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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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reden. Es ist noch nicht vorbei.“
    „Klar ist es das.“
    „Und was ist mit der Leiche?“
    „Soll ausgesehen haben wie ein weißes Gummibärchen.“ Lauthals lachte Denis, als hätte er den Witz des Jahrhunderts gerissen, und zeigte mit seinen Händen einen großen Abstand an. „Nur viel, viel größer.“
    „Das ist nicht lustig, du Idiot!“ Tränen stiegen in Benjamins Augen und er wusste nicht, ob aus Wut oder aus Trauer.
    Plötzlich schlug Denis auf seinen eigenen Arm, einmal, zweimal und noch einmal fester, als wollte er eine Mücke erwischen und töten, aber da war nichts. „Mitgehangen, mitgefangen.“
    „Ich hab gar nichts getan.“ Ben fragte sich, was sein Kumpel heute schon geraucht hatte. Schweißflecken bildeten sich unter Denis’ Achseln auf seiner Kapuzenjacke. Vielleicht war er krank. Oder er hatte zu viel gepafft. Oder beides.
    Wie verrückt kratzte sich Denis am Hals. Seine Fingernägel hinterließen rote Striemen. „Ich auch nicht.“
    Lügner! Aufbrausend warf Ben seine volle Dose weg. Sie knallte gegen einen Baumstamm, rollte zurück auf ihn zu und blieb zu seinen Füßen liegen. Schäumend rann das Bier heraus und Ben tat es nicht einmal leid. Er hatte vom Saufen und vom Kiffen die Schnauze voll! Hatte es satt, immer wieder ein Bier oder einen Joint oder die Bong angeboten zu bekommen, weil er dann nicht ablehnen konnte. Es war das erste Mal, dass er es doch tat. „Hast du keine Angst?“
    Denis blinzelte ihn warnend an und presste seine Lippen aufeinander, eine schlechte Imitation von Maiks Fresse, wenn er sauer war. Denis machte Mister Wichtig alles nach, er war Gott für ihn. „Wir sind früh von der Party weggegangen, sehr früh, so früh, dass wir eigentlich gar nicht wirklich da gewesen waren. Maik und ich, wir haben am Riehler Ufer gezeltet, wild, heimlich, ist ja verboten, aber uns hat eh niemand gesehen, dafür können wir nichts. Er wird das bestätigen.“
    „Du bist doch nicht mehr ganz bei Trost.“ Wütend, nicht so sehr, weil Denis jegliches ernste Gespräch abblockte, sondern weil sich seine Freunde ein Alibi ausgedacht hatten, ohne ihn einzubeziehen, schlug Ben ihm die Glasbong aus der Hand. Sie zerschellte an einem Waggon.
    „Ich will nicht mehr darüber reden, nie wieder! Hörst du?“ Denis sprang auf. „Ich muss jedes Mal kotzen, wenn ich daran denke. Und jetzt halt die Schnauze!“
    „Werde ich nicht.“ Auch Benjamin erhob sich.
    Denis wischte sich mit dem Pulliärmel den Rotz von der Nase. Er schrie, aber seine Stimme klang weinerlich. „Halt deine verdammte Schnauze. Es ist nichts passiert!“
    Sprachlos stand Benjamin vor seinem Freund. Bisher hatte er es für möglich gehalten, dass Denis vergessen hatte, was geschehen war, immerhin waren sie besoffen gewesen und hatten eine Menge Pot geraucht. Sein Kumpel konnte sich schon immer schlecht lange auf etwas konzentrieren. Aber nun erkannte Benjamin, dass er die Nacht absichtlich verdrängte. „Hast du auch Albträume?“
    „Meine sind real.“
    „Wie meinst du das?“
    Plötzlich heulte Denis los. Er trat gegen die vollen Bierdosen. „Du interessierst dich ja auch nur noch für dich. Kein Wunder, dass du nichts mehr mitkriegst.“
    Das stimmte nicht. Er hatte sich von Maik und Denis zurückgezogen, weil er mit der Situation nicht umzugehen wusste. Mit ihrer Freundschaft war es nicht gut bestellt, aber er wollte vermeiden, dass daraus Hass wurde. „Was ist los, Mann?“ Sachte berührte er ihn am Arm.
    Doch Denis riss sich los. „Vorgestern Nacht ist Claudi aus dem Fenster gefallen.“
    „Deine Schwester?“ Deshalb war Denis vorgestern nicht in der Schule gewesen. Benjamin dachte, sein Kumpel hätte einfach blaugemacht, das kam öfter mal vor. Von dem Unfall hatte er tatsächlich nichts mitbekommen. Er bekam ein schlechtes Gewissen.
    „Sie sagen, sie sei schlafgewandelt, dabei dachte ich, so was gäbe es gar nicht in echt. Das hat sie noch nie gemacht“, schrie Denis so laut, als stände Benjamin auf der Kalker Seite des Rangierbahnhofs und er selbst in Höhenberg. „Angeblich ist sie auf die Brüstung gestiegen und einfach gesprungen. Das ist doch Bullshit!“
    Auch das noch. Erst letzten Monat war bei den Buschhütters eingebrochen worden. Dabei gab es bei ihnen gar nichts zu stehlen. Bis auf das Discounterlaptop der Mutter. Alles war verwüstet worden, wahrscheinlich weil der Einbrecher frustriert gewesen war, nicht sonderlich viel erbeutet zu haben.
    Ben traute sich kaum zu fragen, tat es

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