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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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quietschten auf dem Linoleumboden, als
     ich durch die Korridore zur Intensivstation ging. Tom lag in einem Einzelzimmer. In der Tür befand sich ein kleines Fenster,
     durch das ich Mary neben seinem Bett sitzen sehen konnte. Ich klopfte leise gegen die Scheibe. Zuerst schien sie es nicht
     zu hören, aber dann schaute sie auf und winkte mich herein.
    Sie war um mindestens zehn Jahre gealtert, seit ich vor zwei Abenden bei ihnen zum Essen gewesen war, aber ihr Lächeln war
     so warmherzig wie immer.
    «David, du hättest nicht kommen müssen.»
    «Ich habe es gerade erst erfahren. Wie geht es ihm?»
    Wir flüsterten, obwohl kaum die Gefahr bestand, Tom zu stören. Mary deutete mit einer vagen Handbewegung auf ihren Mann. «Die
     Bypassoperation ist gut verlaufen. Aber er ist sehr schwach. Und es besteht die Gefahr, dass er einen weiteren Anfall haben
     könnte   …» Sie verstummte, ihre Augen waren feucht geworden. Sie gab ihr Bestes, um sich zu beherrschen. «Aber du kennst ja Tom. Zäh
     wie Leder.»
    Ich lächelte mit einer Zuversicht, die ich nicht fühlte. «Ist er schon mal zu Bewusstsein gekommen?»
    «Nicht richtig. Vor ein paar Stunden ist er zu sich gekommen, aber nicht lange. Er schien immer noch nicht zu wissen, wer
     von uns jetzt krank ist. Ich musste ihm versichern, dass es mir gutgeht.» Als sie lächelte, bebten ihre Lippen und verrieten
     ihre Angst. «Aber er hat dich erwähnt.»
    «Mich?»
    |226| «Er hat deinen Namen gesagt, und du bist der einzige David, den wir kennen. Ich glaube, er wollte, dass ich dir etwas sage,
     aber ich konnte nur ein Wort verstehen. Es klang wie ‹spanisch›.» Sie sah mich erwartungsvoll an. «Sagt dir das etwas?»
    Spanisch?
Damit konnte ich nichts anfangen, es schien nur ein weiterer Beweis für Toms geistige Verwirrung zu sein. Ich versuchte, mir
     die Bestürzung nicht ansehen zu lassen. «Nicht dass ich wüsste.»
    «Vielleicht habe ich mich verhört», sagte Mary enttäuscht. Sie schaute bereits zum Bett und wollte offensichtlich zurück zu
     ihrem Mann.
    «Ich gehe lieber», sagte ich. «Wenn ich irgendetwas tun kann   …»
    «Ich weiß. Danke.» Sie hielt stirnrunzelnd inne. «Das hätte ich fast vergessen. Hast du Tom gestern Abend angerufen?»
    «Nein, gestern Abend nicht. Ich habe nachmittags mit ihm gesprochen, so gegen vier Uhr. Warum?»
    Sie machte eine unbestimmte Handbewegung. «Ach, es ist wahrscheinlich unwichtig. Aber Summer hat gesagt, sie hätte sein Handy
     klingeln gehört, bevor er den Anfall hatte. Ich habe mich nur gefragt, ob du es vielleicht warst, aber egal. Es kann nichts
     Wichtiges gewesen sein.» Sie umarmte mich schnell. «Ich sage ihm, dass du hier gewesen bist. Das wird ihn freuen.»
    Ich ging zurück nach draußen. Nach der bedrückenden Stille auf der Intensivstation war es herrlich, wieder in der Sonne zu
     sein. Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete die frische Luft ein, um den Geruch nach Krankheit und Antiseptikum aus
     der Nase zu kriegen. Ich schämte mich, es mir einzugestehen, aber ich konnte nicht leugnen, wie schön es war, wieder draußen
     zu sein.
    |227| Als ich zu meinem Wagen ging, musste ich an Marys Worte denken. Was hatte Tom gesagt?
Spanisch
. Ich grübelte darüber nach, denn ich wollte irgendeinen Sinn dahinter sehen, anstatt einen weiteren Beweis für seine Verwirrtheit
     zu finden. Aber sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach, mir fiel nicht ein, was es bedeuten könnte und warum er mir das hatte
     sagen wollen.
    Die Sache beschäftigte mich so sehr, dass ich mich erst beim Wegfahren daran erinnerte, was Mary mir noch gesagt hatte.
    Dann fragte ich mich, wer Tom so spät am Abend angerufen haben könnte.
     
    Die Pfanne steht schon zu lange auf dem Feuer. Du siehst den
herausziehenden Rauch und hörst, wie es unter dem Deckel
zu zischen beginnt. Aber erst als der Rauch über dem Herd
zu einer dichten Wolke wird, raffst du dich endlich vom Tisch
auf. Das Chili ist vertrocknet und angebrannt. Der Gestank
muss fürchterlich sein, aber du kannst ja nichts riechen.
    Wenn du doch nur gegen alles so immun wärst.
    Du hebst die Pfanne hoch, lässt sie aber sofort wieder
fallen, weil der Metallgriff dir die Hand verbrennt. «Scheißteil
!» Du nimmst ein altes Handtuch und trägst sie vom
Herd zur Spüle. Als du kaltes Wasser hineinlaufen lässt,
steigt zischend Dampf auf. Du starrst auf die Schweinerei,
aber es ist dir egal.
    Nichts spielt mehr eine Rolle.
    Du trägst noch die Uniform, aber jetzt hat sie

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