Leichenfresser - Thriller
dir, Mann. Sie hat ... bloß eine merkwürdige Art, es zu zeigen.«
Ihm wurde auf Anhieb klar, wie unaufrichtig er sich anhörte.
Doug antwortete nichts darauf. Er starrte in den Regen hinaus und beobachtete, wie die Tropfen an den Fensterscheiben herunterliefen und vom Dach des Schuppens der Gracos strömten.
»Ernsthaft«, sagte Timmy, obwohl er es selbst nicht glaubte, »du weißt doch, dass sie dich liebt, oder?«
Langsam sah Doug ihn an. Seine Unterlippe zitterte, und in den Augen hatte er einen gequälten, wilden Ausdruck, den Timmy noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Sein Gesicht war erbleicht.
»Das ist es ja grade. Sie liebt mich zu sehr . Sie ...«
Er schluchzte und konnte nicht weitersprechen. Schniefend wandte er sich ab. Er ballte die Hände zu Fäusten und schlug sich damit wieder und wieder auf die Beine.
Timmy streckte den Arm aus. »He.«
Dougs gesamter Körper begann zu beben. Er gab einen Laut wie ein verwundetes Tier von sich.
»Sie ...«
»Doug, was ist?«
Ein Teil von Timmy fürchtete, die Antwort bereits zu kennen, und ein anderer Teil von ihm fürchtete sich noch mehr davor, dass sich sein Verdacht bestätigen könnte – davor, was es für seinen Freund und für sie alle bedeuten könnte. Einen Verlust der Unschuld, einen dunklen Übergang von der Kindheit in den Beginn der Männlichkeit. Nicht einmal sich selbst gegenüber vermochte er, die Emotionen zu beschreiben, doch sie waren vorhanden, steckten tief in ihm, sprudelten an die Oberfläche und quollen über den Rand.
»Was immer es ist, du kannst es mir erzählen.«
»Sie ... oh Gott!«
Tränen rollten über Dougs Wangen. Als er zu reden anfing, begann er langsam, würgte jede Silbe, jedes Wort qualvoll gedehnt hervor. Aber je weiter er kam, desto schneller sprach er – und bestätigte alles, was Timmy befürchtet hatte.
»Sie ... sie kommt nachts zu mir. In mein Zimmer. Wenn ich schlafe. Sie f-fasst mich an. Da unten. Und ich will nicht, dass es mir gefällt. Ich will keinen ... du weißt schon, keinen Steifen kriegen. Aber ich tu’s trotzdem. Tief in mir will es ein Teil von mir. Ich kann nichts dagegen tun. Ich kann es nicht kontrollieren. Sie nimmt ... nimmt mein Ding ... in den Mund ... und ich kann sie nicht aufhalten. Und dann passieren Sachen. Ich mag nicht, wie es sich anfühlt, trotzdem lasse ich es sie tun.«
Doug schauderte angesichts der Erinnerungen, und Timmy stellte fest, dass es ihm genauso erging.
»Wie lange?«
Verwirrt sah Doug ihn an. »Wie lange was?«
»Wie lange geht das schon so?«
»Es hat angefangen, nachdem mein Dad verschwunden ist. Kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Manchmal ist alles verschwommen, verstehst du? Sie hat ihren Job als Krankenpflegerin in der Privatschule verloren. Etwa um dieselbe Zeit ist Dad abgehauen. Statt sich irgendwo anders eine Stelle als Schulkrankenpflegerin zu suchen, ist Ma einfach zu Hause geblieben und hat angefangen, zu trinken. Sie hat vor dem Fernseher gehockt, vor sich hingestarrt und geweint oder sich zwölf Stunden am Stück in ihrem Zimmer eingeschlossen. Irgendwann hat sie damit begonnen, die ganze Nacht wach zu bleiben, meist betrunken, und dann den ganzen Tag zu schlafen. Und um die Zeit ging’s damit los, dass sie nachts in mein Zimmer kam. Timmy – die Sachen, die sie sagt ... die Dinge, die sie tut ... Irgendwie fühlen sie sich gut an. Und das ist das Schlimmste daran – weil sie das nicht sollten. Barry und du reißen Witze darüber, wenn wir im Bunker sind und die Briefe in diesen Zeitschriften lesen, aber im echten Leben ... Im echten Leben ist es grauenhaft. Man will so was nicht hören. Nicht von der eigenen Mutter. Nicht von ...«
Der Rest ging in Tränen unter. Er ließ den Kopf hängen und schluchzte in seine Brust. Nach einer Weile stieg Timmy aus dem Bett und tapste zu ihm hinüber. Er setzte sich hin, zögerte kurz und schlang den Arm um seinen besten Freund. Doug versteifte den Körper, rührte sich jedoch nicht. Lange Zeit verharrten sie so. Gelegentlich drückte Timmy die Schulter seines Freundes.
Draußen grollte der Donner. Ein weiterer heftiger Schlag ließ die Fenster vibrieren. Bei dem Geräusch zuckten beide Jungen zusammen, dann beruhigten sie sich wieder.
»Deshalb hab ich innen an meiner Tür ein Schloss angebracht«, erklärte Doug und wischte sich die Nase mit dem T-Shirt ab. »Barry und du, ihr habt mich wegen diesem Riegel ausgelacht, aber ihr habt es nicht verstanden. Ihr habt es nicht gewusst. Der ist
Weitere Kostenlose Bücher