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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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brannte. Dichter Rauch hing in der Höhle, nur gelegentlich teilte sich der schwarze Schleier und gab den Blick auf ihre im Feuerschein flackernden Kreide-Doppelgänger frei. Statt Gesichtern hatten ihre Konterfeis jetzt Totenschädel mit leeren, schwarzen Augenhöhlen. Rotgoldene Flammen schlugen aus ihren Körpern. Schreie hallten durch das Felsengewölbe, doch Jill brachte es nicht fertig, sich nach ihnen umzudrehen, denn sie wusste nur zu gut, zu wem die Stimmen gehörten. Sie streckte ihre Hand aus und wischte die Zeichnung weg, die sie selbst darstellte. Die Wand darunter war schwarz, wie von Feuer versengt. Da hörte sie ein Kreischen, das definitiv nicht von einem Menschen stammte, und schaute in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Ein großer weißer Falke saß auf dem höchsten Dach des Pueblos. Die Flammen bogen sich von ihm weg, als säße er in einer Glaskugel. Der Falke kreischte noch einmal, und Jill blickte wieder auf die Wand vor ihr. Ein Wort stand dort in den Ruß geschmiert. Sie hörte, wie sie schrie. Flammen züngelten ihren Rücken entlang und steckten ihre Haare in Brand, und auch die Buchstaben vor ihr verwandelten sich in Feuer.
    Flieh .
    Jill wachte auf, ein Schrei in ihrer Kehle gefangen. Sie hyperventilierte, konnte ihren Atem nicht beruhigen. Es war ein Traum gewesen. Nicht eine weitere Vision, sondern ein ganz gewöhnlicher Albtraum. Er hatte sich nur irgendwie … anders angefühlt. Sie glaubte nicht, dass sie tatsächlich bevorstehende Ereignisse gesehen hatte, die Bilder kamen ihr eher vor wie eine Warnung. Ob sie aus ihrem eigenen Unterbewusstsein entsprungen sein mochte oder aus einer eher … spirituellen Quelle kam, konnte sie nicht sagen, doch war sie von derselben Dringlichkeit wie ihre Visionen, eine Anweisung, die sie bald würde befolgen müssen, das wusste sie. Vielleicht hatte etwas in ihr sich verändert, möglicherweise etwas … Hormonelles? Konnte es sein, dass sie tatsächlich schwanger war? War es möglich, dass etwas anderes, jemand anderer dies geträumt hatte … in ihrem Körper?
    Jill zuckte zusammen, und beinahe hätte sie ihren zurückgehaltenen Schrei doch noch ausgestoßen, als sich eine kalte Hand auf ihre Schulter legte und eine zweite über ihren Mund. Mit weit aufgerissenen Augen wirbelte sie zu ihrem Angreifer herum, dessen schmale Silhouette sich als Schatten vor dem ersterbenden Feuer abzeichnete.
    »Schhh«, flüsterte Jake. »Wir müssen die anderen noch ein bisschen schlafen lassen. Sie werden ihre Kraft bald brauchen.«
    Langsam zog er seine Hand von ihrem Mund weg und machte einen Schritt zurück. Die kleinen Flammen des ziemlich heruntergebrannten Feuers schimmerten in den verschiedensten Rottönen auf seinen Wangen. Jill schaute zu Mare hinüber, der auf seinem Schlafsack lag, die Decke, die sie sich geteilt hatten, zu einem Knoten über seiner Hüfte aufgetürmt. Er bewegte sich kurz, zog die Decke bis zu seinem Kinn hinauf und rollte sich dann auf die Seite.
    »Draußen«, sagte Jake flüsternd und hielt ihr seine Hand hin.
    Jill stand auf und nahm seine kleine Hand. Jakes Finger waren kalt wie Eis. Dann gingen sie von der Feuerstelle weg und leise die Steinstufen hinauf. Sie musterte Jake aus dem Augenwinkel, aber er blickte stur geradeaus, der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet nicht das Geringste. Als sie den Tunnel erreicht hatten und sich aus dem schwachen Feuerschein in die Umarmung der dunklen Schatten begaben, sagte er endlich etwas.
    »Ich hatte einen Traum.« Seine Stimme war so leise, dass Jill ihn nur verstehen konnte, weil der Hall die Worte verstärkte. »Einen, du weißt schon, einen normalen Traum.« Er machte eine Pause, und eine Zeit lang war nur das Geräusch ihrer schlurfenden Schritte auf dem Felsenboden zu hören. »Da war ein großes Gebäude, ein Wolkenkratzer, aber er war so schwarz, so kalt. Alles darum herum war verbrannt, so weit, wie ich sehen konnte. Und es hing immer noch ein Rauchschleier über allem.« Er ging um die Biegung des Tunnels, und seine Stimme wurde noch leiser, sein Tonfall und seine Bewegungen fast so, als würde er immer noch schlafen oder befände sich in Trance. »Ganz oben auf dem Gebäude stand ein Mann. Ich konnte ihn eigentlich nicht richtig sehen, aber irgendwie doch. Er war sogar noch schwärzer als der Wolkenkratzer, nur seine Augen haben geleuchtet wie rote Ampeln. Ich konnte nicht wegschauen. Ich habe es versucht, aber ich konnte nicht. Er … er hat mich einfach

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