Leidenschaft des Augenblicks
Gemeinsamkeiten.«
»Tatsächlich?« Hatch war bereits aufgestanden, um die Frau mit höflichem Emst zu begrüßen.
»Ach wirklich?« fragte Mavis strahlend und bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. »Sind Sie zufällig auch in der Reformhaus-Branche?«
»Nein. Ich habe mit Schrauben und Muttem zu tun.«
»Hatch ist der neue Geschäftsführer von Benedict Fasteners«, erklärte Jessie. »Und ihr beide habt miteinander gemein, daß jeder von euch die Ehre hatte, mich zu feuern.«
»Oh, meine Liebe.« Mavis wirkte ehrlich bedrückt. »Doch nicht schon wieder ein beruflicher Mißerfolg, Jessie?«
»Ich fürchte schon.«
»Sie hat in der Firma ihres Vaters verheerende Schäden angerichtet«, konstatierte Hatch kühl. »Was hat sie denn bei Ihnen angestellt?«
»Um ehrlich zu sein - sie hat mir die Kunden aus dem Laden getrieben. Eine Zeitlang leitete sie meine Filiale in der Innenstadt. Mir gehört eine Reformhaus-Kette, wie schon gesagt. Gleich nachdem sie bei mir angefangen hat, ging der Umsatz drastisch zurück. Sie war ein bißchen zu direkt im Umgang mit den Kunden, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Ich glaube, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.« Hatch zog eine Augenbraue hoch. »Ein bißchen zu ehrlich, was, Jessie?«
»Ich habe den Leuten doch nur die Wahrheit über die Produkte erzählt, die sie kaufen wollten. Und ein paar, die besonders schlecht aussahen, habe ich gleich zum Arzt geschickt. Das ist alles«, entgegnete Jessie.
»Es hat gereicht, um mich für Monate in die roten Zahlen zu bringen«, vertraute Mavis Hatch an. »Trotzdem - sie war so nett und so enthusiastisch. Es hat mir furchtbar leid getan, sie entlassen zu müssen. Aber Geschäft ist nun mal Geschäft.«
Hatch nickte voller Verständnis. »Glauben Sie mir, ich kenne das. Geschäft ist Geschäft.«
Aus irgendeinem Grund fand Jessie diese Bemerkung unheimlich komisch. Sie fing an zu lachen und konnte nicht mehr aufhören. Hatch lächelte zufrieden.
Als sich Jessie am nächsten Morgen dem kleinen Haus näherte, in dem das Büro von Valentine Consultations lag, lastete ein Gefühl drohenden Unheils über ihr. Sie sperrte die Haustüre auf und sah durch Alex' angelehnte Bürotür seinen grünen Monitor leuchten. Vorsichtig öffnete sie die Tür etwas weiter und spähte hinein.
Der Raum war genauso unaufgeräumt wie immer. Den Kopf auf die über dem Schreibtisch verschränkten Arme gelegt, schlief Alex inmitten eines Haufens leerer Coladosen und Pizzaschachteln. Als Jessie das Büro betrat, wachte er auf und reckte sich.
»Waren Sie die ganze Nacht hier, Alex?«
»Hallo.« Er gähnte, rieb sich die Augen und griff nach seiner Brille. »Ja. Ich war die ganze Nacht hier. Ich habe mich wieder mit Susan unterhalten. Danach bin ich dann eingeschlafen.«
»Sie haben wieder Kontakt zu Susan gehabt? Ist mit ihr alles in Ordnung?«
»Zuletzt klang sie richtig verängstigt, Jessie. Sie hat mir anvertraut, daß sie überwacht würde. Ich habe ihr gesagt, wenn sie es wollte, würden wir sie jederzeit von der Insel runterholen.«
»Oh, mein Gott.« Jessie ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Was hat sie darauf geantwortet?«
»Sie ist echt in Panik geraten. Auf gar keinen Fall sollten wir die Polizei einschalten.«
»Hm.« Jessie blickte auf den Bildschirm und sah, daß auf der oberen Hälfte einige Zeilen erschienen waren. »Ist das ihre letzte Nachricht?«
Alex hob seine Brauen. »Nein. Nach ihrer letzten Mitteilung war der Monitor leer. Heiliger Strohsack!« Besorgt beugte er sich vor. »Das ist eine neue Nachricht. Sie muß sie geschickt haben, als ich schon eingeschlafen war.«
Jessie lehnte sich vor und las. Es war die längste Nachricht, die sie bislang von Susan Attwood gesehen hatte:
Ich bekomme jetzt wirklich Angst, Green, und möchte hier weg. Ich glaube, ich habe einige Daten gesehen, die ich nicht hätte zu Gesicht bekommen sollen. Bitte kommen Sie und holen Sie mich hier raus. Die Bucht liegt auf der Ostseite der Insel. Eine Boje markiert die Einfahrt. Seien Sie heute um Mitternacht mit einem Boot dort. Green? Green, sind Sie noch da? Ich hoffe, Sie bekommen diese letzte Nachricht. Good bye, Green. Bitte keine Polizei. Ich habe solche Angst und möchte einfach nur hier weg. Hoffentlich sind Sie noch da, Green.
»Heiliger Strohsack«, wiederholte Alex seine letzten Worte und sprang hoch. »Wir müssen sie retten!«
»Selbstverständlich werden wir das tun.« Jessie blickte auf ihre Armbanduhr. »Und wir sollten uns
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