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Leichenfresser - Thriller

Leichenfresser - Thriller

Titel: Leichenfresser - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Augenblick hasste er seinen Vater weit mehr, als er Barrys Vater je gehasst hatte.

Zwölf
    Doug radelte die Laughman Road hinab. Die Speichen seiner Räder surrten leise, während sich die Reifen unablässig drehten. Die weißen Reflektoren seines Fahrrads blitzten in der Dunkelheit, wenn Mondlicht auf sie traf. Er raste an Catchers Zufahrt vorbei, doch falls der Dobermann noch wach war, jagte er nicht hinter Doug her. Der Junge seufzte vor Erleichterung tief auf und strampelte weiter.
    Er war schweißgebadet aufgewacht, als seine Mutter ihren Mund über sein Glied gestülpt hatte. Irgendwie war es ihr bereits gelungen, ihm die Pyjamahose nach unten zu ziehen, während er schlief. Verängstigt und orientierungslos hatte er sich mit einem Ruck von ihr befreit, im Zimmer umgesehen und sich gefragt, wie sie hereingelangt war. Dann sah er es. Er hatte seine kargen Ersparnisse zwar für ein Schloss für die Tür geopfert, aber er hatte das Fenster vergessen. Es stand offen und das Insektenschutzgitter fehlte. So betrunken seine Mutter auch sein mochte, es war ihr trotzdem gelungen, das Gitter zu entfernen. Dann war sie hereingekrochen, während er schlief, erschöpft von den traumatischen Ereignissen des Tages.
    Sie griff erneut nach ihm. Doug wehrte sie ab und schaffte es, seine Pyjamahose wieder hochzuziehen, während sie auf dem Boden saß und weinte. Dann tröstete er sie, hielt sie fest und flüsterte ihr beruhigende Worte zu, bis sie die Besinnung verlor und auf seine Schulter sabberte. Kaum begann sie zu schnarchen, schob er sich unter ihr hervor, zog sich an und ging. Mittlerweile war es eine Viertelstunde nach Mitternacht. Mit etwas Glück würde Timmy noch wach sein – wahrscheinlich las er unter der Decke mit einer Taschenlampe Comics. Doug konnte an sein Fenster klopfen und die Nacht bei ihm verbringen.
    Nachts wirkte Bowmans Wald anders. Furchteinflößend. Die Äste der Bäume schienen sich über die Straße zu strecken und nach ihm zu greifen. Die Finsternis zwischen ihren Stämmen mutete wie etwas Greifbares an und aus den Schatten drangen seltsame Laute, Nachtgeräusche: knackende Zweige, raschelnde Blätter, ein zirpender Chor von Grillen, etwas, das eine Eule sein mochte – oder Gelächter.
    Schaudernd trat Doug schneller in die Pedale.
    Zu seiner Linken knackte ein weiterer Zweig, als verfolge ihn etwas. Dann noch einer. Je schneller er fuhr, desto schneller wurde die Abfolge der Laute.
    Sein Verstand beschwor Bilder von Jason Vorhees, Michael Myers und jedem anderen Wahnsinnigen aus Horrorfilmen herauf, die er nun bedauerte, gesehen zu haben. Was, wenn sich Pats Mörder in diesem Augenblick im Wald aufhielt und ihn lauernd beobachtete? Immerhin waren es Timmy und er gewesen, die Pats Auto – und Pat – entdeckt hatten.
    Abermals beschleunigte er. Der Wind zerzauste ihm das Haar und kühlte den Schweiß auf seiner Stirn. Seine Pedale klackten in einem steten Rhythmus, streiften den lockeren Seitenständer des Fahrrads. Doug wollte ihn schon länger reparieren oder von Timmys Vater einen neuen montieren lassen, aber er hatte das Geld noch nicht beisammen, um sich einen zu besorgen, weil der Großteil seiner Ersparnisse für Süßigkeiten und Videospiele draufging.
    Schließlich verstummten die knackenden Geräusche. Doug schalt sich, albern zu sein. Wahrscheinlich hatte es sich nur um ein Reh oder ein Eichhörnchen gehandelt.
    Irgendwo tief im Wald ertönte der Ruf einer Nachtschwalbe – ein kläglicher, einsamer Laut. Doug kannte die Ammenmärchen über die Vögel – wenn man sie spätnachts oder kurz vor Sonnenaufgang hörte, bedeutete das, jemand, der einem nahestand, würde sterben. Als das Tier erneut die Stimme erhob, hoffte Doug, dass die Geschichten nicht stimmten. Es waren schon genug Leute gestorben. Mehr mussten wirklich nicht sein.
    Manchmal dachte er übers Sterben nach. Wie es wohl sein würde. Ob es wehtat. Ob danach noch etwas kam, wie Pastor Moore versprach, oder ob nur eine Leere folgte. Er persönlich würde die Leere vorziehen. Schlaf war etwas Feines. Doug schlief gerne. Es war die einzige Zeit, während der er nichts denken und nichts fühlen musste.
    Der Junge erreichte die Kreuzung an der Anson Road und stoppte, um zu Atem zu gelangen. Erleichtert stellte er fest, dass im Wohnzimmer der Gracos Licht brannte, was bedeutete, dass zumindest Timmys Eltern noch wach waren. Und vielleicht würde auch Timmy noch nicht schlafen. Ein Auto stand in der Auffahrt, das andere

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