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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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doch zugegeben. Erinnere dich daran, wie er demonstriert hat, jemanden zu erwürgen. Außerdem gab er zu, dass er einen Obdachlosen aus dem Hauseingang prügeln würde, sollte er entdecken, dass einer dort sein Nachtlager aufschlug.“
    Eine Weile hörte er Tomasz nur atmen. Offenbar dachte er nach und Daniel störte ihn nicht dabei. Schließlich fragte sein Freund einlenkend: „Würde Nadine denn gegen Horst Kranich aussagen?“
    „Sie ist labil.“ Nicht nur weil sie gerade erkältet ist, vermutete Daniel und spähte zu der Einliegerwohnung, an deren Fenster die gleichen Gardinen wie im Haus ihrer Eltern hingen. Sogar das Willkommen-Holzschild an der Haustür, das von einem Strohkranz eingerahmt wurde, war identisch.
    „Also nicht.“ Gereizt stöhnte Tom. „Außerdem wird der Staatsanwalt nicht aufgrund ihrer Zeugenaussage einen Haftbefehl gegen Kranich ausstellen, das weißt du ganz genau. Vielleicht hat Markus Nadine Schmitz auch aus Gründen, die uns nicht bekannt sind, verlassen, und nun rächt sie sich aus gekränkter Eitelkeit an seiner Familie. Hast du das auch in Betracht gezogen oder Horst Kranich schon vorverurteilt?“
    Daniel schwieg, denn Tom hatte ihn eiskalt erwischt. Normalerweise traute er nur hieb- und stichfesten Beweisen. Doch durch seine eigene Familienhölle stand die Schuld des alten Kranichs für ihn fest. Sein Freund weckte Zweifel in ihm, aber nur leise.
    „Wir haben die DNA des Täters“, sagte Tomasz plötzlich, begleitet vom lauter werdenden Prasseln des Regens im Hintergrund.
    Daniels Finger umschlossen das Lenkrad so fest, dass seine Handgelenke weiß hervortraten. „Was?“
    „Backes hat ihren Mörder gekratzt.“ Tomasz’ Schritte waren zu hören, hart und schnell auf feuchtem Asphalt. „Was für ein Sauwetter! Wenn ich dem Staatsanwalt Beweise dafür vorlege, dass Horst Kranich seine Ehefrau Ewa und eventuell auch seine Kinder misshandelt hat – Einsatzprotokolle der Kollegen von der Schutzpolizei wegen häuslicher Gewalt, Belege über Krankenhausaufenthalte, die Bestätigung eines Frauenhauses, falls die nicht auf die Schweigepflicht pochen – weist er vielleicht einen Abgleich zwischen Kranichs DNA und der, die unter Backes’ Fingernägeln sichergestellt wurde, an.“
    „Das wird nichts nutzen.“ Daniel brummte mürrisch, weil er die Klappe halten sollte, aber er war zu sehr Kriminalkommissar, als dass er die Kollegen länger im Dunkeln hätte tappen lassen können. „Es sind zwei Täter.“
    „Zwei?“ Die Schritte verstummten, Tom war stehen geblieben. Als er weitersprach, klang seine Stimme dumpf, als hätte er sich irgendwo untergestellt. „Wie kommst du darauf?“
    „Das Profil des Killers von Schardt, Lenz und Backes passt nicht auf Horst Kranich, wohl aber auf das von Julias Mörder, denn dieser handelte in blinder Wut, den Misshandlungen nach zu urteilen.“ Die Kälte drang in Daniels Wagen ein. Atemwölkchen begleiteten seine Erklärungen. „Der Täter, der die drei Erwachsenen auf dem Gewissen hat, trägt zwar dieselbe Gewaltbereitschaft in sich, aber er kann sich zurückhalten. Über einen längeren Zeitraum spioniert er seine Opfer aus und schlägt im geeigneten Moment eiskalt und präzise nach Plan zu. Er ist nicht wie Kranich.“ Auch nicht wie sein Vater, sondern schlimmer! Eine clevere Bestie. „Der Serienkiller wird nicht von seinem Zorn kontrolliert, sondern er kontrolliert seinen Zorn.“
    „Verdammt, du hast recht. Kranich mag Julia getötet haben, aber für Schardt, Lenz und Backes ist er nicht verantwortlich.“ Ein Feuerzeug zischte. Tomasz inhalierte den Rauch einer Zigarette und stieß ihn mit einem Schnauben wieder aus. „Wie konnten wir so blind sein?“
    „Ihr seid überlastet.“ Und braucht dringend weiteres Personal, fügte Daniel in Gedanken hinzu, und zwar keinen Neuling wie Leander, sondern einen alten Hasen wie ihn.
    Er bohrte seine Fingernägel in seine Handballen, doch der Schmerz nahm ihm nicht die Enttäuschung, dass er mit diesem Wink höchstwahrscheinlich die Chance verspielt hatte, den Fall alleine zu lösen und sich mit diesem Erfolg seinen alten Job zu erkämpfen.
     

34
     
    Volksküche in Köln-Porz
    August, vor einem Jahr
     
    Benjamin sog den gesamten Rauch der Glasbong in nur einem einzigen tiefen langen Atemzug in seine Lungen. Während er ihn wieder ausstieß, schaute er triumphierend zu Maik hinüber, der mit Denis am Hintereingang der Volksküche mit zwei Mädchen sprach. Maik tat so, als hätte er

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