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Lehrer-Schueler-Konferenz

Lehrer-Schueler-Konferenz

Titel: Lehrer-Schueler-Konferenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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zu beenden, und ich habe versucht, mich loszureißen, und dabei ging das Hemd kaputt.
    Rektor : Du bist eigentlich gar nicht böse auf Herrn Larsen– du hast das Gefühl, es war nicht seine Schuld.
    Schüler : Nein, er ist in Ordnung. Ich muss jetzt gehen. Hm– Sie werden nichts sagen?
    Rektor : Nicht, wenn du nicht einverstanden bist.
    Schüler : Gut. Bis morgen.
    Der Rektor gab an, dass die ganze Unterhaltung keine zehn Minuten dauerte. Während es nicht ungewöhnlich ist, dass aktives Zuhören ein Gespräch von Anfang bis Ende so leicht fließen lässt wie dieses, müssen Lehrer begreifen, dass manche Gespräche auch in Vieldeutigkeit und scheinbarer Verwirrung enden können, wie das folgende.
    Schülerin : Wissen Sie, ich mache im kommenden Frühling das Abitur und möchte es eigentlich gar nicht. Es wäre fabelhaft, wenn ich noch ein Jahr länger hier zur Schule gehen könnte.
    Lehrer : Es gefällt dir nicht, dass die Schule zu Ende geht.
    Schülerin : Ja. Es ist weniger, dass ich so gern zur Schule gehe, ich weiß bloß nicht, was ich im nächsten Jahr tun soll, wissen Sie? Ich möchte an der Universität weitermachen, aber das kostet viel Geld, und mein Vater kann sich das nicht leisten. Ich könnte einen Job annehmen, aber die, die ich kriegen kann, werden schlecht bezahlt. Die sind eigentlich nichts Richtiges.
    Lehrer : Du bist ziemlich enttäuscht über die Möglichkeiten, die du dir nach dem Abitur ausrechnest.
    Schülerin : Ja, das bin ich, es sei denn, ich ginge in die Stadt, wo mein Freund lebt, und besuchte wie er die Kunstakademie. Ich könnte mit ihm zusammenleben, verstehen Sie. Wir könnten uns die Kosten für Wohnung, Essen und so teilen. (Pause) Das Problem ist nur, mein Vater würde mich erschlagen, wenn er dahinterkäme.
    Lehrer : Du hast Angst davor, wie er reagieren würde, wenn er dahinterkommt, dass du mit deinem Freund zusammenlebst.
    Schülerin : Oh, ich weiß, wie er reagieren würde. Er würde mich zurückholen. Da ist noch ein Problem. Mein Vater mag Peter, das ist mein Freund, nicht. Größtenteils liegt das daran, dass er lange Haare hat und ganz besessen von Musik und Kunst ist. Vater ist eher der herbe Typ, verstehen Sie?
    Lehrer : Sie sind sehr verschieden.
    Schülerin : Gar nicht mal so sehr. Unter seinem ganzen männlichen Gehabe ist Vater sehr lieb, ähnlich wie Peter… Ich glaube, sie sind sich in vieler Hinsicht ähnlich. Es ist nur, mein Vater hat sehr ausgeprägte Vorstellungen von dem, was ein Mann tun muss, um ein Kerl zu sein– zum Beispiel Fußball spielen, Bier trinken und Soldat werden. Ich glaube, er ist eigentlich ein Männlichkeitsfanatiker, denn er meint, Mädchen wären zu nichts fähig. Er sagt, Peter ist wie ein Mädchen, weil er nur malt und komponiert und so.
    Lehrer : Er ist der Meinung, das sei nichts für Jungen?
    Schülerin : Ja, das findet er. (Pause) Ich glaube, er wünschte sich einen Jungen.
    Lehrer : Du glaubst, er war enttäuscht, dass du kein Junge warst.
    Schülerin : Ja, er wünschte sich einen Jungen. Meine Mutter starb bei meiner Geburt, und meine Großmutter lebte bei uns, als ich klein war. Ich erinnere mich, dass er ihr sagte, es würde bestimmt leichter sein, mich großzuziehen, wenn ich ein Junge wäre. Ich glaube, dass er Peter deshalb nicht mag. Wenn ich ein Junge gewesen wäre, hätte er mich Fußball spielen gelehrt und hart zu sein wie er. Als ich anfing, mich zu verabreden, dachte er, ich würde mit solchen Burschen ausgehen, glaube ich. Aber das tat ich nie. Na ja, Peter ist der Einzige, mit dem ich gegangen bin, ernsthaft, wissen Sie. Einmal habe ich mich mit einem Jungen vom Fußballverein verabredet, weil ich dachte, es würde Vater glücklich machen, aber der Kerl war ungehobelt.
    Lehrer : Das war kein schönes Erlebnis für dich.
    Schülerin : Überhaupt nicht! Ich merkte, dass ich nicht mit Jungen ausgehen kann, um Vater eine Freude zu machen. Ich muss mit denen ausgehen, die mir gefallen, und wenn sie lange Haare und Eckzähne wie Dracula haben. Wissen Sie, in meiner Klasse ist ein Junge, der ist wirklich super. Mit dem würde ich sofort ausgehen, aber ich glaube, der hätte keinen Blick für mich übrig.
    Lehrer : Du glaubst, bei ihm hättest du keine Chancen, hm?
    Schülerin : Nicht, seit ich so zugenommen habe. Seit Peter fort ist, sitze ich

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