Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
erklärte der ältere Mann gewichtig, »entstammt einem sehr guten Clan. Sie ist eine ehrenwerte Persönlichkeit und besitzt ein angenehmes Wesen.«
»Darüber lässt sich streiten. Innerhalb eines Relumma wäre Val Con durchgedreht.« Vor einer indigoblauen Tür hielten sie an. »Ich gehe jede Wette ein, Sir, dass seine plötzliche Abberufung zu den Scouts auf seinen eigenen Wunsch hin erfolgte. Wahrscheinlich hat er gebettelt, man möge ihn von Liad wegholen.«
Mr. dea’Gauss fiel keine passende Entgegnung ein, deshalb hüllte er sich in eisiges Schweigen. Seine Lordschaft schmunzelte und verbeugte sich. »Ihre Kabine, Sir. Hoffentlich finden Sie alles Ihren Wünschen entsprechend vor. Der Empfang für die Botschafter findet um zwanzig Uhr statt. Bringen Sie gute Laune mit.«
Mr. dea’Gauss blieb nichts anderes übrig, als sich zu verneigen und seine Kabine zu betreten.
Shan machte sich auf den Weg zu seinem eigenen Quartier. Mit langen, federnden Schritten marschierte er durch die Korridore, während er in tiefe Grübeleien versank.
Es stimmte, dass der Bursche seine Pflicht gegenüber dem Clan erfüllen musste. Jedes Clanmitglied war gehalten, einen persönlichen Erben zu zeugen. Selbst Shan, der Schurke der Familie, der ausgemachte Zyniker, hatte Korval eine Tochter geschenkt, die irgendwann einmal seinen Platz als Oberhaupt der Familie yos’Galan einnehmen würde; und auf die dann das Kommando über die Passage überginge … Er verwünschte alle beide, Val Con und Nova. Wie konnten sie nur so stur sein. Warum musste seine Schwester sich auch immer in seine privatesten Angelegenheiten einmischen? Wenn sie sich zurück hielte und es ihm überließ, eine standesgemäße Frau zu finden, würde doch noch alles gut werden.
Shan seufzte. Mitten in seinem Schlafgemach blieb er stehen, schloss die Augen und atmete in tiefen, gleichmäßigen Zügen, wie es ihn vor langer Zeit die Meisterheiler gelehrt hatten. Langsam flauten seine Sorgen ab – die familiären, die beruflichen und die persönlichen.
Ein Schritt nach dem anderen, sagte er sich mit erzwungener Ruhe.
Im Geist sah er wieder Priscilla vor sich, wie sie mit kampfeslustig blitzenden Augen den beiden Inspektoren die Stirn bot.
Er stöhnte, ließ sich auf das Bett fallen und rollte sich auf den Rücken.
Du verlangst zu viel, Lord Shan yos’Galan, ermahnte er sich. Beweise ihr, dass du ihrer Freundschaft würdig bist. Und mit sehr viel Glück könntest du dir ihr Vertrauen verdienen.
Nach einer Weile stand er wieder auf und ging ins Bad. Auf dem Weg streifte er seine Kleidung ab. Während er unter der Dusche stand und die nadelscharfen Wasserstrahlen auf sich niederprasseln ließ, lenkte er seine Gedanken resolut auf den Empfang für die Botschafter – und wie er die Situation zu seinen Gunsten nutzen konnte.
Schiffsjahr 65, Reisetag 148, Vierte Schicht, 17.00 Uhr
D u brauchst ein Kleid!« »Lina …«
»Keine Widerrede!«, rief die zierliche Frau und nahm ihre Freundin an die Hand. »Du wirst in korrekter Garderobe am Empfang teilnehmen. Darauf bestehe ich!«
Priscilla biss sich auf die Lippe. »Lina, es tut mir wirklich und wahrhaftig leid. Aber ich habe kein Geld mehr, ich bin völlig pleite. Ich musste schon einen Vorschuss auf meine Heuer nehmen, damit ich überhaupt die Sachen kaufen konnte, die ich am Leib trage. Und jetzt auch noch das – ein Partykleid …«
»Bah!« Lina hob ihre winzige Hand, dann drehte sie sich um und schmiegte sich eng an Priscilla. »Ich besorge das Kleid, und du erweist mir einen Freundschaftsdienst, indem du es anziehst, einverstanden?« Sie lächelte. »Es ist alles schon arrangiert.«
Priscilla seufzte und schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht annehmen, Lina. Warum solltest du …«
»Warum sollte ich nicht?«, fiel Lina ihr ins Wort. »Wir sind Schwestern – das sagst du doch selbst! Soll ich es zulassen, dass meine Schwester unangemessen gekleidet zu einem Empfang geht? Warum machst du es mir so schwer, dir etwas zu schenken?« Sie lachte und nahm Priscillas Hand, um sie in einen der Schiffsläden hineinzubugsieren. »Komm, Denubia. Du musst lernen, ein Geschenk mit Würde und Anmut anzunehmen.«
Die Terranerin gluckste vor sich hin. »Noch eine Lektion in gutem Benehmen? Als Nächstes wirst du mich drängen, die Ohrringe zu tragen, die der Captain mir gegeben hat.«
»Warum solltest du sie nicht tragen?«, fragte Lina. »Das Design ist sehr geschmackvoll, sie würden dir ausgezeichnet
Weitere Kostenlose Bücher