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Leichtes Beben

Leichtes Beben

Titel: Leichtes Beben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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blickte ihn forschend an.
    »Nein, nur das wollte ich Ihnen sagen«, erwiderte Wilke mit einem leichten Vibrieren in der Stimme.
    »Das haben Sie ja jetzt getan. War’s das?«
    »Ja.«
    Er war im Begriff sich abzuwenden, als die Frau tief inhalierte, den Rauch ausstieß und sagte: »Sie sind von hier, stimmt’s?« Dabei studierte sie sein Gesicht.
    »Ja und nein«, sagte Wilke, wobei er unschlüssig |202| von einem Bein auf das andere trat. »Ich bin hier zur Schule gegangen, ja, aber das ist lange her. Anschließend war ich länger im Ausland.«
    »So«, sagte sie nachdenklich. Über ihre eben noch glatte Stirn zog sich eine kleine Furche. Und plötzlich sagte sie zu Wilkes Verwunderung: »Lassen Sie uns hier verschwinden!«
    »Verschwinden? Aber geht das denn?«, fragte Wilke. »Ich meine, müssen Sie denn nicht weiter …?«
    »Ich muss gar nichts«, sagte sie und drückte die nicht zu Ende gerauchte Zigarette aus.
    »Okay, wie Sie wollen«, sagte Wilke. Er gab dem Barkeeper ein Zeichen und legte einen Schein vor sich auf den Tresen.
    Als er sich wenig später auf der Straße wiederfand und der Geruch von Asphalt und Benzin ihm in die Nase wirbelte, hatte er plötzlich das Gefühl, sich ganz von außen zu sehen, wie von einer Kamera eingefangen: einen Mann, der in der warmen Abendluft steht und unsicher darauf wartet, dass ihm eine wildfremde Frau den Weg in den Abend oder sonst wohin weist.
    »Kommen Sie!«, sagte sie kurz darauf, hakte sich bei ihm unter und zog ihn so, als hätten sie das schon unzählige Male gemacht, mit sich fort.
    »Sie erinnern mich an jemanden«, sagte sie, als sie, nachdem sie keine fünf Minuten gelaufen waren und vor einem Mietshaus stehen blieben, den Schlüssel aus ihrer Handtasche zog.
    »Wirklich? An wen denn?«
    »Das ist lange her«, sagte die Frau, stieß die schwere Haustür auf und schaltete das Flurlicht an.
    |203| »Ist es eine schöne Erinnerung?«, wollte Wilke wissen, während sie in den zweiten Stock hinaufstiegen.
    »Wie man’s nimmt«, sagte die Frau, schloss die Wohnungstür auf und warf ihren Mantel auf einen an der Seite stehenden Holzstuhl. »Was trinken Sie?«, rief sie und verschwand in einem Nebenzimmer.
    »Was haben Sie denn?«, antwortete Wilke. Dabei ließ er seinen Blick über die Wände mit den daran hängenden Bildern gleiten, billigen Reproduktionen von Matisse, Picasso und Chagall. Sicher aus einem Kalender herausgerissen, dachte er.
    Als sie mit zwei halb gefüllten Gläsern in der Hand in die Diele zurückkam, trug sie keine Schuhe mehr. Und auch ihre Bluse hatte sie ausgezogen, sodass sie nur noch mit ihrem Rock und einem cremefarbenen BH bekleidet war.
    »He, du bist aber schnell!«, sagte Wilke und tat unweigerlich einen Schritt rückwärts.
    »Aber das ist es doch, was du willst? Oder etwa nicht?«, sagte sie und hielt ihm immer noch das Glas hin, während sie an ihrem Drink nippte. »Nur keine falsche Scham. Greif nur zu!«, sagte sie, trat ihm entgegen, legte seine Hand auf ihre Brust und drückte sie fest dagegen. Dabei schlang sie ihren Arm um seine Taille und schob ihn sanft ins Schlafzimmer. Sie nahm ihm sein Glas ab, stellte es auf ein Regal und schubste ihn lächelnd auf das zerwühlte Bett.
    »He, he!«, rief Wilke erneut und versuchte sich aufzurichten. Doch im selben Moment setzte sie sich breitbeinig auf seinen Bauch, leerte ihr Glas in einem Zug und ließ es achtlos auf den Boden fallen. Dann |204| öffnete sie mit einer Hand ihren BH, streifte ihn ab und beugte sich zu Wilke hinunter, sodass ihre nackten Brüste auf seinem Gesicht lagen.
    »Nur zu!«, flüsterte sie, und Wilke begann ihre Brüste zu küssen. Die Kraft, die von ihrem Körper ausging, überwältigte ihn, und ihre Entschlossenheit gefiel ihm. Und so presste er sein Gesicht immer fester an sie, griff nach ihren Brüsten, küsste sie und saugte daran.
    »Ja, nur zu, Robert!«, hauchte sie über ihm. »Nicht aufhören!«
    Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie gerade seinen Namen gesagt hatte. Dann hielt er inne. »Woher wissen Sie, wie ich heiße? Ich meine, woher weißt du …?
    »Ach, Robert!«, hauchte sie und ließ spielerisch die Spitzen ihrer Mähne über sein Gesicht gleiten. Wilke sah sie irritiert an.
    »Du hast nicht die leiseste Ahnung, stimmt’s?«, sagte sie und ließ ihren Oberkörper nach hinten fallen.
    »Nein«, antwortete Wilke, der die Arme nach beiden Seiten ausbreitete, als würde er jeden Moment davonfliegen wollen.
    Langsam richtete

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