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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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meisten waren überwuchert und ungepflegt.
     Dahinter befanden sich dunkle, bedrohlich wirkende Kiefernwälder, und geradeaus konnte ich die Umrisse eines niedrigen, fabrikähnlichen
     Gebäudes mit einem gedrungenen Turm sehen, das wohl das Bestattungsunternehmen war.
    Etwas abseits markierte eine Gruppe geparkter Fahrzeuge unser Ziel. Wir hielten neben ihnen an und stiegen aus. Ich zitterte
     in der kühlen Morgenluft und schob meine Hände in die Taschen. Dunstschwaden hingen über dem vom Tau silbrigen Gras, als wir
     uns dem Zentrum der Betriebsamkeit näherten.
    Vor dem Grab waren Trennwände aufgerichtet worden, obwohl zu dieser Tageszeit noch keine Besucher auf dem Friedhof waren.
     Ein kleiner Bagger hob tuckernd und vibrierend eine Schaufel nackter Erde an, die hinabrieselte, als sie auf dem größer werdenden
     Haufen abgeladen wurde. Die Luft roch nach Lehm und Abgasen, das Grab war jedoch bereits fast vollständig ausgehoben und sah
     wie eine klaffende schwarze Wunde aus.
    Gardner und Jacobsen standen mit ein paar Offiziellen und Arbeitern zusammen, die darauf warteten, dass der Bagger seine Arbeit
     erledigte. Etwas abseits davon stand Hicks. Der kahle Kopf des Pathologen ragte aus einem übergroßen Regenmantel, in dem er
     mehr denn je einer Schildkröte ähnelte. Seine Anwesenheit war kaum mehr als eine Formalität, denn die Leiche würde zur Untersuchung
     mit ziemlicher Sicherheit Tom übergeben werden.
    Man konnte Hicks ansehen, dass er nicht glücklich darüber war.
    In der Nähe stand ein weiterer Mann. Er war groß und |91| trug einen vornehmen Kamelhaarmantel über einem dunklen Anzug mit Krawatte. So, wie er die Arbeit des Baggers beobachtete,
     konnte man nicht sagen, ob er nur zurückhaltend oder aber gelangweilt war. Als er uns bemerkte, schien er munterer zu werden
     und musterte Tom aufmerksam.
    «Tom», sagte Gardner. Die Augen des TB I-Agenten waren rot und geschwollen. Im Kontrast dazu sah Jacobsen in ihrem elegant gegürteten Mantel so frisch aus, als hätte sie
     neun Stunden lang friedlich geschlafen.
    Tom lächelte, sagte aber nichts. Obwohl es nur wenig bergan gegangen war, bemerkte ich, dass er nach dem kurzen Weg vom Wagen
     außer Atem war. Hicks warf ihm einen neidischen Blick zu, begrüßte ihn aber nicht, während er mich überhaupt nicht beachtete.
     Stattdessen zog er ein schmuddeliges Taschentuch hervor und putzte sich lautstark die Nase.
    Gardner zeigte auf den großen Mann im Kamelhaarmantel. «Das ist Eliot York. Er ist der Besitzer von Steeple Hill und hat uns
     geholfen, die Exhumierung zu organisieren.»
    «Immer zu Ihren Diensten.» York eilte heran, um Tom die Hand zu schütteln. «Dr.   Lieberman, es ist mir eine Ehre, Sir.»
    Sein Rasierwasser konnte man selbst durch die Abgase des Baggers riechen. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig, aber es war schwer
     zu sagen. Er war ein großer, dicker Mann mit einem dieser faltenlosen Gesichter, die im Alter voller zu werden schienen. Doch
     sein dunkles Haar sah irgendwie gefärbt aus, und als er sich umdrehte, sah ich, dass es sorgfältig über eine kahle Stelle
     gekämmt war.
    Mir fiel auf, dass Tom seine Hand so schnell wie möglich zurückzog, bevor er mich vorstellte. «Das ist mein Kollege, Dr.   Hunter. Er ist aus England zu Besuch bei uns.»
    York grüßte mich flüchtig. Aus der Nähe erwiesen sich die Ärmel seines Mantels als abgewetzt und ausgefranst, |92| und soweit ich sehen konnte, hätte der schwarze Anzug darunter eine Reinigung nötig gehabt. Angesichts der blutigen Schnitte
     und der übersehenen Stoppeln hatte er sich entweder hastig oder mit einer stumpfen Klinge rasiert. Und selbst sein aufdringliches
     Rasierwasser konnte den Zigarettenatem nicht verbergen, geschweige denn die gelben Nikotinflecken auf seinen Fingern.
    Noch ehe er meine Hand losließ, wandte er sich schon wieder an Tom. «Ich habe viel über Ihre Arbeit gehört, Dr.   Lieberman. Und natürlich von Ihrem Institut.»
    «Danke, aber es ist eigentlich nicht ‹mein› Institut.»
    «Natürlich nicht. Aber es ist trotzdem eine Ehre für Tennessee.» Er lächelte schleimig. «Nicht dass ich meinen, äh, Beruf
     mit Ihrem vergleichen möchte, aber ich glaube, auf meine bescheidene Art stehe auch ich im Dienst der Öffentlichkeit. Ein
     nicht immer angenehmer, aber nichtsdestoweniger notwendiger Dienst.»
    Toms Lächeln flackerte kein bisschen. «So ist es. Sie haben also dieses Begräbnis durchgeführt?»
    York neigte den Kopf. «Wir

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