Leidenschaft des Augenblicks
Hatch, während er ins Bad ging. Er war es auch nicht.
Der kleine, bis zur Decke geflieste Raum war noch feucht. Jessie mußte gerade erst geduscht haben. Hatch öffnete die Glasschiebetür zur Duschkabine und blickte auf das bunte Sammelsurium, das sich auf einem Ablagebrett neben dem Wasserhahn befand. Verschiedene Flaschen mit Haarshampoo, mehrere Stücke Seife, ein Damenrasierer und eine Rückenbürste mit langem Stiel. Es roch nach einem frischen, blumigen Duft.
Unter der Dusche hatte Hatch das Gefühl, in einen sehr intimen, sehr femininen Ort eingedrungen zu sein. Einen Ort, an dem für Männer eigentlich kein Platz war.
Hatch lächelte ein wenig, als ihm bewußt wurde, wie besitzergreifend er Jessie gegenüber bereits war. Irgendwie fügte sich alles wunderbar zusammen.
Als er zwanzig Minuten später aus dem Schlafzimmer kam, saß Jessie mit einer Sonntagszeitung an der Küchentheke. Sie blickte sofort auf, als er den Raum betrat, und er erhaschte ein nervöses Flackern in ihren Augen; Sekundenbruchteile später stieß sie mit dem Ellbogen gegen die Kaffeetasse, die vor ihr stand.
Die Tasse rollte quer über den Tresen, und Hatch schaute fasziniert zu, wie sich die dunkelbraune Flüssigkeit auf der Granitplatte verteilte. Da Jessie nur bestürzt dasaß, streckte er die Hand aus und fing die leere Tasse auf, bevor sie auf den Fußboden stürzte.
»Möchtest du noch eine Tasse?« fragte Hatch ruhig, als er nach der Kanne griff, um sich selber eine Tasse einzuschenken.
»Ja, bitte.« Sorgsam faltete sie die Zeitung zusammen.
»Irgendwelche aufregenden Neuigkeiten in den Schlagzeilen?« Er nahm ihr gegenüber Platz und zog eine Grimasse, als er das schwache Gebräu kostete.
»Ein großer Artikel über die Schäden, die verschiedene Umweltgifte in der Ozonschicht verursachen.« Jessie runzelte die Stirn. »Weißt du, irgendwie verstehe ich, daß Menschen sich zu einer Sekte hingezogen fühlen, die behauptet, unsere Erde vor der drohenden Umweltkatastrophe retten zu können. Das Thema ist mindestens so brisant wie der Gedanke an einen dritten Weltkrieg. Weißt du noch, wie sich jeder, der es sich leisten konnte, einen Atombunker in den Keller bauen ließ? Und dieses Gefühl drohenden Unheils, gegen das man so hilflos ist...«
»Da wir gerade davon sprechen: Ich hoffe, du hast inzwischen diese hirnrissige Idee aufgegeben, das DEL-Hauptquartier besuchen zu wollen«, sagte Hatch.
»Selbstverständlich nicht. Ich werde gleich morgen früh anrufen und einen Termin ausmachen.« Sie musterte ihn unsicher. »Bestehst du immer noch darauf, mich zu begleiten?«
»Ich fürchte, mir bleibt keine andere Wahl.«
»Aber natürlich. Du kannst ganz einfach hierbleiben und mich allein hinfahren lassen.«
»Niemals, Jessie. Wir haben schließlich keine Ahnung, auf was du dich da einläßt. Damit das ein für allemal klar ist: Du fährst nicht alleine hin.«
»Wahrscheinlich nimmt es ein paar Tage in Anspruch«, gab sie zu bedenken. »Ob Benedict Fasteners solange ohne dich auskommt?«
»Hör endlich auf, es mir ausreden zu wollen. Du fährst nicht allein. Basta.«
»Und was ist mit der Firma?«
»Soll sich dein Vater solange um alles kümmern. Er hat den Betrieb die letzten dreißig Jahre geleitet. Ich sehe keinen Grund, warum er es nicht noch ein paar Tage länger schaffen sollte.«
»Das ist allerdings ein Argument.« Sie runzelte die Stirn. »Gehst du nachher ins Büro? Heute ist Sonntag.«
»Ich muß einige Dinge regeln, wenn ich vorhabe, ein paar Tage wegzubleiben.«
»Verstehe. Bist du wirklich sicher, daß du es dir leisten kannst, so lange freizunehmen?«
Er hob seine Brauen. »Du wirst mich nicht los, Jessie. Also spar dir die Mühe, es zu versuchen.«
Sie biß sich auf die Lippen. »Hatch, wir müssen darüber reden.«
»Über unseren bevorstehenden Ausflug?«
»Nein. Hierüber. Dein Hiersein. In meiner Küche. Um acht Uhr morgens.« Sie holte tief Luft. »Wenn wir ein Verhältnis oder sowas anfangen wollen, dann müssen wir vorher über ein paar grundsätzliche Regeln sprechen.«
»Wir haben kein Verhältnis.« Hatch stand auf und trug seine Tasse zum Spülbecken.
»Wie würdest du es denn nennen, wenn du einfach so mir nichts dir nichts nachts um eins vor meiner Tür stehst und die Nacht hier verbringst?« fragte sie barsch.
»Ich würde sagen, wir sind verlobt.« Er hielt ihr Kinn mit einer Hand fest und gab ihr einen kurzen, harten Kuß. Dann ging er rasch zur Garderobe, wo er sein Sakko und
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