Leidenschaft des Augenblicks
geschildert.«
Jessie dachte darüber nach. »Jetzt verstehe ich es etwas besser. Aber trotzdem scheint es irgendwie abwegig.«
»Finde ich auch.«
»Ob Mom davon weiß?«
»Das bezweifle ich. Vincent hat gesagt, daß er nie jemandem
davon erzählt habe, und er glaubt auch nicht, daß Glenna es getan hat.«
»Komisch. Da glaubt man, die Mitglieder seiner Familie wirklich gut zu kennen, und weiß doch gar nichts über sie«, sinnierte Jessie.
Hatch drehte sich zu ihr um, doch in der Dunkelheit konnte sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. »Deine Tante hat mit mir über dich geredet.«
»Ach ja?«
»Sie hat gesagt, du würdest deshalb die Vermittlerrolle zwischen deinem Vater und dem Rest der Familie spielen, weil du die einzige wärst, die mit ihm umgehen kann.«
Jessie zuckte mit den Schultern. »Das hast du doch auch schon festgestellt.«
»Ja. Aber ich bin kein Doktor der Psychologie. Es war interessant, diese Meinung aus fachmännischem Mund bestätigt zu bekommen.«
»Bitte, Hatch. Um Himmels willen. Das klingt, als wäre ich ein Fall für die Klapsmühle, nur weil ich als einzige herausgefunden habe, wie man Vincent Benedict anpacken muß.«
»So habe ich das nicht gemeint. Und du bist nicht die einzige, die mit ihm umzugehen weiß. Ich schaffe das nämlich auch.«
Sie warf ihm einen abwägenden Blick zu. »Das stimmt. Ich denke, das hängt damit zusammen, daß ihr euch so ähnlich seid. Deshalb kannst du ihn so gut einschätzen.«
»Vielleicht trifft das auf dich auch zu?«
»Ich bin doch ganz anders als er«, protestierte sie.
»Tatsächlich? Du bist ganz genauso dickköpfig und stur wie er, das ist jedenfalls sicher. Das würde ich persönlich beeiden.«
Jessie wurde ärgerlich. »Ich gleiche ihm überhaupt nicht!«
»Ist schon okay, Jessie. Ich bin auch dickköpfig und stur. Aber darum geht es mir gar nicht. Ich wollte eigentlich auf etwas ganz anderes hinaus.«
»Worauf denn?«
»Nachdem ich mit Glenna gesprochen hatte, habe ich über uns beide nachgedacht, und ich möchte eine Sache ganz klarstellen: Was immer geschieht, ich möchte, daß du mir schwörst,
daß du dich nicht dazu drängen, erpressen oder sonstwie dazu zwingen läßt, mich zu heiraten, nur um irgend jemand aus deiner Familie einen Gefallen zu tun. Einverstanden?«
»Ich habe dir bereits gesagt, daß ich nicht die Absicht habe, dich zu heiraten.«
»Ich weiß, was du gesagt hast, aber ich neige nun mal zu der Ansicht, daß die Dinge sich ein wenig anders gestalten werden. Ich möchte nur sichergehen können, daß du, falls du mich heiratest, aus dem richtigen Grund ja sagst, und nicht, weil du das Gefühl hast, du müßtest tun, was am besten für die Familie ist.«
Ein warmes Gefühl stieg in ihr auf. Wie ernst er redet, dachte sie. »Du bist doch normalerweise kein Mann, der sich viel um die Hintergründe schert, solange nur das Endergebnis seinen Vorstellungen entspricht«, merkte sie vorsichtig an.
»In diesem Fall«, sagte er und zog sie fest in seine Arme, »lege ich großen Wert auf beides.«
»Was willst du damit sagen, Hatch?« flüsterte sie und ließ ihre Fingerspitzen über seine Schultern gleiten.
»Daß ich möchte, daß du mich heiratest, weil du mir nicht widerstehen kannst«, murmelte er, den Mund dicht an ihrem Hals. »Ich möchte, daß du mich heiratest, weil ich dich so verdammt gekonnt verführt und dich in mich verliebt gemacht habe. Klar?«
Sie holte tief Luft, als sie spürte, wie sein Körper sich anspannte. »Ja, ja, Hatch, ich habe schon verstanden.« Sie wartete darauf, daß er ihr sagte, er liebe sie, doch die Worte, die möglicherweise dazu geführt hätten, daß sie ihre Meinung änderte, kamen nicht über seine Lippen. Und in diesem intimen Augenblick wagte sie nicht, ihn danach zu fragen.
»Also schwörst du's?« hakte Hatch nach.
»Ich schwöre es. Wenn ich jemals einwillige, dich zu heiraten, dann nur, weil ich dich liebe. Aber weißt du was, Hatch?«
»Was?« Er knabberte bereits an ihrem Ohrläppchen.
»Ich habe immer noch nicht die Absicht, dich zu heiraten.«
»Und ich habe noch lange nicht alle meine Trümpfe ausgespielt.«
12. Kapitel
Vincent Benedict kochte. Seine erste Wut hatte sich zwar gelegt, doch war er Welten davon entfernt, sich beruhigt zu haben.
Jessie kannte diesen Zustand, der sich lange halten konnte, seit ihrer frühesten Kindheit. Ihr Vater hatte eindeutig ein gestörtes Verhältnis zum Geld. Und ganz besonders dann, wenn es darum ging, etwas
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