Männer zuckten nur die Schultern, scharrten mit den Füßen und wechselten verständnislose Blicke. Leah wiederholte ihre Bitte. Noch immer erhielt sie keine Antwort. Dann sagte einer der Männer etwas auf Gälisch, und sie begriff, dass keiner von ihnen der englischen Sprache mächtig war. Hilflos stammelte sie: »Prinz Charles?«
Das löste schallendes Gelächter aus, und der Rothaarige fuchtelte mit der Hand durch die Luft, um den gälischen Wortschwall zu unterstreichen, mit dem er sie überschüttete. Ganz offensichtlich wollte er ihr zu verstehen geben, dass sie gehen sollte, weil der Prinz sie nicht empfangen würde.
»Nein, der Brief ist nicht für den Prinzen, sondern für Ciaran Matheson bestimmt!«
Wieder ertönte Gelächter. Der Rothaarige scheuchte sie erneut weg, wobei er eine wortreiche Erklärung abgab, die sie nicht verstand.
Sie hielt den Brief hoch und schüttelte ihn. Vielleicht brachte der Rothaarige ihn ja zu jemandem, der Englisch sprach. Doch er blickte nur auf den Namen, schüttelte den Kopf und zuckte erneut die Schultern. Dann deutete er erst auf seine Augen, dann auf Ciarans Namen. Anscheinend wollte er ihr klar machen, dass er nicht lesen konnte. Die anderen waren verstummt und einen Schritt zurückgetreten. Selbst wenn sie lesen konnten, würden sie es wahrscheinlich nicht zugeben.
Leah seufzte, dankte ihnen und machte sich auf den Heimweg. Es musste eine Möglichkeit geben, Ciaran den Brief zukommen zu lassen, doch ihr lief die Zeit davon.
In der Gasse, in der Edwins Haus lag, betrat sie nach kurzem Zögern einen kleinen Laden. Der Kaufmann, dem er gehörte, reiste viel und konnte ihr vielleicht helfen. Allerdings durfte sie ihm nicht sagen, dass der Brief an einen jakobitischen Soldaten gerichtet war, denn sie wusste, dass er es mit den Whigs hielt.
»Ich habe hier einen Brief, der so schnell wie möglich nach Glen Ciorram gebracht werden muss. Zu der Burg dort.«
Der bleiche, bärtige Mann mit dem stattlichen Schmerbauch musterte sie neugierig, ehe er erwiderte: »Könnt Ihr ihn denn nicht mit der regulären Post schicken? Dauert nur einen Monat oder zwei.«
»Oder drei, oder noch länger.« Leah schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss ganz sicher sein, dass er schnell sein Ziel erreicht. Ich kann dafür bezahlen.« Sie holte die
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