Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
Vom Netzwerk:
er ihn auf eine Mission schickte und je riskanter diese wurde. Wann würde er zufrieden sein und Ben in Ruhe lassen?
    Nie , schrie eine schrille Stimme in ihrem Hinterkopf und bereitete ihr Kopfschmerzen. Die Sorge um ihren Cousin fraß Marie fast auf.
    Er holte sein Smartphone aus der Kängurutasche seines Pullovers. Während er die Daten in die GPS-App eingab, hielt er es so fest, als wollte er es zerquetschen. Der Patron hatte ihm Mathematikaufgaben geschickt, die er hatte lösen müssen, um an die Koordinaten des Schatzes zu gelangen, als ob er ahnte, dass Ben in Mathe besonders schlecht war. Vielleicht wusste er es sogar. Womöglich spionierte er Ben und seine Eltern aus.
    Maries Beschützerinstinkt wuchs plötzlich wie Alice im Wunderland, nachdem sie ein verzaubertes Stück Kuchen gegessen hatte.
    Mit zerfurchter Stirn folgte Benjamin den Koordinaten bis zur Treppe. Er ging ein Stück am Geländer entlang, prüfte das Display und blieb wieder stehen. Als er durch das Treppenhaus, das von allen Etagen einsehbar war, auf das Steinungetüm zeigte, zitterte sein Arm. „Dort muss der Cache sein.“
    „Du machst einen Scherz.“
    „Hoffentlich steht die Kiste einfach nur dahinter.“
    Marie schüttelte den Kopf. „Dort könnte sie doch jeder Besucher und jeder Wärter entdecken.“
    „Vielleicht ist sie im Kies vergraben.“ Ratlos zuckte Ben mit den Achseln.
    „Wie sollte GeoGod das geschafft haben?“
    „Er schafft alles, was er will.“
    Fassungslos betrachtete Marie das Poblicius-Grabmal, das nicht nur zwei Etagen hoch war, sondern auch so zentral im Museum stand, dass sie es unmöglich untersuchen konnten, ohne aufzufallen. Es handelte sich um den Grabturm des Legionsveteranen Lucius Poblicius, ein Beispiel für Grabarchitektur reicher Familien zur Römerzeit, 14,70 m hoch und mit einem massiven Sockel aus blankem, grauem Stein. Dieser allein war so hoch wie ein Stockwerk. Darauf standen steinerne Säulen, die ein sich verjüngendes Dach trugen. „Der Schatz muss am Fuß verborgen sein, denn niemand kann daran emporklettern.“
    „GeoGod schon.“ Ehrfürchtig schaute Ben zu den Figuren zwischen den Pfeilern auf. „Nachts. Mit einem Seil. Oder mit einer professionellen Bergsteigerausrüstung.“
    Verschwörerisch senkte sie ihre Stimme und schaute sich um. „Und die Kameras? Und das Wachpersonal?“
    „Die schaltet er einfach aus. So wie ich den Köter auf dem Schrottplatz ausschalten sollte.“
    Marie spürte ein schmerzhaftes Ziehen im Bauch, ähnlich wie Seitenstiche, weil sie sich daran erinnerte, dass Benjamin den Hund hatte töten sollen, wäre es nach dem Patron gegangen.
    „Er sucht jemanden, der die Website mit ihm führt, der ihn eines Tages beerbt, einen GeoPrince, sagte er einmal.“ Die Worte sprudelten nur so aus Ben heraus. „Aber er hat noch keinen gefunden. Das bedeutet, er gewinnt immer. Er ist der Beste.“
    Weil er über Leichen ging? Maries Herz setzte einen Schlag aus.
    „So machen wir es auch!“ Plötzlich erhellte sich sein Gesicht. Er eilte los, gefolgt von Marie. Hinab in den Keller zur Ausstellung zum Thema Totenkult und Alltag der Römer .
    Maries Nacken kribbelte unangenehm, als würde eine Spinne auf ihr herumlaufen, aber als sie mit der Hand über die Stelle wischte, war da nichts. „Was meinst du? Was hast du vor?“
    „Wir lassen uns auf den Toiletten einschließen.“
    „Das ist doch verrückt.“ Bevor er ihr ins Männer-WC entwischte, hielt sie ihn fest. „Die Sicherheitsleute prüfen sie abends bestimmt als Erstes.“
    Mit aufgerissenen Augen blickte er sich um, sie waren gerötet. Er wirkte seltsam euphorisch, lächelte ob seines grandiosen Plans, doch Marie wertete das eher als Anzeichen von Panik. Beiläufig wischte er sich mit dem Ärmel seines Hoodies den Schweiß von der Stirn. Er wartete, bis die Aufseherin an ihnen vorübergeschritten war und die Frage eines Paars, das am Dionysos-Mosaik stand, beantwortete, bevor er zum Steinsarkophag vor der steinernen Sphinx rannte und versuchte, den milchigen Deckel wegzuschieben.
    Da dieser sich nicht bewegte, rannte er weiter zur Bastelecke, wo nach Termin Schulklassen unter Anleitung eines Museumsmitarbeiters Terrakottafiguren nach römischem Vorbild herstellen konnten, doch jetzt am späten Nachmittag war sie leer. Behende sprang er über das Seil in den abgetrennten Bereich und zerrte an der Tür hinter dem Tisch, aber sie ließ sich nicht öffnen.
    „Hör damit auf, Ben“, sagte Marie besorgt, die sich

Weitere Kostenlose Bücher