Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)
dem Speed Dating sprach er nicht, wir taten beide so, als hätte es diese Begegnung nie gegeben.
Was den Artikel betraf, so schaffte ich es irgendwie, ihn fertig zu stellen, obwohl ich für den Rest der Woche krankgeschrieben war und mich immer noch ziemlich erledigt fühlte. Ich telefonierte noch einmal mit Janin und erfuhr dabei zu meiner Erleichterung, dass sie Olaf aus der Wohnung geworfen hatte. Er hatte zwar noch einmal randaliert und in betrunkenem Zustand versucht, die Tür einzutreten, doch die Polizei hatte ihm Hausverbot erteilt, woraufhin er sich nicht mehr hatte blicken lassen. Wenigstens eine Sache, die ein gutes Ende gefunden hatte, zumindest fürs Erste.
Nebenher checkte ich stündlich die Trends bei den Wetternachrichten im Internet; es sah für die nächste Zeit nicht schlecht aus. Trotzdem beeilte ich mich, den von Tobias empfohlenen Anwalt – seinen Fußballfreund – anzurufen und ihm ein Mandat zu erteilen, damit er die Sache mit meinen Dachpfannen vorantreiben konnte. Sein Name war Wolfgang Besser, was Berit für ein gutes Zeichen hielt.
»Dass die Namen der Leute zu deiner Lebenslage passen, scheint ein Muster zu sein.« Sie zählte auf: » Kleinlich für kleinlich. Anders für anders, natürlich im positiven Sinne. Jück für …« Sie dachte nach.
»Jück für Jück«, schlug ich vor. »Natürlich im negativen Sinne.«
»Stimmt. Und Besser eben für besser. Was ja sowieso positiv ist.«
Ich wollte gern dran glauben, zumal mein neuer Rechtsbeistand sofort ein Schreiben auf den Weg brachte, mit dem er klare Verhältnisse schaffen wollte. »Das kriegen wir bestimmt ganz schnell hin«, hatte er mir tröstend am Telefon versichert.
Meine sonstigen Probleme blieben mir leider erhalten, aber man konnte wohl nicht alles haben. Timo beispielsweise würgte oder kotzte weiterhin wie auf Kommando, wenn irgendwer aus Versehen das Wort Schule erwähnte oder andere Worte gebrauchte, die damit in Zusammenhang standen, etwa Ranzen oder Schreibmäppchen .
In diversen Elternforen las ich mich durch kilometerlange Threads, die das sensible Thema Schulangst behandelten. Eine Mutter namens Elke75 hatte ihren Finn für ein Jahr von der Einschulung zurückstellen lassen und damit gute Erfahrungen gemacht. Die Kotzerei hatte erst mal aufgehört. Allerdings war nicht abzusehen, ob das Ganze im kommenden Jahr nicht wieder von vorn losginge. Irgendwann musste Finn zur Schule, da würde sich auch der großmütigste Amtsarzt nicht erweichen lassen.
Eine andere Mutter – Rosenquärzchen – hatte das Kotzproblem geduldig ausgesessen und damit alles zum Guten gewendet (»Nach drei Tagen in der Schule war Manuel das fröhlichste und gesündeste I-Dötzchen, das man sich nur vorstellen kann! Die Kotzschüssel kann ich jetzt endlich wieder zum Salatwaschen benutzen!«).
Eine dritte Mutter – Elfe11 – hatte ihrem Elias eine Playstation gekauft, mit der er aber erst nach drei kotzfreien Wochen spielen durfte. Sobald er wieder kotzte, gab es drei Wochen lang keine Konsole, das war das schlichte, aber wirkungsvolle Grundprinzip (»Der Junge hat eine Spontanheilung erlebt! Er spielt von früh bis spät und ist jetzt das glücklichste Kind der Welt! Sony for ever!«).
Diesen Ansatz fand ich ziemlich genial, aber die Idee, das Kind den ganzen Tag spielen zu lassen, schien mir doch etwas drastisch, zumal ich nicht wusste, ob es bei Timo wirken würde. Ich neigte daher eher dazu, Rosenquärzchens Aussitz-Methode zu befolgen, abgesehen davon, dass ich zum Salatwaschen lieber eine Salatschleuder benutzte.
Im Falle meiner Tochter schien geduldiges Aussitzen ebenfalls zu helfen. Nach ein paar Tagen lief sie zwar immer noch mit vergrämter Miene herum, aber wenigstens sah sie nicht mehr ständig verheult aus. Sie würde über Daniel hinwegkommen, keine Frage. Jeder Liebeskummer hatte sozusagen ein eingebautes Verfallsdatum, er verblasste immer mehr und fing dann irgendwann an, sich in Ärger zu verwandeln. Auf den Ex und auf sich selbst, weil man wegen eines solchen Blödmanns so viel geheult hatte.
Dafür wirkte Benedikt immer besorgter. Ich fragte ihn ungefähr drei Mal täglich, ob Lucy schon einen Test gemacht hätte, aber er zuckte nur unbehaglich die Achseln.
»Sie will sich nicht so unter Druck setzen lassen«, meinte er.
Ich war empört. »Und was ist mit dem Druck, unter dem du stehst?«
»Sie sagte, sie ist noch nicht so weit.«
Was sollte ich dagegen ausrichten? Das Mädchen auf die Schultoilette schleifen
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