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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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gerochen, und doch erinnerte er ihn an etwas, dem er in Vietnam viele Male begegnet war. Es war der Gestank des Todes, des Verfalls, des verlorenen Lebens. Aber das hier war schlimmer als jede verwesende Leiche auf einem Schlachtfeld.
    »Gütiger Himmel«, stieß Nguyen hervor und trat einen Schritt zurück.
    »Ich hätte Sie warnen sollen«, entschuldigte sich Kane. »Ich brauche diese Behälter, um das Blut aufzufangen, das ich den Leichnamen entnehme, bevor ich sie einbalsamiere. Diesen Behälter habe ich für das Blut der beiden Teenager genommen, die auf der Party letzte Woche erschossen wurden. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sie doch für den Fall zuständig?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Hat das Mädchen gesagt, warum es die anderen umgebracht hat?« fragte Kane.
    »Die Ermittlungen in diesem Fall sind noch nicht abgeschlossen.«
    »Ich verstehe«, beeilte sich Kane zu sagen. »Jedenfalls habe ich den Körpern dieser beiden jungen Menschen das Blut entzogen und es in diesen Behälter gefüllt. Das war am Montag, am Tag vor den Beerdigungen. Normalerweise entsorge ich das Blut sofort – noch am selben Tag. Aber ich hatte unerwartet in einer geschäftlichen Angelegenheit außerhalb der Stadt zu tun und kam diesmal erst später dazu, mich darum zu kümmern. Tatsächlich habe ich mich erst heute, während ich mich mit Mrs. Bevin beschäftigt habe, daran erinnert, daß ich da noch einiges loswerden mußte.« Er runzelte die Stirn und deutete mit dem Kopf in Richtung des Behälters, den er kurz zuvor geöffnet hatte. »Aber als ich den Inhalt ausgießen wollte, war schon nichts mehr drin.«
    »Das Blut war weg?«
    »Ja.«
    »Vielleicht hatten Sie es schon ausgeschüttet und es nur vergessen.«
    »Unmöglich«, entgegnete Kane. Er räusperte sich. »Ich glaube, daß jemand das Blut gestohlen hat. Das Schloß der Hintertür meines Hauses war aufgebrochen worden, wie ich feststellte, als ich am Dienstag nach Hause kam. Der Tag, an dem ich geschäftlich außerhalb der Stadt zu tun hatte.«
    »Davon habe ich eben gar nichts bemerkt.«
    »Ich habe es auch sofort wieder in Ordnung bringen lassen. Ich kann mein Geschäft niemals unverschlossen zurücklassen. Wenn mir eine der Leichen gestohlen würde, würde das meinen Ruf auf Dauer schädigen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, entgegnete Nguyen. »Gab es hier drin irgendwelche Leichen, als Sie an jenem Abend unterwegs waren?«
    »Nein.«
    »Was denken Sie, wer das Blut gestohlen haben könnte?«
    Kane schien enttäuscht. »Ich hatte gehofft, daß Sie vielleicht Licht in diese Sache bringen.«
    »Tut mir leid, das kann ich nicht.« Nguyen deutete auf den leeren Behälter. Er nahm jedenfalls an, daß er leer war; überzeugen wollte er sich nicht davon. »Was stinkt hier so ekelerregend?«
    »Das ist der zweite Grund, weshalb ich Sie angerufen habe. In dem Blut der Kinder, die umgebracht worden sind, war irgendwas.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich werde es Ihnen zeigen.« Kane holte ein Paar Handschuhe aus der Gesäßtasche seiner Hose und zog sie an. Er hob die Arme und kippte den Behälter leicht, sorgfältig darauf bedacht, ihn nicht fallen zu lassen. Eine Schicht, die so ähnlich aussah wie dunkelgrüne Algen, wuchs auf der Innenseite – der Gestank war unerträglich.
    Nguyen fühlte, wie seine Augen anfingen zu brennen, und wich noch einen Schritt nach hinten.
    »Was ist das?« fragte er und unterdrückte den Würgereiz.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Kane ernst. »In vierzig Jahren Praxis habe ich so etwas noch niemals gesehen. Ich sage Ihnen, das Blut dieser Kinder war verseucht.«
    »Womit verseucht?« wollte Nguyen wissen.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Auf den Blutrückständen im Behälter müssen sich irgendwelche Kulturen aufgebaut haben, die nur auf den geeigneten Nährboden gewartet haben.«
    Kane schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein. Daß ich das Blut so lange in dem Behälter gelassen habe, hat Ihnen sicher den Eindruck vermittelt, ich sei nicht besonders sauber und sorgsam. Aber ich versichere Ihnen, daß ich selten etwas anderes als ein Perfektionist bin. Ich habe diesen Behälter sterilisiert, bevor ich die beiden jungen Leute zum Einbalsamieren hier hatte. Es gab darin nichts, das nur auf den geeigneten Nährboden gewartet hat, um sich darauf aufzubauen. Das könnte ich unter Eid beschwören. Des weiteren ist das, was sich hier entwickelt hat, ziemlich merkwürdig.« Kane kippte die Röhre noch ein wenig mehr, so daß die Rückseite

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