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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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alle diese Tunnel direkt unter der Front zwischen der Republik und den Kolonien.« Kaede macht eine wegwerfende Geste, die ich in der Dunkelheit kaum sehen kann. »Nachdem der Krieg ausgebrochen war, benutzten beide Parteien die Gänge zu Angriffszwecken, darum hat die Republik alle Eingänge auf ihrer Seite zerstört und die Kolonien machten dasselbe mit denen innerhalb ihrer Grenzen. Aber die Patrioten haben es geschafft, heimlich fünf Tunnel wieder freizugraben und benutzbar zu machen. Wir nehmen zuerst diesen hier in Lamar«, sie hält kurz inne und deutet auf die tropfende Decke, »und noch einen anderen in Pierra. Das ist eine Stadt ganz in der Nähe.«
    Ich versuche mir vorzustellen, wie es einmal gewesen sein muss, zu einer Zeit, in der es noch keine Republik und keine Kolonien gab, sondern nur ein einziges großes Land in Nordamerika. »Und keiner weiß, dass es diese Tunnel wieder gibt?«
    Kaede schnaubt. »Glaubst du etwa, wir würden sie benutzen, wenn die Republik davon wüsste? Nicht mal die Kolonien wissen davon. Dabei sind die Tunnel für unsere Missionen das Beste, was uns passieren konnte.«
    »Das heißt also, die Patrioten bekommen Geld von den Kolonien?«
    Kaede lächelt leicht. »Von wem sonst würden wir wohl so viel Geld bekommen, dass wir damit solche Tunnel wiederaufbauen können? Ich bin unseren Förderern von da drüben bisher nie begegnet – Razor kümmert sich um die Kontakte. Aber es kommt regelmäßig Geld rein, also sind sie offenbar zufrieden mit unserer Arbeit.«
    Eine Weile laufen wir schweigend weiter. Meine Augen haben sich mittlerweile so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich den Rost erkennen kann, der die Tunnelwände überzieht. Wasserrinnsale zeichnen Muster auf das Metall.
    »Bist du froh darüber, dass sie den Krieg gewinnen?«, frage ich nach einer Weile, in der Hoffnung, dass sie bereit ist, mir noch mehr über die Kolonien zu erzählen. »Ich meine nur, weil sie dich ja praktisch rausgeschmissen haben? Warum musstest du eigentlich gehen?«
    Kaede stößt ein bitteres Lachen aus. Das Platschen unserer Stiefel im Wasser hallt im Tunnel wider. »Ja, ich glaube, ich bin froh«, antwortet sie. »Was wäre denn auch schon die Alternative? Zuzusehen, wie die Republik gewinnt? Sag du mir, was besser ist. Aber du bist in der Republik aufgewachsen. Wer weiß, was du von den Kolonien halten würdest. Vielleicht kämen sie dir vor wie das reinste Paradies.«
    »Wäre das denn falsch?«, frage ich zurück. »Mein Vater hat mir immer von den Kolonien erzählt. Er meinte, dort gäbe es Städte, die komplett mit elektrischem Licht versorgt werden.«
    »Hat dein Vater für den Widerstand gearbeitet oder so?«
    »Ich bin nicht sicher. Er hat es nie direkt gesagt. Wir haben alle nur vermutet, dass er irgendetwas hinter dem Rücken der Republik getrieben hat. Er hat immer lauter … Kram mitgebracht, der irgendwie mit den Vereinigten Staaten zu tun hatte. Für einen ganz normalen Bürger war das schon ziemlich ungewöhnlich. Und er hat ständig davon geredet, dass er uns eines Tages aus der Republik rausbringen würde.« An dieser Stelle halte ich inne, weil eine Erinnerung in mir aufsteigt. Der Anhänger hängt plötzlich zentnerschwer an der Schnur um meinen Hals. »Wahrscheinlich werde ich nie herausfinden, was er wirklich gemacht hat.«
    Kaede nickt. »Tja, ich bin an der Ostküste der Kolonien aufgewachsen, am Südatlantik. Ich bin seit Jahren nicht mehr dort gewesen – mittlerweile ist das Wasser wahrscheinlich schon wieder ein Stück weiter landeinwärts gekrochen. Na ja, jedenfalls wurde ich an einer der Luftschiff-Akademien dort aufgenommen und war eine der besten angehenden Pilotinnen.«
    Wenn es in den Kolonien keinen Großen Test gibt, frage ich mich, wie sie überhaupt entscheiden, wer an ihren Schulen aufgenommen wird.
    »Was ist passiert?«
    »Hab einen Typen getötet«, erwidert Kaede. Sie sagt es, als wäre es keine große Sache. In der Dunkelheit läuft sie nun direkt neben mir und blickt mir herausfordernd ins Gesicht. »Was? Hey, guck mich nicht so an – es war ein Unfall. Er war neidisch auf mich, weil unsere Commander mich so gern mochten, darum hat er versucht, mich vom Deck unseres Luftschiffs zu schubsen. Seit dem Kampf bin ich auf einem Auge blind. Später hab ich ihn im Umkleideraum getroffen und k.   o. geschlagen.« Sie gibt einen angewiderten Laut von sich. »Wie sich herausstellte, habe ich ihm wohl ein bisschen zu heftig eins auf die Nuss gegeben

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