Leibniz war kein Butterkeks
Eigenschaften hat, auf die ganz viele andere Hennen ebenfalls stehen, dann werden die Jungs, die die Henne mit diesem Casanova zeugt, wahrscheinlich ähnliche Eigenschaften besitzen wie ihr eitler Daddy. Das heißt: Auch sie werden für Hennen sexy sein und somit mehr Nachkommen zeugen! Was macht also die kluge Hennenmama? Sie krallt sich den Hahn mit dem schönsten Federkleid und steigert so ihre Chance, später einmal viele kleine Enkel, Urenkel, Ururenkel und so weiter zu bekommen.
Hey, super! Du hast gerade die »Sexy-Sohn-Hypothese« formuliert. In der Tat steigt mit der Attraktivität des Vaters die Attraktivität der Söhne. Wählt das Weibchen ein besonders attraktives Männchen, so vergrößert sich dadurch die Chance, viele Nachkommen zu haben. Für Pfauenhennen ist der prächtige Federschmuck des Hahnes ein Schlüsselreiz, der ihre Paarungsbereitschaft erhöht. Das hat im Laufe der Zeit zu einem grandiosen Schönheitswettbewerb bei den männlichen Vertretern dieser Art geführt. Um sich fortpflanzen zu können, mussten sie all ihre Energie dafür einsetzen, ihre sexuellen Konkurrenten in puncto Schönheit und Anmut zu überbieten. Sie riskierten sogar, vorzeitig gefressen zu werden – nur, um den Weibchen zu gefallen!
So soll es ja auch sein, hehe …
Habe ich mir gedacht, dass dir das gefällt! Eine Frage aber bleibt: Warum fahren die Hennen ausgerechnet auf auffallend gefärbte Pfauen mit imposanter Schleppe ab – statt auf unauffälligere, graue Hähne mit kurzen Schwanzfedern?
Na ja, ich kann die Hennen durchaus verstehen: Ich mag auch keine Typen, die völlig farblos sind.
Gut, aber warum ist das so? Warum züchten die Hennen bei ihren Geschlechtspartnern ausgerechnet solche Eigenschaften heran, die ganz besonders kostenintensiv sind?
Weiß nicht. Vielleicht ist das so eine Art »Test«, mit dem die Hennen herausfinden, ob die Jungs wirklich gesund sind und gutes Erbmaterial haben?
Ja, sehr gut! Jetzt bist du schon ganz nahe dran an einer wirklich guten Erklärung des Phänomens! Es fehlt nur noch eine Kleinigkeit. Vielleicht kommst du ja selber darauf. Ich stelle dir die Frage noch einmal in einer etwas anderen Formulierung: Warum stacheln die Hennen die Hähne dazu an, in einen Wettbewerb zu treten, bei dem es ausgerechnet darum geht, überflüssige oder sogar gefährliche Eigenschaften zu entwickeln?
Vielleicht weil sich nur diejenigen Hähne einen solchen Luxus leisten können, denen es ansonsten an nichts fehlt? Ich meine: Wer gerade mal so über die Runden kommt, der wird doch kaum die Energie dazu aufbringen, sich besonders prächtig zu schmücken, oder?
Absolut korrekt! Das israelische Biologenehepaar Amotz und Avishag Zahavi hat diesen Sachverhalt mit dem Begriff »Handicap-Prinzip« gekennzeichnet. Dieses Prinzip besagt, dass gerade derjenige, der sich ein »Handicap«, also einen Nachteil im Kampf ums Überleben, leisten kann, von seiner Umgebung als besonders potent und attraktiv wahrgenommen wird. Er zeigt seiner Umwelt mit kostspieligen Signalen, dass er ein »echter Siegertyp« ist. Mit seinem Federschmuck demonstriert der stolze Pfau: »Schaut her: Ich bin ein derart cooler und potenter Typ, dass es mir überhaupt nichts ausmacht, eine so gigantische Schleppe hinter mir herzutragen! Also, ihr Hennen, haltet euch am besten an mich, denn ich hab definitiv den Längsten!«
Hahaha! Das klingt ziemlich menschlich! Ist die Welt denn wirklich so voller Angeber?
Wohin du auch schaust. Denk nur an all die farbenfrohen Fische und Vögel! Oder an die gewaltigen Mähnen der männlichen Löwen, die in den heißen Gebieten, in denen sie leben, ebenfalls kostspielige Signale sind.
Löwinnen fahren also auf lange Mähnen ab?
Ja, mit einem Glatzkopf würden sie nichts anfangen! Die Mähnen zeigen ihnen, dass der Kerl gut genährt ist und einen hohen Testosteron-Spiegel hat. Also schwitzen die Löwenmännchen lieber in der sengenden Hitze, als dass sie ihre Chance verspielen, bei den Weibchen gut anzukommen.
Mir fällt auf, dass es in der Natur meist die Männchen sind, die sich so üppig schmücken. Woran liegt das?
Das hat damit zu tun, dass meist die Weibchen bestimmen, mit wem sie sich paaren und mit wem nicht. Deshalb sehen sich die Männchen genötigt, um die Gunst der Weibchen zu buhlen und auf jede erdenkliche Weise zu demonstrieren, dass sie die bessere Wahl sind als ihre sexuellen Konkurrenten.
Warum ist das eigentlich so? Warum treffen meist die Weibchen die Wahl – und
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