Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer
noch ein leichtes (nicht gleich das ganze Pulververschießen) Lifting, denn jetzt gibt es wieder viel zu lachen.
In zehn Jahren, beim ersten Veteranentreffen, wird man sich wahrscheinlich nur anhand von Fotos aus der Zeit vor dem Abitur legitimieren können. („Ach, du bist das? Du warst doch früher eigentlich recht hübsch.“)
Total out als Abiturgeschenk ist jedenfalls bei beiden Geschlechtern das Cabrio. Das sollte man nämlich seit der mittleren Reife besitzen.
Vor der großen Freiheit ist eine letzte Hürde zu überwinden: die Abiturfeier. Die Aula ist bereits geschmückt, im Hintergrund lauert der Elternbeirat mit selbst gebastelten Kanapees, das Schulorchester intoniert den Kanon von Pachelbel, dann die Rede des Schulleiters. Er hat ein originelles Thema gewählt – den Ernst des Lebens. Eine Rede, die sich in den vergangenen Jahren in sämtlichen Nachbarschulen mehrfach bewährt hat. Anschließend der Schulchor mit einem zum Anlass passenden Arrangement. Sehr beliebt: Pink Floyd, „We don’t need no education“. Szenenapplaus der Abiturienten bei der Textzeile „Hey!Teachers! Leave us kids alone!“ und mancher Lehrer im Publikum ist insgeheim glücklich darüber, dass es umgekehrt ist.
Die Abiturrede der Schülervertreterin fällt so brav aus, dass sich die Alt-68er mit Wehmut an ihre eigene Abiturfeier erinnern (zu der war man noch im Schlafanzug erschienen, um das System gnadenlos zu demaskieren). Heute tragen die Jungen bereits den klassischen Businessanzug – als hätten sie ihr BWL-Studium schon halb hinter sich. Die Mädchen dagegen zeigen sich sehr geschmackvoll im trägerlosen Abendkleid, wobei sie allerdings der ungewohnten Statik nicht ganz trauen. Bevor sie die Treppe zur Bühne hinaufstöckeln, sichern sie mit einem beherzten, beidhändigen Griff ruckartig den korrekten Sitz des Dekolletés. (Glücklicherweise ist bisher noch keinem der Jungen eingefallen, den entsprechenden männlichen Kontrollgriff einzusetzen.)
Damit sind wir nun schon beim Höhepunkt der Veranstaltung angelangt, der Überreichung der Abiturzeugnisse, und haben so natürlich wichtige Tagesordnungspunkte übersprungen: die Rede der Elternbeiratsvorsitzenden, abgelesen aus der Loseblattsammlung der „Landes-Eltern-Vereinigung“ und den zweiten Beitrag des Schulchors („We are the champions“).
Ausgabe der Zeugnisse also: Wie immer hat sich der Schulleiter nicht die Mühe gemacht, die Namen vorher anzusehen, und scheitert deshalb mehrmals am Migrationshintergrund seiner Klientel. Für die Schüler dagegen ungewohnt die Anrede mit „Frau“ und „Herr“, weshalb die ersten im Alphabet noch versuchen, ihre Eltern nach vorne zu schicken. Auch der Schulleiter hat seine Probleme mit der Anrede, seit sich Namen wie Kim, Lucca, Helge etc. durchsetzen. Aber er bringt die Zeugnisse ohne größere Peinlichkeiten an die „Frau“ und den „Mann“, die Feierlichkeiten nähern sich dem Ende. Der Blumenschmuck wird schon sichtbar welker, der Sekt ist bereits handwarm und hinten am Buffet wird die Stimmung immer besser, weil sich die als Helfer eingesetzten Schüler über die Kanapees hermachen. Spricht der Schulleiter dann endlich das erlösende Schlusswort „Das Buffet ist eröffnet!“, kommt seine Ankündigung, wie so oft bei ihm, lange nach dem Vollzug.
Draußen vor der Schule warten schon einige Abiturienten, um ihre Abiturzeitung zu verkaufen, in welcher der Hausmeister als Giftzwerg bezeichnet wird. Der Schulleiter hat den Artikel gelesen, wissend gelächelt und den Verkauf in der Schule verboten. Drinnen aber steht so mancher Lehrer ratlos herum. Mit feuchten Augen, vom Abschiedsschmerz übermannt. Man hat die Bande lieb gewonnen in diesen acht, neun, oft sogar zehn gemeinsamen Jahren. Man hat gekämpft, miteinander, gegeneinander und gemeinsam gegen den Lehrplan und den inneren Schweinehund. Sicher, man ist nicht undankbar, mit manchen nicht mehr so regelmäßig zu kollidieren. Aber fehlen werden sie einem trotzdem! Eine klassische Ambivalenz – das unbestimmte Gefühl zwischen gerührt und geschüttelt.
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