Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
hatte es selbst gesagt! Es fiel mir zwar schwer, das nachzuvollziehen, aber ich gab mein Bestes, und irgendwann fing ich an, daran zu glauben.
Wir sprachen über alles Mögliche, aber schon nach ein paar Sätzen hätte ich nichts mehr von dem wiederholen können, worüber wir uns gerade noch unterhalten hatten; ich konnte mir nur merken, dass es Spaß machte, mit ihm zu reden und dass wir viel lachten.
Der Ober zündete eine Kerze an und brachte einen Korb mit Baguettestücken, von denen ich mir sofort eines schnappte und verlegen anfing, es auseinanderzurupfen und zerkrümeln. Ab und zu aß ich auch einen der Krümel, aber ich musste ewig darauf herumkauen und hatte das Gefühl, keinen Bissen herunterzukriegen. Als die Getränke kamen – für mich Wein, für Tobias ein Bier (»Ein Glas darf ich!«) –, klappte es besser mit dem Schlucken, allerdings war mein Glas dadurch in Nullkommanichts leer und der Ober musste Nachschub bringen.
Nach dem zweiten Glas wurde ich lockerer und beim dritten richtig ausgelassen. Zwischendurch aßen wir die Steaks, die innen perfekt rosa und himmlisch zart und lecker waren, das hätte sogar Helga neidlos anerkennen müssen. Anschließend trank Tobias noch ein Glas Bier (»Ein zweites darf ich schon noch!«) und ich noch ein Glas Wein. Unsere Blicke wurden inniger, und irgendwann stahl sich seine Hand über den Tisch und fasste nach meiner.
»Hast du Lust, nachher noch mit zu mir zu kommen?«
Ich nickte und hielt meine Kehle fest, weil mein Herz bis zum Hals klopfte und es mir so vorkam, als hätte ich dort einen Blasebalg, der sich mit jedem Herzschlag blähte, so ähnlich wie bei einer Kröte.
Tobias zahlte für uns beide und fasste mich leicht unter, als wir zu seinem Wagen gingen. Wie schon bei der Hinfahrt hielt er mir die Beifahrertür auf, bevor er sich hinters Steuer setzte.
Er hatte eine Zweizimmerwohnung am Rande der Innenstadt, im Dachgeschoss eines gepflegten Mietshauses. Als er die Wohnungstür aufschloss, zitterten mir derartig die Knie, dass ich mich an der Wand festhielt, was nicht ganz einfach war, weil ich mit der anderen Hand den Blasebalg an meinem Hals bändigen musste.
»Nimm doch Platz«, sagte er und deutete auf ein Sofa. Vom Rest der Wohnung sah ich nicht viel, denn weil ich so wacklig auf den Beinen war, stolperte ich schon beim ersten Schritt, und Tobias griff beherzt zu, um mich vorm Hinfallen zu bewahren. Dadurch fiel ich zufälligerweise gegen ihn, worauf er noch fester zupacken musste. Irgendwie fielen wir trotzdem hin, aber zum Glück landeten wir dabei auf dem Sofa. Genauer gesagt, landete ich auf dem Sofa und Tobias auf mir, und dann ging alles ganz schnell.
»O mein Gott, ich wollte mir Zeit damit lassen!«, stöhnte er, während er zuerst mir und dann sich selbst die Kleidung vom Leib zerrte.
»Wir haben ja später noch genug Zeit«, erwiderte ich und blickte schwer atmend meinem Rock hinterher, der gerade in hohem Bogen hinter die Sofalehne segelte. Wie praktisch, dachte ich noch benommen, der war wirklich schnell auszuziehen!
Dann dachte ich gar nichts mehr.
*
Am Ende dieser Nacht aller Nächte erwachte ich mit einem Brummschädel. Vier Gläser Wein waren definitiv zu viel für mein Fassungsvermögen. Von dem Absacker, den Tobias mir in Form eines Tequila on the Rocks später noch serviert hatte, ganz zu schweigen. Nach dem Tequila (es könnten auch zwei gewesen sein) waren wir vom Sofa ins Bett umgezogen, doch auch dort hatte ich nicht viel von der Umgebung wahrgenommen, nur, dass die Bettwäsche frisch war und das Licht gedimmt. Und dass im CD-Player passende Musik lief, Kuschelrock Vol. 24 (oder war es schon 25?). Diesmal ließen wir uns wirklich mehr Zeit, die ganze CD lang, und es war einfach phänomenal. Ich kam mir vor wie die wildeste Sexgöttin aller Zeiten. Dass ich eine fünfundvierzigjährige dreifache Mutter war und meine Kinder nicht informiert hatte, dass ich über Nacht wegbleiben würde, fiel mir erst am nächsten Morgen ein. Bei der Gelegenheit erinnerte ich mich auch noch an ein paar andere Dinge, die mir die Schamröte ins Gesicht trieben.
Tobias lag bäuchlings neben mir, das Gesicht im Kopfkissen vergraben. Nur sein linkes Bein war zugedeckt, der Rest von ihm war nackt. Für einen schuldbewussten, köstlichen Augenblick gönnte ich mir den Anblick seines strammen Hinterns, dann schlüpfte ich vorsichtig aus dem Bett und huschte nach nebenan ins Wohnzimmer, wo ich so leise wie möglich meine Sachen zusammensuchte
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