Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
ungeheuerlich, Sir. Meine Heimatwelt Skansion treibt seit langem Handel mit Sintia. Ich selbst kenne die Familie Mendoza sehr gut. Dieses Vorgehen war eine Beleidigung, Sir! Eine unerhörte Infamie! Wurde eine Kaution festgesetzt?«, wandte sie sich an Priscilla, die kreidebleich und wie gelähmt dastand.
»Die Kaution beträgt ein Cantra«, murmelte der Richter, »und wurde von der Dutiful Passage hinterlegt. Der Korval-Clan verbürgt sich dafür, dass Lady Mendoza vor Gericht erscheint, sollte es eine Verhandlung geben.« Er lächelte matt. »Was mit Sicherheit nicht geschehen wird.«
»Eine Mendoza von Sintia braucht niemanden, der für sie bürgt. Ihr Wort ist Sicherheit genug!«, schnauzte die Botschafterin. Sie fasste in den Samtbeutel, der von ihrer umfangreiche Taille hing, fischte eine einzelne, matt glänzende Münze heraus und drückte sie dem verdutzten Richter in die Hand. »Skansion verdoppelt das Unterpfand! So stehen wir zu unseren Verbündeten!«
Priscilla fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, dann öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen – doch ihr Kopf war wie leer gefegt, ihr fiel nichts ein.
Abermals wurde sie von Mr. dea’Gauss gerettet. Er trat vor, reichte der Botschafterin seinen Arm und lächelte kühl. »Lady Mendoza kann sich glücklich schätzen, dass ihre Heimatwelt mit einem so loyalen Handelspartner liiert ist. Erlauben Sie mir, Ihnen ein Glas Wein zu bringen, Botschafterin.«
Priscilla neigte vor Richter Zahre den Kopf, doch als sie wieder hochblickte, sah sie, dass er vergnügt schmunzelte. Darauf rang sie sich ein Lächeln ab. »Jetzt muss ich Sie um Vergebung bitten!«
Sein Schmunzeln zog sich über sein ganzes Gesicht. »Keineswegs, Lady Mendoza. Sie haben sich äußerst taktvoll benommen.« Er blickte über die Schulter. »Wie ich sehe, werden Erfrischungen gereicht. Darf ich Sie zum Büffet begleiten?«
»Sehr freundlich von Ihnen«, entgegnete sie ein wenig kurzatmig. »Aber … aber ich muss unbedingt mit jemandem sprechen. Vielleicht finden wir später noch einmal Gelegenheit, uns zu unterhalten.«
Der Richter setzte eine fragende Miene auf. »Ja, warum nicht«, meinte er. Er verbeugte sich förmlich und ging.
Mit der Schnelligkeit und Anmut eines geborenen Piloten schlängelte sie sich durch die dicht an dicht stehenden Gäste, bis sie endlich den Korridor erreichte. Sie stürmte durch den Gang, bog um eine Ecke und lehnte sich erschöpft mit dem Rücken gegen eine Wand; wie benommen lauschte sie dem Hämmern ihres Herzens.
Diese fürchterliche Frau! Wer mochte sie gehört haben? Wahrscheinlich hatte so gut wie jeder im Saal diese schrille Stimme vernommen. Und sie behauptete, mit Anmary Mendoza bekannt zu sein. Allweise Mutter, was soll ich tun?
»Guten Abend, Priscilla. Sie schlafen doch nicht etwa im Stehen? Im Saal herrscht viel zu viel Gedränge, finden Sie nicht auch? Das entspricht nicht unbedingt meiner Vorstellung von einer angenehmen Unterhaltung. Für meine Schwester bin ich ein Quell steten Verdrusses – sie behauptet, ich hätte keine Manieren.«
Ihr stockte der Atem; erschrocken riss sie die Augen auf. »Captain!«
»Unter anderem«, bestätigte er in leicht ironischem Ton. »Gefällt Ihnen die Party nicht? Mr. dea’Gauss scheint sich köstlich zu amüsieren.«
Sie entspannte sich so weit, dass sie sich ein Lächeln abringen konnte. »Ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass ich keine Lady bin«, bekannte sie und versuchte, einen Hauch von Humor in ihre Stimme zu legen. »Aus Angst, ich könnte ihn in Verlegenheit bringen.«
Shan lachte. »In derlei Angelegenheiten irrt Mr. dea’Gauss sich nie. Ich schlage vor, Sie nehmen die Erhebung in den Adelsstand widerspruchslos an.« Er legte den Kopf schräg. »Es dürfte Ihnen nicht besonders schwer fallen, Priscilla. Schließlich sind Sie eine Mendoza von Sintia …«
Sie wurde blass und hatte das Gefühl, sie könnte jeden Moment zu Boden sinken. Nach Luft ringend, legte sie eine Hand auf ihre Brust.
»Priscilla!« Mit ausgestreckter Hand ging er einen Schritt auf sie zu. »Priscilla, das sollte ein Scherz sein! Ich wollte Sie nicht aufregen!« Er kam noch einen Schritt näher und biss sich nervös auf die Lippe. »Priscilla, es tut mir leid!«
Sie legte ihre Hand in die seine. »Es ist schon gut«, flüsterte sie. Ihre Hand zitterte, als sie unsicher Atem holte. »Bitte, stellen Sie mir keine Fragen …«
»Ich hatte nichts dergleichen vor. Ich habe kein Recht, Sie
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